Entscheidungsstichwort (Thema)

(Keine) Anwendbarkeit von § 8 AG VwGO NW (juris: VwGOAG NW) im Sozialgerichtsprozess. Erfolg eines Antrages auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage bei fehlender Begründung der Sofortvollzugsanordnung

 

Orientierungssatz

1. Der Gesetzgeber des SGG hat die Ausnahmen, in denen die aufschiebende Wirkung entfällt, in § 86a Abs 2 SGG enumerativ geregelt. § 8 AG VwGO NW (juris: VwGOAG NW) findet auf den Sozialgerichtsprozess keine Anwendung.

2. Fehlt die von § 86a Abs 2 S 5 SGG geforderte schriftliche Begründung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung, ist ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage erfolgreich.

 

Tenor

Die aufschiebende Wirkung der Klage vom 07.06.2011 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 20.04.2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 06.05.2011 und gegen den Bescheid vom 10.05.2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27.05.2011 wird angeordnet.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des für ihn gerichtskostenfreien Verfahrens.

Der Streitwert wird endgültig auf 1.000,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I.

Der Antragsteller (Ast.) begehrt einstweiligen Rechtsschutz gegen Vollstreckungsmaßnahmen des Antragsgegners (Ag.).

Der Ast. ist der Ehemann der Beigeladenen, die eine Tochter des am 00.00.0000 geborenen, inzwischen verstorbenen K. E. ist. Dieser erhielt vom Ag. seit dem 01.11.2009 Hilfe zum Lebensunterhalt sowie Hilfe zur Pflege in einer stationären Einrichtung nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) in Höhe von monatlich ca. 1.000,00 EUR. Durch bestandskräftigen Bescheid vom 06.11.2009 zeigte der Ag. der Beigeladenen die Überleitung eines (möglicherweise bestehenden) Unterhaltsanspruches ihres Vaters gegen sie an und ersuchte sie, Auskünfte über ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu erteilen, u.a. durch Vorlage von Einkommensbescheinigungen der letzten zwölf Monate, des letzten Einkommensteuerbescheides und weiterer Beweisurkunden. Diesem Auskunftsersuchen kam die Beigeladene nicht nach. Der Ag. erhob in diesem Zusammenhang eine Stufenklage gegen die Beigeladene auf Auskunft und ggf. Zahlung beim Amtsgericht E. (23 F 188/10). Nach einer am 16.05.2011 durchgeführten Beweisaufnahme durch Vernehmung der Beigeladenen und drei Zeuginnen wies das Amtsgericht E. durch Beschluss vom 06.06.2011 die Anträge des Ag. ab mit der Begründung, er habe weder einen Anspruch auf Erteilung von Auskunft noch auf Zahlung von Unterhalt für Herrn K. E. gegen die Beigeladene.

Im Vorfeld dieser amtsgerichtlichen Entscheidung hatte der Ag. durch Bescheid vom 10.06.2010 und Widerspruchsbescheid vom 28.07.2010 den Ast. unter Hinweis auf § 117 Abs. 1 SGB XII zur Erteilung von Auskünften über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse zur Klärung der Unterhaltsfähigkeit seiner Ehefrau aufgefordert und die sofortige Vollziehung unter Hinweis auf das überwiegende öffentliche Interesse angeordnet. Da der Ast. dem Auskunftsersuchen nicht innerhalb der gesetzten Frist nachgekommen war, hatte der Ag. durch Bescheid vom 25.06.2010 und Widerspruchsbescheid vom 27.07.2010 eine Nachfrist von einer Woche gesetzt und für den Fall, dass dem Ersuchen nicht fristgerecht oder nicht ausreichend nachgekommen werde, ein Zwangsgeld von 250,00 EUR angedroht. Den dagegen gerichteten Antrag des Ast. auf Aussetzung des Verfahrens bis zum Abschluss des Familiengerichtsverfahrens hatte der Ag. durch Bescheid vom 19.07.2010 und Widerspruchsbescheid vom 22.07.2010 abgelehnt. Die gegen diese Bescheide erhobene Klage des Ast. hatte das Sozialgericht durch rechtskräftiges Urteil vom 01.03.2011 (S 20 SO 110/10 - nicht zuletzt im Hinblick auf den noch gänzlich offenen Ausgang des familiengerichtlichen Verfahrens - abgewiesen.

Als der Ast. daraufhin zwar Einkommensunterlagen vorlegte, nach Einschätzung des Ag. jedoch nicht fristgerecht und nicht in ausreichendem Umfang, setzte der Ag. durch Bescheid vom 20.04.2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 06.05.2011 das angedrohte Zwangsgeld von 250,00 EUR fest und drohte für den Fall, dass der Ast. der Ordnungsverfügung vom 25.06.2010 nicht innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe dieses Bescheides nachkomme, ein weiteres Zwangsgeld in Höhe von 500,00 EUR an. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist setzte der Ag. durch weiteren Bescheid vom 10.05.2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27.05.2011 auch das angedrohte Zwangsgeld von 500,00 EUR fest und drohte für den Fall, dass der Ordnungsverfügung vom 25.06.2010 nicht innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe dieses Bescheides nachgekommen werde, ein weiteres Zwangsgeld in Höhe von 750,00 EUR an.

Entsprechend den (unrichtigen) Rechtsbehelfsbelehrungen in den beiden Widerspruchsbescheiden hat der Ast. am 07.06.2011 Klage beim Verwaltungsgericht erhoben und zugleich um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht. Er weist zum einen daraufhin, dass er im Nachgang des sozialgerichtlichen Verfahrens Auskunft erteilt habe; zum anderen verweist er auf den zwischenzeitlich er...

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