Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialversicherungsrecht: Abgrenzung einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung von einer selbstständigen Tätigkeit bei einer Tätigkeit als Fliesenleger
Orientierungssatz
1. Werden Arbeitskräfte auf einer Baustelle tätig (hier: Arbeiten im Bereich Fliesenlegen und Trockenbau), ist jedenfalls dann von einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung auszugehen, wenn die Betroffenen selbst keine eigenen Mitarbeiter haben, die zu verrichtenden Arbeiten hinsichtlich Art, Zeit und Ort vollständig fremdbestimmt ist und auch ein Unternehmerrisiko nicht besteht. Dabei stellt allein der Einsatz von eigenem Kleinwerkzeug keinen Nachweis eines Unternehmerrisikos dar.
2. Einzelfall zur Abgrenzung einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung von einer selbstständigen Tätigkeit bei einer Tätigkeit auf einer Baustelle (hier: Sozialversicherungspflicht der Beschäftigung bei Tätigkeit als Fliesenleger und Trockenbauer bejaht).
Tenor
Die Klage gegen den Bescheid vom 20. Februar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. September 2012 wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst zu tragen haben.
III. Der Streitwert wird auf 7.934,62 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Streitig ist die Rechtmäßigkeit der Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen, Umlagen und Säumniszuschlägen nach einer gemäß § 28p Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) durchgeführten Beitragsüberwachung.
Im streitgegenständlichen Zeitraum vom 01.01.2005 bis zum 31.12.2008 hat die Klägerin in der Rechtsform einer GmbH ein Unternehmen in den Sparten Holz- und Trockenbau betrieben, wobei das Unternehmen bereits damals in einen Bereich Holzbau und einen Bereich Trockenbau unterteilt war. Zwischenzeitlich wurden im Jahr 2011 die beiden Bereiche getrennt und in separate GmbHs überführt. Der Geschäftsführer des Bereichs Trockenbau bzw. der Trockenbau GmbH, Herr S., war und ist alleinvertretungsberechtigt.
Der Beigeladene zu 1) ist seit Anfang 2006 als Fliesenlegermeister in die Handwerksrolle der Handwerkskammer für Schwaben eingetragen. Im Zeitraum vom 03.04.2007 bis zum 30.09.2007 stellte er der Klägerin seine Arbeitskraft als selbständig Tätiger in Rechnung. Zu einer Befragung durch einen Mitarbeiter des Hauptzollamtes C-Stadt am 08.10.2007 erschien der Beigeladene zu 1) in Arbeitskleidung der Klägerin. Er teilte mit, aktuell nur für die Klägerin tätig zu sein und Aufträge im Bereich Spachtelarbeiten/Bautenschutz auszuführen. Er habe keine Angestellten. Das Werkzeug, das er für den Trockenbau benötige, habe er selbst gekauft. Ein Büro habe er nicht, die Rechnungen schreibe die Sekretärin der Klägerin. Werbung für sein Unternehmen betreibe er nicht. Er gebe selber keine Angebote ab, die Auftraggeber sagen ihm, wie viel Geld er für einen Auftrag erhalte und er entscheide dann, ob er den Auftrag annehme. In der Regel könne er keinen Auftrag ablehnen, da er sonst keine weiteren Aufträge erhalte. Er müsse keine festen Arbeitszeiten einhalten und könne sich seine Arbeitszeit frei einteilen. Er werde nach Quadratmetern bezahlt, für einen Quadratmeter Plattenverlegen erhalte er 16 Euro. Der Bauleiter der Klägerin plane seinen Einsatz drei bis vier Tage im Voraus und sage ihm, was er zuerst erledigen soll. Er sei praktisch wie ein Angestellter der Klägerin, die ihm das benötigte Material stelle und bezahle. Wenn er Urlaub habe, verdiene er kein Geld. Es stehe ihm jedoch frei, einen Subunternehmer zu beauftragen. Für Schäden, die er eventuell verursache, hafte er selbst. Wenn er einen Auftrag nicht rechtzeitig oder falsch erledige, schicke die Klägerin die eigenen Leute, deren Lohn werde ihm dann von der Rechnung abgezogen. Die Angestellten der Klägerin machen dieselbe Arbeit wie er. Er fahre mit seinem eigenen Auto zu den Baustellen. Als Arbeitskleidung habe er einen Pullover und ein T-Shirt von der Klägerin bekommen, ansonsten müsse er seine Arbeitskleidung selbst kaufen.
Der Beigeladene zu 2) hat zum 15.09.2005 in S. ein Gewerbe in der Sparte Trockenbau angemeldet. Im Zeitraum vom 01.10.2007 bis zum 29.10.2007 stellte er der Klägerin seine Arbeitskraft als selbständig Tätiger in Rechnung. Im Rahmen einer Vernehmung durch einen Mitarbeiter des Hauptzollamtes C-Stadt am 12.08.2008 teilte er mit, auf drei Baustellen für die Klägerin im Bereich Trockenbau tätig gewesen zu sein. Zu dieser Zeit habe er keine weiteren Auftraggeber gehabt. Er habe jeweils einen mündlichen Auftrag durch den Bauleiter der Klägerin, Herrn H., erhalten. Dieser habe ihm immer gesagt, ob er nach Regiestunden oder nach Quadratmetern abrechnen soll und zu welchem Preis. Angebote an die Klägerin habe er nicht geschrieben. Er habe immer mit dem Beigeladenen zu 3) zusammengearbeitet. Der Bauleiter der Klägerin, Herr H., habe ihnen Arbeitsanweisungen gegeben, er habe gesagt, welche einzelnen Arbeiten auf der Baustelle auszuführen sind. Eigene ...