Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren: Kosten des Verfahrens. Erstattungsfähigkeit von Kopierkosten für das Kopieren einer Patientenakte. Notwendigkeit einer Kostengrundentscheidung im Erinnerungsverfahren über eine Kostenfestsetzung
Orientierungssatz
1. Wurde eine Patientenakte in einem sozialgerichtlichen Verfahren dem Gericht vorgelegt, so wird diese Patientenakte Teil der Gerichtsakte. Fertigt ein Prozessbevollmächtigter im Rahmen der gewährten Akteneinsicht in die Gerichtsakte Kopien der Patientenakte an, sind die Aufwendungen für diese Kopien deshalb als Kosten des Verfahrens (hier: Dokumentenpauschale) abrechnungs- und erstattungsfähig.
2. Das Erinnerungsverfahren gegen die Kostenfestsetzung stellt für den Rechtsanwalt im gebührenrechtlichen Sinne ein besonderes Verfahren und damit ein eigenständiges Gerichtsverfahren dar, für das ein gesonderter Gebührenanspruch entsteht. Darum bedarf ein Beschluss in diesem Erinnerungsverfahren einer Kostengrundentscheidung.
Tenor
Auf die Erinnerung wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 17.01.2020 (S 14 KR 723/18) geändert. Die der Erinnerungsführerin von der Erinnerungsgegnerin zu erstattenden Verfahrenskosten werden auf 109,48 EUR festgesetzt zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.10.2019. Die Erinnerungsgegnerin trägt die außergerichtlichen Kosten der Erinnerungsführerin dem Grunde nach.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über die Erstattungsfähigkeit von Kopierkosten der Bevollmächtigten der Erinnerungsführerin für eine seitens des Bevollmächtigten der Erinnerungsgegnerin zur Gerichtsakte gereichte Patientenakte.
Im Klageverfahren S 14 KR 723/18 stritten die Beteiligten über einen Vergütungsanspruch der Erinnerungsgegnerin für eine durch ihr Krankenhaus erbrachte stationäre Behandlung an einer bei der Erinnerungsgegnerin gesetzlich krankenversicherten Patientin. Im Rahmen des Verfahrens übersandte die Kammer antragsgemäß den Bevollmächtigten der Erinnerungsführerin die durch den Bevollmächtigten der Erinnerungsgegnerin mit der Klageschrift zur Gerichtsakte gereichte Patientenakte (97 Seiten). Die Bevollmächtigten der Erinnerungsführerin fertigten Kopien der gesamten Patientenakte an, die sie dem medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) für eine Stellungnahme vorlegten. Die Beteiligten schlossen im weiteren Verlauf des Verfahrens letztlich einen Vergleich und erklärten das Klageverfahren übereinstimmend für erledigt.
Gemäß Beschluss der Kammer vom 08.11.2019 trägt die Erinnerungsführerin die Kosten des Klageverfahrens nach § 197a Sozialgerichtsgesetz (SGG) dem Grunde nach zu 30 %, die Erinnerungsgegnerin zu 70 %. Der Streitwert wurde auf 1993,63 EUR festgesetzt (Beschluss vom 22.10.2019). Auf dieser Grundlage ergab sich hinsichtlich der Gerichtskosten ein Kostenerstattungsanspruch der Erinnerungsgegnerin gegen die Erinnerungsführerin i.H.v. 26,70 EUR.
Für den Bevollmächtigten der Erinnerungsgegnerin entstand ein gesetzlicher Anspruch auf Vergütung und Auslagen i.H.v. 648,55 EUR (vgl. Kostennote vom 06.11.2019). Der Vergütungsanspruch der Bevollmächtigten der Erinnerungsführerin betrug für Verfahrens-, Einigungsgebühr und Post - und Telekommunikationspauschale zuzüglich Umsatzsteuer 434,35 EUR (vgl. insoweit Kostennote vom 01.10.2019; Beschluss des UdG vom 17.01.2020).
Am 01.10.2019 beantragten die Bevollmächtigten der Erinnerungsführerin die zu erstattenden Kosten unter Verzinsung ab Antragstellung mit 5 Prozentpunkten über dem Basis-zinssatz festzusetzen. Sie begehrten die Berücksichtigung ihrer Vergütung mit 472,49 EUR. Darin enthalten war die weitere Position "Dokumentenpauschale für Kopien aus der Patientenakte Nr. 7000 Nr. 1 Anl. 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (VV RVG) (s/w: 97 Seiten) i.H.v. 32,05 EUR zzgl. 19 % Umsatzsteuer gemäß Nr. 7008 VV RVG (= 38,14 EUR).
Der Bevollmächtigte der Erinnerungsgegnerin erklärte hierzu, die angesetzten Kopierkosten dürften nicht absetzbar sein.
Mit Beschluss vom 17.01.2020 setzte der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des Sozialgerichts Aachen die der Erinnerungsführerin zu erstattenden Verfahrenskosten auf 82,78 EUR zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.10.2019 fest. Die Kostennote der Bevollmächtigten der Erinnerungsführerin sei lediglich i.H.v. 434,35 EUR zu berücksichtigen, da die geltend gemachten Kopierkosten zuzüglich Umsatzsteuer nicht vom Vergütungsanspruch umfasst seien. Unter Zitat je einer Fundstelle aus Rechtsprechung und Literatur vertrat er die Auffassung, dies ergebe sich aus dem Wortlaut der Nr. 7000 Nr. 1a RVG. Hiernach falle die Dokumentenpauschale nur bei Kosten aus Behörden - und Gerichtsakten an. Eine Patientenakte falle darunter nicht.
Hiergegen hat die Erinnerungsführerin durch ihre Bevollmächtigten am 12.02.2020 Erinnerung eingelegt.
Die seitens des Kostenbeamten zitierten Fundstellen, trügen dessen Auffassung nicht. Der Urkundsbeamte verkenne, dass es sich bei d...