Orientierungssatz

Parallelentscheidung zu dem Urteil des SG Aachen vom 27.7.2007 - S 6 R 71/07, das vollständig dokumentiert ist.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt eine höhere Rente wegen voller Erwerbsminderung.

Die am 00.00.1962 geborene Klägerin war zuletzt als Diplom-Sozialarbeiterin beschäftigt. Unter dem 00.00.2006 stellte sie einen Antrag auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Nach Durchführung medizinischer Ermittlungen bewilligte die Beklagte ihr mit Bescheid vom 00.00.2006 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 00.00.2006 auf Dauer. Die der Rente zu Grunde liegende Summe aller Entgeltpunkte betrug 33,7090. Die Beklagte ging in diesem Bescheid von einem Rentenzugangsfaktor von 0,892 aus, weil sich der Zugangsfaktor für jeden Kalendermonat nach Ablauf des Monats Februar 2022, dem Ende des Monats vor Vollendung des 60. Lebensjahres der Klägerin, bis zur Vollendung des 63. Lebensjahres um 0,003 (insgesamt 36 x 0,003 = 0,108) vermindere. Die auf dieser Grundlage von der Beklagten berechneten persönlichen Entgeltpunkte der Klägerin betrugen 30,0684 (33,7090 x 0,892). Im Versicherungsverlauf des Bescheides vom 00.00.2006 waren 196 Monate Zurechnungszeit (beginnend mit dem 00.00.2005 bis 00.00.2022) gespeichert. Die Klägerin legte am 00.00.2007 unter Hinweis auf die Entscheidung des 4. Senats des Bundessozialgerichts vom 16.05.2006 (Az.: 4 RA 22/05 R) Widerspruch ein und begehrte eine höhere Rente unter Zugrundelegung eines Zugangsfaktors von 1,0. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 00.00.2007 zurück.

Hiergegen richtet sich die am 00.00.2007 erhobene Klage.

Die Klägerin ist der Auffassung, die Minderung des Rentenzugangsfaktors sei mit Wortlaut, Gesetzessystematik und Entstehungsgeschichte des § 77 SGB VI nicht in Einklang zu bringen. Überdies spreche die Intention des Gesetzgebers, mit der Einführung eines Zugangsfaktors bei Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit ein Ausweichen von einer vorgezogenen Altersrente in eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu verhindern, dafür, dass Bezieher einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit erst ab Vollendung des 60. Lebensjahres eine Minderung des Zugangsfaktors hinzunehmen hätten. Denn erst ab diesem Zeitpunkt sei die vorgezogene Inanspruchnahme einer Altersrente möglich und damit Ausweichreaktionen denkbar. Schließlich bestünde anderenfalls eine mit Art. 3 Grundgesetz nicht zu vereinbarende Gleichbehandlung von Erwerbsminderungs- und Altersrenten.

Die Klägerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß,

die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 00.00.2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 00.00.2007 zu ver- urteilen, ihr ungekürzte Rente unter Zugrundelegung eines Zugangsfaktors von 1,0 ab dem 00.00.2006 nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie beruft sich ihrerseits auf Wortlaut, Entstehungsgeschichte und Systematik des § 77 SGB VI.

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Kammer konnte durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil sich die Beteiligten hiermit übereinstimmend einverstanden erklärt haben, § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage ist zulässig, jedoch nicht begründet. Die Klägerin wird durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert, da sie nicht rechtswidrig sind. Sie hat keinen Anspruch auf Auszahlung ungekürzter Rente wegen voller Erwerbsminderung unter Zugrundelegung eines Zugangsfaktors von 1,0.

Nach Auffassung der Kammer haben - entgegen der Entscheidung des 4. Senats des Bundessozialgerichts vom 16.05.2006, B 4 RA 22/05 R - Bezieher einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, die das 60. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, eine Minderung des Zugangsfaktors um 0,108 hinzunehmen (siehe bereits SG Aachen, Urteil vom 09.02.2007, S 8 96/06, NZS 2007, 322 ff.; ebenso nunmehr SG Aachen, Urteile vom 20. März und 15. Mai 2007, S 13 R 76/06 und S 13 (4) R 55/07, Sozialgericht für das Saarland, Urteil vom 8. Mai 2007, S 14 R 82/07, SG Augsburg, Urteil vom 23. April 2007, S 3 R 26/07; SG Köln, Urteil vom 12. April 2007, S 29 (25) R 337/06, SG Altenburg, Urteil vom 22. März 2007, S 14 KN 64/07, alle abrufbar unter juris). Dies folgt aus der Vorschrift des § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr.3 SGB VI, nach der sich der Zugangsfaktor von 1,0 für jeden Kalendermonat, für den eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vor Ablauf des Kalendermonats der Vollendung des 63. Lebensjahres in Anspruch genommen wird, um 0,003 ...

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