Leitsatz
Die formularmäßige Verpflichtung des Mieters, Decken und Oberwände auch während der Mietzeit zu "weißen", ist wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters nach § 307 BGB unwirksam, da der Begriff "weißen" bei der nach § 305c Abs. 2 BGB gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung jedenfalls auch dahin verstanden werden kann, dass der Mieter die Schönheitsreparaturen in weißer Farbe vorzunehmen hat (Fortführung von BGH, Urteil v. 18.6.2008, VIII ZR 224/07, NJW 2008 S. 2499 Tz. 15 ff.).
(amtlicher Leitsatz des BGH)
Normenkette
BGB §§ 305c Abs. 2, 307 Abs. 1 Satz 1, 535
Kommentar
Der Formularmietvertrag über eine Wohnung enthält u. a. folgende Klausel: "Die Schönheitsreparaturen trägt der Mieter ... Die Schönheitsreparaturen umfassen insbesondere Anstrich und Lackierung der Innentüren sowie der Fenster und Außentüren von innen sowie sämtlicher Holzteile, Versorgungsleitungen und Heizkörper, das Weißen der Decken und Oberwände sowie der wischfeste Anstrich bzw. das Tapezieren der Wände."
Auf der Grundlage dieser Klausel nimmt der Vermieter den Mieter auf Schadensersatz wegen unterlassener Schönheitsreparaturen in Anspruch. Der BGH hatte zu entscheiden, ob die Klausel wirksam ist.
In dem Urteil vom 18.6.2008 (VIII ZR 224/07, NJW 2008 S. 2499) hat der BGH entschieden, dass eine Formularklausel, wonach der Mieter die Schönheitsreparaturen während der Mietzeit "in neutralen, deckenden, hellen Farben und Tapeten auszuführen" hat, gegen § 307 BGB verstößt. Durch eine solche sog. "Farbwahlklausel" wird der Mieter in der Gestaltung seines persönlichen Lebensbereichs eingeschränkt, ohne dass hierfür ein anerkennenswertes Interesse des Vermieters besteht.
Hier nun war vereinbart, dass zu den Schönheitsreparaturen "das Weißen der Decken und Oberwände" gehört. Das Berufungsgericht hat hierzu die Auffassung vertreten, der Begriff "weißen" sei nicht lediglich ein Synonym für "streichen", sondern bedeute, dass der Mieter für den Anstrich der Decken und Oberwände eine weiße Farbe verwenden müsse. Der BGH führt aus, dass es für die Auslegung auf die "Verständnismöglichkeiten eines rechtlich nicht vorgebildeten Durchschnittskunden" ankomme. So betrachtet sei die vom Berufungsgericht vorgenommene Begriffsbestimmung "jedenfalls nicht fernliegend". Nach dem Grundsatz des § 305c Abs. 2 BGB gehen Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen zulasten des Verwenders, vorliegend also des Vermieters.
Bei dieser Lesart ist die Farbwahlklausel unwirksam. Dies führt nach dem Grundsatz des Verbots der geltungserhaltenden Reduktion zur Unwirksamkeit der gesamten Renovierungsregelung (BGH, Urteil v. 18.2.2009, VIII ZR 166/08, WuM 2009 S. 224).
Eine Farbwahlklausel ist wirksam, wenn sie sich nur auf den Zeitpunkt der Rückgabe der Wohnung bezieht (BGH, Urteil v. 18.6.2008, VIII ZR 224/07, NJW 2008 S. 2499; BGH, Urteil v. 22.10.2008, VIII ZR 283/07, NJW 2009 S. 62). In diesem Fall kann der Mieter während der Mietzeit nach seinem Geschmack renovieren; er ist dann allerdings gehalten, bei Mietende einen Neuanstrich entsprechend der Farbwahlklausel anzubringen. Vorliegend kam eine solche Auslegung allerdings nicht in Betracht, weil die Klausel nicht zwischen den Schönheitsreparaturen während der Mietzeit und anlässlich der Rückgabe unterscheidet.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil vom 23.09.2009, VIII ZR 344/08, NJW 2009 S. 3716 m. Anm. Warnecke, jurisPR-MietR 25/2009 Anm. 2