Entscheidungsstichwort (Thema)
Die Liposuktion. Fettabsaugung. gehört nicht zum Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung
Orientierungssatz
1. Bei der Liposuktion - Fettabsaugung - u. a. der Arme und Beine handelt es sich um eine neue Behandlungsmethode, die vom Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) bisher nach § 135 SGB 5 nicht anerkannt ist.
2. Ein Anspruch des Versicherten wegen Systemversagens besteht nicht. Das vom GBA am 22. 5. 2014 nach §§ 135 Abs. 1, 137c SGB 5 zur Liposuktion bei Lipödem eingeleitete Bewertungsverfahren ist bisher nicht verzögert durchgeführt worden.
3. Ein Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 SGB 5 unter dem Gesichtspunkt des Seltenheitsfalls ist ausgeschlossen; das Lipödem ist keine seltene Erkrankung.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von der Beklagten zuletzt die Erstattung von Kosten für ambulant durchgeführte Liposuktionen an Ober - und Unterschenkeln i.H.v. 11.990 EUR.
Die am 00.00.0000 geborene Klägerin ist bei der Beklagten freiwillig gesetzlich krankenversichert.
Erstmals im Jahr 2016 wurde bei der Klägerin ein Lipödem diagnostiziert. Im Frühjahr 2017 unterzog sich die Klägerin nach einer Gewichtsabnahme von 110 kg nach bariatrischen Operationen in den Jahren 2013 und 2015 einer Bodylift-Operation am Bauch und den Extremitäten. Im weiteren Verlauf kam es an den Beinen zu einer Vermehrung des Fettgewebes. Bei der Klägerin besteht nunmehr ein schmerzhaftes Lipödem an den Armen im Stadium II und an den Beinen im Stadium II oder III.
Am 24.09.2018 beantragte sie bei der Beklagten eine Lipo-Dekompression der Arme und Beine, wie diese von der Lipoclinik I beschrieben werde. Damit nahm sie Bezug auf ein beigefügtes "Fachärztliches Gutachten" vom 13.06.2018 "zur Vorlage beim Medizinischen Dienst" des Facharztes für Plastische Chirurgie und Ästhetische Chirurgie, Chirurgie Dr. X aus der Lipoclinik. - die bzw. deren Behandler nicht zur Leistungserbringung für die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) zugelassen sind. Mit der ärztlichen Stellungnahme wurde die Kostenübernahme für medizinisch als notwendig erachtete ambulante Liposuktionen beantragt. Bis zur erneuten Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) im Jahr 2022 über die Aufnahme der operativen Behandlung des Lipödems in den Leistungskatalog der GKV fehle eine entsprechende Abrechnungsziffer im Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM). Die Rechnungsstellung müsse sich daher an der Gebührenordnung für Ärzte (GoÄ) orientieren. Bei der Diagnose eines Lipödems beider Beine und Arme im Stadium II und Darstellung der Krankheitsvorgeschichte sowie des klinischen Befundes wurde die Schlussfolgerung gezogen, bei der Klägerin sei eine (erneute) Therapie durch Lipo-Dekompressionen im Bereich der Beine und gegebenenfalls der Arme indiziert. Der Befund mache zunächst 3-4 Operationen an Unter- und Oberschenkeln erforderlich. Ob die Arme mittelfristig einen operationsbedürftigen Befund entwickelten sei derzeit nicht absehbar. Entsprechend den Leitlinien der Fachgesellschaft für plastische Chirurgie werde die Klägerin nach der ambulanten Operation mehr als 10 Stunden in einer anästhesiologischen Tagesklinik überwacht. Es werde um Kostenübernahme für die genannte Anzahl medizinisch notwendiger Operationen gebeten. Dem ärztlichen Antrag beigefügt waren Kostenvoranschläge und eine Bescheinigung der Ärztin für Dermatologie/Phlebologie T. (4/2018), die ein Lipödem Stadium III der Beine erkannte. Eine Liposuktion sei dringend anzuraten.
Mit Bescheid vom 04.10.2018 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin ab. Der G-BA habe die beantragte Behandlung bisher nicht als ambulante Leistung anerkannt.
Hiergegen legte die Klägerin am 24.10.2018 Widerspruch ein. Die Liposuktion sei für sie die letzte Chance einer Heilung. Ihr sei bekannt, dass die Leistung nicht zum Leistungskatalog der Krankenversicherung gehöre, bitte jedoch, die wirtschaftlichen Vorteile für die Beklagte zu bedenken.
Am 12.12.2018 und 24.04.2019 ließ die Klägerin die Liposuktion an den Ober- und Unterschenkeln beidseits in Lipoclinik für insgesamt 11.990 EUR durchführen wie von Dr. X dargestellt.
Die Beklagte holte eine Stellungnahme des MDK Bayern vom 10.01.2019 ein. Auch in fortgeschrittenen Stadien mit bereits eingetretener Ödembildung könne mithilfe einer komplexen physikalischen Entstauungstherapie bei den meisten Patienten eine Besserung der Beschwerden bis hin zur Beschwerdefreiheit erzielt werden. Es sei nicht anzunehmen, dass nach Durchführung von Liposuktionen keinerlei weitere Behandlungen dieser Art mehr nötig sein würden. Die sozialmedizinische Expertengruppe 7 des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen (MDS) habe in einem Gutachten vom 06.10.2011 (aktualisiert am 15.01.2015) nach ausführlicher Literaturrecherche und -bewertung Stellung genommen. Hiernach ließen sich keine Hinweise auf Belege eines Nutzens im Sinne der §§ 2 und 12 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzlich...