Entscheidungsstichwort (Thema)
Höhe der Terminsgebühr bei Untätigkeitsklage
Orientierungssatz
1. Die Terminsgebühr entsteht auch, wenn das Verfahren nach angenommenem Anerkenntnis ohne mündliche Verhandlung endet. Diese Regelung soll eine Erledigung des Rechtsstreits auch ohne mündliche Verhandlung ohne nachteilige Kostenfolge für den Rechtsanwalt attraktiv machen.
2. Bei der Untätigkeitsklage ist die Beanspruchung der Mittelgebühr als fiktive Terminsgebühr unbillig, weil es sich um ein weit unterdurchschnittliches Verfahren handelt. Deshalb ist eine deutlich reduzierte Mittelgebühr als Verfahrensgebühr angemessen.
Tenor
Auf die Erinnerung der Klägerin wird der Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Sozialgerichts Aachen vom 07.02.2008 abgeändert. Die der Klägerin zu erstattenden Kosten werden auf 327,25 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.09.2007 festgesetzt.
Gründe
I.
Streitig ist die Höhe der erstattungsfähigen Kosten nach für erledigt erklärter Untätigkeitsklage. Insbesondere geht es dabei um die Frage, ob eine fiktive Terminsgebühr angefallen ist.
Im zugrunde liegenden Verfahren hatte die Klägerin am 23.05.2007 Untätigkeitsklage erhoben. Nachdem die Beklagte am 07.08.2007 den Widerspruchsbescheid erlassen hatte, nahm die Klägerin die Klage zurück und beantragte am 06.09.2007 durch ihren Prozessbevollmächtigten die Festsetzung folgender Kosten zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz:
Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3102 VV 170,00 EUR Erledigungsgebühr gemäß Nr. 1006 VV 150,00 EUR Post- bzw. Telek.-Geb. gem. Nr. 7001 bzw. 7002 VV 20,00 EUR 19% MWSt. gemäß Nr. 7008 VV 64,60 EUR Gesamtbetrag 404,60 EUR
Mit rechtskräftigem Beschluss vom 05.11.2007 wurden der Beklagten die außergerichtlichen Kosten der Klägerin dem Grunde nach auferlegt. Diese hielt jedoch die geltend gemachte Verfahrensgebühr von 170,00 Euro in der Höhe für unbillig. Eine Erledigungsgebühr sei darüber hinaus nicht angefallen, weil es an einem qualifizierten Tätigwerden des Bevollmächtigen fehle.
Die Klägerin beantragte daraufhin alternativ zur Erledigungsgebühr, eine Terminsgebühr festzusetzen.
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 07.02.2008 setzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle folgende Kosten fest:
Gebühr gem. Nr. 3102 VV 145,00 EUR
Auslagenpauschale gem. Nr. 7002 VV 20,00 EUR
19% MW-Steuer 31,35 EUR 196,35 EUR
Die Untätigkeitsklage sei mit einem im Vergleich zum Hauptsacheverfahren erheblich niedrigerem Wert, nämlich 145,00 Euro anzusetzen. Die Erledigungsgebühr sei nicht angefallen, da sich die Angelegenheit nicht durch anwaltliche Mitwirkung erledigt habe. Die Terminsgebühr sei nicht entstanden, da das Verfahren nicht durch Anerkenntnis beendet worden sei.
Gegen die Nichtberücksichtigung der Terminsgebühr wandte sich die Klägerin mit ihrer am 21.02.2008 eingelegten Erinnerung. Zur Begründung bezieht sie sich auf das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 02.11.2007 (S 6 AS 231/06). Sie ist der Meinung, dass in der Bescheidung dann ein Anerkenntnis liege, wenn die Frist des § 88 Sozialgerichtsgesetz (SGG) abgelaufen und Beklagte keinen zureichenden Grund für ihre Untätigkeit gehabt habe.
Die Urkundsbeamtin hat der Erinnerung nicht abgeholfen und dem Gericht die Sache zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Die gemäß § 197 Abs. 2 SGG statthafte Erinnerung ist begründet.
Der Klägerin steht eine fiktive Terminsgebühr für die Untätigkeitsklage gemäß Ziffer 3106 Satz 2 Nr. 3 Vergütungsverzeichnis zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (VV RVG) in Höhe von 110,00 Euro zu. Gemäß Ziffer 3106 Satz 2 Nr. 3 VV RVG entsteht die Terminsgebühr auch, wenn das Verfahren nach angenommenem Anerkenntnis ohne mündliche Verhandlung endet. Ein solcher Fall liegt hier vor.
Wird auf eine Untätigkeitsklage der begehrte Bescheid erlassen und die Klage daraufhin für erledigt erklärt, handelt es sich dann um ein angenommenes Anerkenntnis im Rechtssinne, wenn die Frist des § 88 Abs. 1 bzw. Abs. 2 SGG abgelaufen ist und ein zureichender Grund für die verspätete Entscheidung nicht vorliegt. Dabei steht das Eingeständnis der Beklagten, dass kein zureichender Grund für die Verspätung vorliegt, einer rechtskräftigen Entscheidung des Gerichts über die Kosten gleich (insofern enger: SG Köln, Urteil vom 02.11.2007, S 6 AS 231/06). Würde man das Entstehen der Terminsgebühr nur annehmen, wenn die Beklagte von sich aus einräumt, dass kein zureichender Grund für die verspätete Entscheidung vorlag, dann hätte sie es in der Hand, das Entstehen der Terminsgebühr zu verhindern, indem sie die Kostenübernahme dem Grunde nach stets pauschal ablehnt. Diese Auslegung wäre mit Sinn und Zweck der Terminsgebühr allerdings nicht zu vereinbaren. Denn die Vorschrift soll eine Erledigung des Rechtsstreits auch ohne mündliche Verhandlung ohne nachteilige Kostenfolge für den Rechtsanwalt attraktiv machen (SG Berlin, Beschluss vom 10.09.2007, S 48 SB 2223/05; SG Lüneburg, Beschluss vom 23.06.2006, S 4 SF 55/06). De...