Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsprüfung. Feststellung des Vorliegens illegaler Beschäftigungsverhältnisse. Verletzung von Melde- und Zahlungspflichten seitens des Arbeitgebers. vorsätzliche Vorenthaltung von Sozialversicherungsbeiträgen. Beitragsnachforderung
Leitsatz (amtlich)
Zur Annahme illegaler Beschäftigungsverhältnisse mit vorsätzlicher Vorenthaltung der Sozialversicherungsbeiträge.
Nachgehend
Tenor
I. Die Klage gegen den Bescheid vom 15. April 2011 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 14. September 2012 wird abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 96.036,25 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten streitig ist eine nach Sonderbetriebsprüfung für die Zeit vom 01.10.2002 bis 31.03.2004 erfolgte Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von insgesamt 96.036,25 Euro, hiervon 45.867,50 € an Säumniszuschlägen.
Der am 1947 geborene Kläger war bis Ende 2010 als Rechtsanwalt tätig und betrieb als solcher eine Rechtsanwaltskanzlei in E-Stadt.
Nach entsprechenden Ermittlungen des Hauptzollamtes bezüglich von in der Zeit vom Oktober 2002 bis März 2004 durchgeführten Renovierungsarbeiten an mehreren Wohnungen des Klägers in L., H.straße und N.straße, wurde der Kläger mit Urteil des Amtsgerichts Lindau vom 04.02.2010, bestätigt durch Berufungsurteil des Landgerichts E-Stadt vom 21.07.2010 wegen Vorenthaltung von Arbeitsentgelt in 34 tatmehrheitlichen Fällen, in 16 Fällen rechtlich zusammentreffend mit Betrug, schuldig gesprochen. Dabei gingen die befassten Strafgerichte davon aus, dass sich der Kläger bei der Renovierung der Wohnungen der Hilfe von mehreren Personen bedient hat, die für den Kläger als unselbstständige Arbeitnehmer tätig wurden, ohne dass der Kläger diese insgesamt 9 Personen zur Sozialversicherung angemeldet und Beiträge abgeführt hätte.
Das vom Kläger gegen die genannten Strafrechtsurteile angestrengte Revisions- und Wiederaufnahmeverfahren blieb ohne Erfolg.
Angelehnt an die Ermittlungsergebnisse des Hauptzollamtes und der Ergebnisse der strafrechtlichen Verfahren führte die Beklagte am 15.03.2011 eine Sonderbetriebsprüfung für den Prüfungszeitraum vom 01.10.2002 bis 31.03.2004 durch.
Mit Anhörungsschreiben vom 17.03.2011 zeigte die Beklagte dem Kläger die Absicht an, für die Zeit vom 01.10.2002 bis 31.03.2004 Nachforderungen zur Sozialversicherung in Höhe von insgesamt 96.036,25 € inklusive Säumniszuschläge in Höhe von 45.867,50 € zu erheben.
Mit Schriftsatz vom 27.04.2011 äußerte sich der Kläger dahingehend, er selbst habe lediglich den Herrn F. zu Renovierungsarbeiten beauftragt, dieser habe seinerseits offenbar Personen herangezogen, die der Kläger nicht kenne und auch nicht eingestellt habe. Auch seien nicht geleistete Stunden abgerechnet worden. Der Kläger habe nie engeren Kontakt zu den genannten Personen haben wollen oder sie gar einstellen, beaufsichtigen und einweisen wollen. Lediglich zu Herrn F. als Gewerbetreibenden habe ein Auftragsverhältnis bestanden, nach der Inhaftierung von Herrn F. sei dann Herr C. provisorisch an die Stelle des Herrn F. getreten, jener habe alles geleitet und sei Ansprechpartner gewesen.
Mit Bescheid vom 15.04.2011 forderte die Beklagte für die Zeit vom 01.10.2002 bis 31.03.2004 Sozialversicherungsbeiträge inklusive Säumniszuschläge in Höhe von 96.036,25 €.
Unter Zugrundelegung der Ermittlungsergebnisse des Hauptzollamtes und der Urteilsentscheidungen des Amtsgerichts Lindau und des Landgerichts E-Stadt ging die Beklagte dabei davon aus, dass der Kläger zur Renovierung seiner Wohnungen in L., H.straße und N.straße fünf namentlich bekannte und vier weitere namentlich nicht bekannte Personen in abhängigen Beschäftigungsverhältnissen beschäftigt habe, ohne diese entsprechend zur Sozialversicherung anzumelden und entsprechende Sozialversicherungsbeiträge abzuführen.
Bei den namentlich bekannten Arbeitnehmern handele es sich um B., beschäftigt vom Oktober 2002 bis September 2003, C., beschäftigt von Oktober 2002 bis Juni 2003, P. W., beschäftigt von Oktober 2002 bis Juni 2003, D., beschäftigt von Juli 2003 bis November 2003. Außerdem habe er den beschäftigten E. zwar im September 2003 sozialversicherungspflichtig als Hausmeister angemeldet, tatsächlich aber bereits seit August 2003 beschäftigt.
Anfänglich habe der Kläger mit dem im Strafverfahren gehörten Zeugen F. den Umfang der zu tätigenden Renovierungsarbeiten besprochen. Dieser habe dann den Zeugen B. als Hilfskraft mitgebracht, worauf B. mit dem Aufschreiben der angefallenen Stunden, dem Aufmaß und weiteren Hilfsarbeiten beauftragt worden sei. B. habe auch Putz, Tapeten und Böden entfernt.
Als der Zeuge F. dann nach kurzer Zeit eine längere Haftstrafe habe antreten müssen, habe der Kläger neben B. die als Zeugen einvernommenen D., C. und den zwischenzeitlich verstorbenen W. beschäftigt. C. habe dann zu...