Leitsatz
Auch wenn der Mieter die Wohnung bei Mietbeginn mit einem neuen weißen Anstrich übernommen hat, benachteiligt ihn eine Farbwahlklausel nur dann nicht unangemessen, wenn sie ausschließlich für den Zeitpunkt der Rückgabe Geltung beansprucht und dem Mieter noch einen gewissen Spielraum lässt (Bestätigung der Senatsurteile v. 18.6.2008, VIII ZR 224/07, NZM 2008 S. 605 Rn. 18; v. 22.10.2008, VIII ZR 283/07, NJW 2009 S. 62 Rn. 17 f.).
(amtlicher Leitsatz des BGH)
Normenkette
BGB §§ 305c, 307, 535
Kommentar
Der Wohnungsmietvertrag enthielt unter dem § 13 Ziff. 3 hinsichtlich der Schönheitsreparaturen folgende Klausel: "Die Arbeiten müssen in fachmännischer Qualitätsarbeit – handwerksgerecht – ausgeführt werden. Der Mieter darf ohne Zustimmung des Vermieters bei der Ausführung der Schönheitsreparaturen bei Vertragsende nicht von der ursprünglichen Ausführungsart abweichen. Das Holzwerk darf nur weiß gestrichen werden, Naturholz nur transparent oder lasiert. Heizkörper und Heizrohre sind weiß zu streichen. Der Anstrich an Decken und Wänden hat in weiß, waschfest nach TAKT zu erfolgen. Die Verwendung anderer Farben bedarf der Zustimmung des Vermieters, ebenso die Anbringung besonderer Wanddekorationen und schwerer Tapeten."
Der Mieter hat bei Vertragsende Schönheitsreparaturen ausgeführt, wofür ihm Kosten in Höhe von ca. 1.000 EUR entstanden sind. Diesen Betrag verlangt er vom Vermieter ersetzt. Der Mieter vertritt die Ansicht, dass die Vereinbarung unter § 13 Ziff. 3 des Mietvertrags als unwirksame Farbwahlklausel zu bewerten sei. Die Klage des Mieters wurde vom Berufungsgericht abgewiesen.
Der BGH hat das Urteil aufgehoben: Eine Formularklausel, die den Mieter verpflichtet, die Tapeten während der Mietzeit in einer vom Vermieter vorgegebenen Farbe zu streichen (sog. Farbwahlklausel), ist nach ständiger Rechtsprechung des BGH unwirksam, weil der Mieter hierdurch in der Gestaltung seines persönlichen Lebensbereichs eingeschränkt wird, ohne dass hierfür ein anerkennenswertes Interesse des Vermieters besteht (BGH, Urteil v. 18.6.2008, VIII ZR 224/07, NZM 2008 S. 605).
Wirksame Farbwahlklausel bei Mietende
Eine Farbwahlklausel ist nach dieser Rechtsprechung nur wirksam, wenn sich die Verpflichtung des Mieters nur auf den Zeitpunkt der Rückgabe der Wohnung bezieht (BGH, Urteil v. 22.10.2008, VIII ZR 283/07, NJW 2009 S. 62) und die Klausel so gestaltet ist, dass dem Mieter noch ein gewisser Spielraum verbleibt.
Die Einengung auf eine einzige Farbe ("Weiß") schränkt die Gestaltungsfreiheit des Mieters zu sehr ein, ohne dass dies durch ein berechtigtes Interesse des Vermieters gerechtfertigt ist. Dem Interesse des Vermieters ist auch dann Genüge getan, wenn er die Wohnung "in anderen dezenten Farbtönen" zurückerhält, weil auch in diesem Fall die Weitervermietung nicht erschwert wird (BGH, Beschluss v. 14.12.2010, VIII ZR 198/10, NJW 2011 S. 514).
Bei einer wirksamen Farbwahlklausel kann der Mieter während der Mietzeit nach seinem Geschmack renovieren; er ist dann allerdings gehalten, bei Mietende einen Neuanstrich in neutralen Farben anzubringen. Ist die Farbwahlklausel dagegen unwirksam, führt dies nach dem Grundsatz des Verbots der geltungserhaltenden Reduktion zur Unwirksamkeit der gesamten Renovierungsklausel (BGH, Urteil v. 18.6.2008, VIII ZR 224/07, NZM 2008 S. 605). Es gilt mithin die gesetzliche Regelung, wonach die Schönheitsreparaturen vom Vermieter auszuführen sind. Hat der Mieter in Unkenntnis dieser Rechtsprechung gleichwohl renoviert, kann er vom Vermieter gem. § 812 BGB die für die Renovierung aufgewendeten Kosten ersetzt verlangen (BGH, Urteil v. 27.5.2009, VIII ZR 302/07, NJW 2009 S. 2590).
An dieser Rechtsprechung hält der BGH fest. Allerdings wies die zur Entscheidung stehende Klausel einige Besonderheiten auf:
Nach dem Wortlaut des § 13 Ziff. 3 Satz 2 der Klausel bezieht sich das Zustimmungserfordernis nur auf die "Ausführung der Schönheitsreparaturen bei Vertragsende". Dies lässt die Auslegung zu, dass der Mieter bei einer Renovierung während des Mietverhältnisses in der Farbwahl frei ist.
Der BGH führt hierzu aus, dass diese Auslegung zwar denkbar, aber nicht zwingend ist; ebenso sei es möglich, die Klausel in einem umfassenden Sinne auszulegen. Für die Beurteilung der Wirksamkeit der Klausel sei gem. § 305c Abs. 2 BGB diese "kundenfeindliche" Auslegung zugrunde zu legen.
Im Entscheidungsfall wurde die Wohnung dem Mieter mit weiß gestrichenen Tapeten übergeben. Nach Auffassung des Berufungsgerichts muss sich der Mieter bei der Endrenovierung an diesem Zustand orientieren.
Der BGH meint hierzu, dass dieser Gesichtspunkt für die Beurteilung der Klausel keine Rolle spielt. Maßgeblich sei allein, dass der Mieter nach der Klausel auch während des Mietverhältnisses an die Farbvorgabe gebunden sei.
- Ebenso spielt der Umstand keine Rolle, dass der Mieter gegebenenfalls die Erteilung einer Erlaubnis zu einer von der Farbvorgabe abweichenden Gestaltung der Mieträume verlangen kann. Auch insoweit ist maßgeblich, ...