Leitsatz
a) Eine formularvertragliche Klausel, die den Mieter dazu verpflichtet, die auf ihn abgewälzten Schönheitsreparaturen in "neutralen, hellen, deckenden Farben und Tapeten auszuführen", ist wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters unwirksam, wenn sie nicht auf den Zustand der Wohnung im Zeitpunkt der Rückgabe der Mietsache beschränkt ist, sondern auch für Schönheitsreparaturen gilt, die der Mieter im Laufe des Mietverhältnisses vorzunehmen hat.
b) Die formularmäßige unangemessene Einengung des Mieters in der Art der Ausführung der Schönheitsreparaturen führt zur Unwirksamkeit der Abwälzung der Pflicht zur Vornahme der Schönheitsreparaturen schlechthin.
Normenkette
BGB § 307 Abs. 1 S. 1 Bb, § 535 Abs. 1 S. 2
Kommentar
In einem Formularvertrag über eine Wohnung ist hinsichtlich der Schönheitsreparaturen Folgendes geregelt:
Die Schönheitsreparaturen werden vom Mieter getragen. Sie sind auch während des Bestehens des Mietverhältnisses auszuführen.
...
Die Schönheitsreparaturen sind fachgerecht und wie folgt auszuführen:
Tapezieren, Anstreichen der Wände und Decken, das Streichen der Fußböden, der Heizkörper einschließlich der Heizrohre, der Innentüren sowie der Fenster und Außentüren innen. Die Schönheitsreparaturen sind in neutralen, deckenden, hellen Farben und Tapeten auszuführen ...
Die Mieterin hat den Vermieter aufgefordert, ihr zu bestätigen, dass die Klausel unwirksam ist. Der Vermieter hat in einem Anwaltsschreiben die Wirksamkeit der Klausel behauptet. Daraufhin hat die Mieterin Klage erhoben mit dem Antrag festzustellen, dass dem Vermieter nach dem Mietvertrag kein Anspruch auf Ausführung von Schönheitsreparaturen zusteht.
Die Klage hatte Erfolg:
1. Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann ein Mieter auf Feststellung des Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses klagen, wenn er ein rechtliches Interesse an der Feststellung hat. Zu den Rechtsverhältnissen in diesem Sinn gehören auch die aus einem Mietvertrag folgenden Rechte und Pflichten einer Vertragspartei. Das für die Feststellungsklage erforderliche besondere Rechtsschutzinteresse ist in Fällen der vorliegenden Art gegeben, wenn die Parteien hinsichtlich der Wirksamkeit einer Vertragsvereinbarung unterschiedliche Ansichten vertreten. Hiervon war vorliegend auszugehen, weil sich der Vermieter auf die Wirksamkeit der Renovierungsklausel berufen und sich damit eines Anspruchs gegen die Mieterin berühmt hat.
2. In der Sache beanstandet der BGH die Regelung, wonach die Schönheitsreparaturen "in neutralen, deckenden, hellen Farben und Tapeten auszuführen" sind. Hierdurch werde der Mieter "in der Gestaltung seines persönlichen Lebensbereichs eingeschränkt, ohne dass hierfür ein anerkennenswertes Interesse des Vermieters besteht".
Der BGH weist darauf hin, dass ein solcher Zusatz wirksam ist, wenn sich die Verpflichtung des Mieters nur auf den Zeitpunkt der Rückgabe der Wohnung bezieht. In diesem Fall kann der Mieter während der Mietzeit nach seinem Geschmack renovieren; er ist dann allerdings gehalten, bei Mietende einen Neuanstrich in neutralen Farben anzubringen. Hier scheidet eine solche Auslegung allerdings aus, weil die Klausel ausdrücklich vorsieht, dass die Schönheitsreparaturen "auch während des Bestehens des Mietverhältnisses auszuführen" sind und die Farbwahlregelung auch für diesen Fall gilt.
3. Die Unwirksamkeit der Farbwahlregelung führt nach dem Grundsatz des Verbots der geltungserhaltenden Reduktion zur Unwirksamkeit der gesamten Renovierungsklausel. Es gilt mithin die gesetzliche Regelung, wonach die Schönheitsreparaturen vom Vermieter auszuführen sind.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil vom 18.06.2008, VIII ZR 224/07BGH, Urteil v. 18.6.2008, VIII ZR 224/07, NJW 2008, 2499 m. Anm. Lehmann-Richter = MietRB 2008, 257