Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Leistungsausschluss für Ausländer ohne Aufenthaltsrecht. Chancen-Aufenthaltsrecht für geduldete Ausländer. mündliche Erteilung
Orientierungssatz
Bereits mit der mündlichen Erteilung eines Aufenthaltsrechts liegt dieses wirksam vor. Die Aushändigung des schriftlichen vorläufigen Dokuments erfolgt gemäß § 37 Abs 2 S 2 VwVfG als Bestätigung des mündlichen Veraltungsaktes über den erteilten Aufenthaltstitel wegen des berechtigten Interesses der betroffenen Person.
Tenor
1. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragstellern für den Zeitraum 01.06.2023 bis 31.08.2023 vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
2. Der Antragsgegner trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Antragstellers.
3. Dem Antragsteller wird Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwältin T aus N zu den Bedingungen eines am Gerichtsort ansässigen Rechtsanwaltes beigeordnet.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die vorläufige Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II).
Der am 01.01.1998 geborene Antragsteller ist malischer Staatsangehöriger und lebt seit dem 01.02.2014 in der Mietwohnung in der Straße in B. Mit Datum vom 28.04.2023 erteilte das Ausländeramt dem Antragsteller einer "Vorläufige Bescheinigung gem. § 37 Abs. 2 VwVfG NRW über einen bewilligten Aufenthaltstitel". Aus dieser Bescheinigung ergibt sich eine befristete Aufenthaltserlaubnis des Antragstellers bis zum 27.10.2024. Ausweislich der Bescheinigung erfolgte die Erteilung der befristeten Aufenthaltserlaubnis gem. § 104 c Abs. 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG).
Bis zum 30.04.2023 erhielt der Antragsteller Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) von der Beigeladenen. Am 08.05.2023 erteilte die Beigeladene einen Bescheid über die Einstellung der laufenden Leistungen. Gleichzeitig hob sie den zuvor ergangenen Bewilligungsbescheid für die Gewährung von Asylbewerberleistung vom 19.04.2023 für die Zeit ab dem 01.05.2023 auf. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Anspruch auf Asylbewerberleistungen wegen der erteilten Aufenthaltserlaubnis entfalle. Stattdessen bestehe ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II. Gegen diesen Bescheid legte der Antragsteller am 01.06.2023 Widerspruch ein.
Am 15.05.2023 beantragte der Antragsteller im Rahmen einer persönlichen Vorsprache beim Antragsgegner Leistungen nach dem SGB II. Nach Vorlage der ausgefüllten Antragsunterlagen lud der Antragsgegner den Antragsteller zu einem Termin am 01.06.2023 ein. Nach Angaben des Antragstellers wurde sein Antrag auf SGB II Leistungen in diesem Termin mündlich abgelehnt. Ein Ablehnungsbescheid oder Gesprächsvermerk ist der Verwaltungsakte nicht zu entnehmen. In dem Gespräch habe der Antragsgegner ihm mitgeteilt, dass die Leistungen nach dem SGB II nicht gewährt werden können, weil der elektronische Aufenthaltstitel nicht vorliege. Die Beigeladene sei für die weitere Leistungsgewährung zuständig.
Gegen die mündliche Ablehnung seines Leistungsantrags legte der Antragsteller am 01.06.2023 Widerspruch ein.
Am selben Tag hat er den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes beim Sozialgericht Aachen gestellt. Es könne nicht auf die Erteilung des elektronischen Aufenthaltstitels ankommen. Wegen der erteilten Aufenthaltserlaubnis gem. § 104 c AufenthG bestehe ein Anspruch auf SGB II Leistungen. Der Bescheinigung des Ausländeramtes vom 28.04.2023 komme insoweit Tatbestandswirkung zu. Mit der Ausstellung dieser Bescheinigung an den Antragsteller ende die Leistungsberechtigung nach dem AsylbLG und damit auch der Ausschlusstatbestand nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB II.
Die Antragsteller beantragen schriftsätzlich sinngemäß,
den Antragsgegner auf Grund der besonderen Eilbedürftigkeit im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller Leistungen nach dem SGB II nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu bewilligen,
hilfsweise die Beigeladene auf Grund der besonderen Eilbedürftigkeit im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller Leistungen nach dem AsylbLG nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu bewilligen.
Der Antragsgegner hat keinen Antrag gestellt.
Die 18-monatige Geltungsdauer der Aufenthaltserlaubnis beginne erst mit der Aushändigung des elektronischen Aufenthaltstitels. Dabei hat sich der Antragsgegner auf die Ausführungen der Anlage 1 zu dem Erlass des Ministeriums für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration vom 08.02.2023, Az.: 513-26.11.01-000009-2023-0001688 bezogen, die die Anwendungshinweise des Bundesministeriums des Innern und für Heimat zur Einführung eines Chancen-Aufenthaltsrechts vom 23. Dezember 2022 für Nordrhein-Westfalen spezifiziert. An diese sei er gebunden.
Darin heiß...