Entscheidungsstichwort (Thema)

Anfall der Terminsgebühr im Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes bei Telefongesprächen des Gerichtsvorsitzenden mit den Verfahrensbeteiligten zur Erledigung des Verfahrens

 

Orientierungssatz

1. Die Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG entsteht u. a. durch die Mitwirkung an auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechungen auch ohne Beteiligung des Gerichts. Damit entsteht die Terminsgebühr bei Telefongesprächen des Gerichtsvorsitzenden mit den Verfahrensbeteiligten, die auf eine Einigung zwischen den Beteiligten gerichtet sind.

2. Dies gilt auch für ein Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes. Zwar ist für das einstweilige Rechtschutzverfahren keine mündliche Verhandlung vorgeschrieben. Durch die Formulierung "Die Gebühr entsteht auch, wenn" in der Einleitungsformel zu Nr. 3106 VV RVG wird deutlich, dass es auch andere Tatbestände gibt, welche die Gebühr auslösen können. Diese werden allgemein in der Vorbemerkung beschrieben.

 

Tenor

Die dem beigeordneten Rechtsanwalt für das erstinstanzliche Verfahren S 20 SO 98/12 ER zu zahlende Vergütung wird auf 856,80 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I.

Streitgegenstand des erledigten Eilverfahrens war ein Anspruch auf Übernahme erforderlicher Bestattungskosten in Spanien. Der Antragstellerin war durch Beschluss der Kammer vom 14.05.2012 für das Eilverfahren S 20 SO 98/12 ER Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung von Rechtsanwalt L. bewilligt worden. Mit Schriftsatz vom 23.12.2015 beantragte dieser die Festsetzung seiner Vergütung für das erstinstanzliche Eilverfahren wie folgt:

- Verfahrensgebühr (Nr. 3103 VV RVG)

320,00 EUR

- Terminsgebühr (Nr. 3106 VV RVG)

380,00 EUR

- Pauschale (Nr. 7002 VV RVG)

20,00 EUR

- Umsatzsteuer (Nr. 7008 VV RVG)

136,80 EUR

856,80 EUR

Am 23.05.2016 setzte der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle die aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen für das Eilverfahren S 20 SO 98/12 ER auf 856,80 EUR fest. Zur Begründung führte er u.a. aus, dass die Terminsgebühr aufgrund richterlicher Telefongespräche mit beiden Seiten entstanden sei. Zuvor hatte er die Verfahrensbeteiligten angehört und den Kammervorsitzenden um eine Einschätzung gebeten. Dieser hatte in einem Vermerk am 18.05.2016 erklärt, dass es sich bei den Telefonaten am 14.04.2012 um solche gehandelt habe, die auf Einigung zwischen den Beteiligten gerichtet gewesen seien, und er deshalb die Terminsgebühr für gerechtfertigt halte.

Gegen die Festsetzung hat der Erinnerungsführer am 22.08.2016 Erinnerung eingelegt, der die Urkundsbeamtin nicht abgeholfen hat. Der Erinnerungsführer wendet sich gegen die Festsetzung der Terminsgebühr. Er ist der Auffassung, dass Grundvoraussetzung für die Entstehung einer Terminsgebühr sei, dass für das Verfahren eine mündliche Verhandlung vorgesehen ist; dass sei aber im Falle eines ER-Verfahrens gerade nicht der Fall, weshalb in einem solchen Verfahren eine "fiktive" Terminsgebühr nie entstehen könne; sie entstehe lediglich dann, wenn ein gerichtlicher Termin stattgefunden habe.

Der Erinnerungsführer beantragt seinem schriftlichen Vorbringen nach,

die dem beigeordneten Rechtsanwalt zustehende Vergütung für das Eilverfahren S 20 SO 98/12 ER auf 404,60 EUR festzusetzen.

Der Erinnerungsgegner beantragt sinngemäß,

die Erinnerung zurückzuweisen und die Vergütung auf 856,80 EUR festzusetzen.

II.

Die gemäß § 56 Abs. 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) zulässige Erinnerung ist nicht begründet.

Rechtsgrundlage für den Vergütungsanspruch der Erinnerungsführerin ist § 45 Abs. 1 RVG. Danach haben die im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwälte in Verfahren vor Gerichten eines Landes Anspruch auf die gesetzliche Vergütung aus der Landeskasse. Gemäß § 14 RVG bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen. Dabei ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen und sie unbillig ist (§ 14 Abs.1 Satz 4 RVG). Kostenrechtlich erfolgt dementsprechend in der gerichtlichen Kostenentscheidung lediglich eine Überprüfung der vom Anwalt geltend gemachten Gebühren im Rahmen der Vorschrift des § 14 Abs.1 Satz 4 RVG, also zur Frage der Unbilligkeit der seitens des Rechtsanwalts getroffenen Bestimmung. Im Rahmen der Prüfung des Tatbestandsmerkmales Unbilligkeit gemäß § 14 Abs.1 Satz 4 RVG sind Toleranzgrenzen zu berücksichtigen, d. h. eine Abweichung von bis zu 20 % gegenüber der als billig erscheinenden Gebühr ist noch als verbindlich anzusehen und nicht als unbillig im Sinne der vorgenannten Vorschrift zu qualifizieren (BayLSG, Beschluss vom 21.03.2011 - Az.: L 15 SF 240/09 B E m.w.N.).

Das Gericht schließt sich den im Wesentlichen sachlich und rechtlich zutreffenden Ausführungen im Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamte...

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