Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Krankenversicherung: Übernahme der Behandlungskosten für eine Liposuktion bei einem Lipödem. Erstattungsfähigkeit von Behandlungskosten in einer Privatklinik
Orientierungssatz
1. Eine Liposuktion zur Behandlung eines Lipödems gehört nicht zum Leistungsspektrum der gesetzlichen Krankenkassen, da die Qualität und Wirksamkeit der Behandlungsmaßnahme nicht den Anforderungen entspricht, die an eine Leistung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung zu stellen sind.
2. Bei einer Liposuktionen (Fettabsaugung) zur Behandlung eines Lipödems handelt es sich nicht um eine notfallmäßige Behandlung, die unaufschiebbar ist, so dass ein nachträglicher Kostenerstattungsanspruch gegenüber der gesetzlichen Krankenkasse bei Leistungserbringung durch Nichtvertragsärzte regelmäßig nicht in Betracht kommt.
3. Im Rahmen der Leistungserbringung ist eine gesetzliche Krankenversicherung außerhalb einer notfallmäßigen Behandlung im Regelfall nur zur Gewährung solcher Sachleistungen verpflichtet, die durch zugelassene Leistungserbringer im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung erbracht werden. Damit scheidet die Einstandspflicht für Leistungen einer Privatklinik aus.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Erstattung von 16.985,00 EUR, die die Klägerin für privatärztlich erbrachte Leistungen einer Privatklinik im Zusammenhang mit drei Liposuktionen im Bereich der Unterschenkel, Oberschenkel und Arme zur Behandlung von Lipödemen bezahlt hat.
Die am 00.00.0000 geborene Klägerin leidet an Lipödemen im Bereich der Arme und Beine. Am 27.12.2016 beantragte sie bei der Beklagten die Übernahme der Kosten einer "Lipo-Dekompression via Liposuction" durch die nicht zur Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zugelassene privatärztliche LipoClinic Dr. I ... Sie legte hierzu eine befürwortende Stellungnahme der LipoClinic vom 02.12.2012 und drei Kostenvoranschläge bezüglich dreier Liposuktionsbehandlungen der Oberschenkel, Unterschenkel und Arme beidseits über je 5.995,00 EUR, insgesamt 17.985,00 EUR, vor.
Noch am selben Tag - 27.12.2016 - lehnte die Beklagte den Antrag ab mit der Begründung, die Liposuktion sei eine neue Behandlungsmethode, die nicht zu den vertragsärztlichen Leistungen gehöre.
Dagegen erhob die Klägerin am 13.01.2017 Widerspruch. Sie trug vor, das Lipödem der Arme und Beine sei diagnostisch gesichert. Die Liposuktion sei indiziert; alternative Behandlungsmaßnahmen wie lebenslange Kompression und Lymphdrainage wirkten nur symptomatisch. Die Klägerin meinte, in ihrem Falle seien alle drei Voraussetzungen, unter denen das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in der Entscheidung vom 06.12.2005 eine neue, noch nicht anerkannte Behandlungsmethode der Leistungspflicht der GKV unterstellt habe, erfüllt.
Nach Einholung eines Gutachtens des Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) wies die Beklagten den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 22.05.2017 zurück.
Dagegen hat die Klägerin am 23.06.2017 Klage erhoben. Sie trägt vor, die konservative Entstauungstherapie mittels flachgestrickter Kompressionsbestrumpfung, die bisher zur Behandlung des im Jahre 2011 festgestellten Lipödems konsequent durchgeführt worden sei, habe die Grunderkrankung nicht positiv beeinflussen können; vielmehr sei eine stetige Verschlechterung des Gesundheitszustandes eingetreten. Die Mobilität in ihrer beruflichen Tätigkeit als Lageristin sei inzwischen zunehmend eingeschränkt. Mittelfristig sei davon auszugehen, dass die Berufsfähigkeit insbesondere für Tätigkeiten in stehender und sitzender Zwangshaltung bedroht sei. Ein schriftlicher Behandlungsvertrag sei mit der LipoClinic nicht geschlossen worden. Die erste Behandlung (Liposuktion der Unterschenkel) sei am 27.03.2017 erfolgt und habe Kosten von 5.995,00 EUR verursacht; hierzu hat die Klägerin die Rechnung vom 27.03.2017 vorgelegt und mitgeteilt, der Rechnungsbetrag sei am 13.03.2017 bezahlt worden. Erst in der mündlichen Verhandlung vom 21.11.2017 hat die Klägerin mitgeteilt, die zweite Liposuktionsbehandlung der Oberschenkel sei bereits am 31.05.2017 durchgeführt worden; hierfür habe die LipoClinic am selben Tag 5.995,00 EUR in Rechnung gestellt; dieser Betrag sei ebenfalls bereits bezahlt worden; zwischenzeitlich sei am 02.10.2017 auch die Liposuktion im Bereich der Arme durchgeführt worden; hierfür habe die LipoClinic 4.995,00 EUR in Rechnung gestellt; der Betrag sei bezahlt.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 27.12.2016 in der Fassung des Widerspruchbescheides vom 22.05.2017 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihr die entstandenen Kosten i. H. v. 16.985,00 EUR für die von Dr. I. gemäß Rechnungen vom 27.03.2017, 31.05.2017 und 02.10.2017 in Anspruch genommenen Leistungen zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verbleibt bei ihrer in den angefochtenen Bescheiden vertretenen Rechtsauffassung und ver...