Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf Kostenerstattung des gesetzlichen Eigenanteils für eine Maßnahme zur künstlichen Befruchtung
Orientierungssatz
1. Der Kostenerstattungsanspruch des Versicherten für eine selbstbeschaffte Leistung nach § 13 Abs. 3 S. 1 2. Alt. SGB 5 setzt u. a. voraus, dass die wesentliche Ursache der Selbstbeschaffung in der Ablehnung der Leistung durch die Krankenkasse liegt. Hat sich der Versicherte unabhängig davon, wie eine Entscheidung der Krankenkasse ausfällt, von vornherein auf eine bestimmte Art der Krankenbehandlung festgelegt, so ist ein Kostenerstattungsanspruch ausgeschlossen (BSG Urteil vom 16. 12. 2008, B 1 KR 2/08).
2. Nach § 27a SGB 5 besteht ein Anspruch der Versicherten auf Übernahme des gesetzlichen Anteils für Maßnahmen der künstlichen Befruchtung für die ersten drei Versuche. Dazu zählen auch die, die nicht vollendet werden, sondern im Versuchsstadium verbleiben.
3. Gewährt die Krankenkasse Leistungen für mehr als drei Maßnahmen der künstlichen Befruchtung aufgrund ihrer Satzungsbestimmungen, so ist sie zur Kostenerstattung des gesetzlichen Eigenanteils für die weiteren Maßnahmen der künstlichen Befruchtung nicht verpflichtet.
Nachgehend
Tenor
I. Die Klage gegen den Bescheid vom 22. Mai 2017 in Fassung des Widerspruchsbescheids vom 28. September 2017 wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch der Klägerin auf Kostenerstattung des gesetzlichen Eigenanteils in Höhe von 50 % für eine Maßnahme zur künstlichen Befruchtung im November/Dezember 2017 streitig.
Die am 1981 geborene Klägerin und ihr Ehemann sind Mitglieder der Beklagten.
Am 17.10.2016 beantragte sie unter Vorlage eines Behandlungsplans der MVZ- K. in A. vom 12.10.2016 die Kostenübernahme für eine In-vitro-Fertilisation (IVF) mit Embryonentransfer.
Mit Bescheid vom 27.10.2016 genehmigte die Beklagte die Kosten des Behandlungsplans und bewilligte der Klägerin auch die Übernahme der Kosten ihres gesetzlichen Eigenanteils. Hierbei führte sie aus, dass bei Einreichung der Eigenanteilsrechnungen für nicht komplett durchgeführte Maßnahmen diese der Anzahl der auf den Behandlungsplan genehmigten Versuche angerechnet werde. Insgesamt würde die Übernahme des Eigenanteils für maximal drei Kinderwunschbehandlungen erteilt, jedoch nicht mehr als durch den Behandlungsplan genehmigte Maßnahmen.
Anschließend mussten die ersten zwei Behandlungszyklen abgebrochen werden und der dritte blieb ohne Erfolg.
Mit Bescheid vom 07.11.2016 und 14.12.2016 erstattete die Beklagte der Klägerin für den ersten begonnenen Behandlungszyklus Arzneimittelkosten in Höhe von 447,55 Euro und einen Arztkosteneigenanteil in Höhe von 103,89 Euro. Für den zweiten begonnenen Behandlungszyklus erstattete die Beklagte mit Bescheid vom 14.02.2017 und 29.05.2017 den Arzneimitteleigenanteil in Höhe von 478,59 Euro und den Arztkosteneigenanteil in Höhe von 104,83 Euro. Die Eigenanteile der Arzt- und Arzneimittelkosten für den dritten vollendeten Behandlungszyklus erstattete die Beklagte mit Bescheid vom 11.04.2017 der Klägerin in Höhe von 1.516,35 Euro.
Mit Schreiben vom 03.04.2017 beantragte die Klägerin unter Vorlage eines neuen Behandlungsplans vom 14.03.2017 sodann die Kostenübernahme für eine intrazytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI).
Mit Bescheid vom 20.04.2017 erklärte sich die Beklagte hierauf bereit, dafür Kosten für zwei Zyklen in Höhe des gesetzlichen Anteils von 50 % zu übernehmen.
Die Genehmigung für den gegebenenfalls erforderlichen dritten Zyklus bei Durchführung einer ICS-IVF-Behandlung erfolge unter dem Vorbehalt, dass in einem der beiden ersten Behandlungszyklen eine Befruchtung stattgefunden habe.
Dagegen wandte sich der Kläger in einem Telefonat am 12.05.2017 mit der Beklagten, in dem er u.a. ausführte, dass sie nicht darauf hingewiesen worden seien, dass auch abgebrochene Versuche angerechnet würden.
Mit Bescheid vom 22.05.2017 bewilligte die Beklagte der Klägerin daraufhin die Übernahme der Kosten des Eigenanteils für den vierten Versuch.
Hiergegen richtet sich der Widerspruch des Bevollmächtigten vom 22.06.2017.
Zur Widerspruchsbegründung wurde vorgetragen, dass die Beklagte damit geworben habe, den Eigenanteil in den Fällen der Kinderwunschbehandlung im Ergebnis zu 100 % zu finanzieren. Aufgrund dieser Werbung sei die Klägerin zur Beklagten gewechselt. Nunmehr gebe es im Leistungsfall allerdings Probleme, und zwar bei der Zählweise der bisher durchgeführten Behandlungszyklen; in Bezug auf den bevorstehenden Behandlungsversuch spreche die Beklagte vom vierten Versuch. Dies sei unrichtig. Bei zutreffender und richtlinienkonformer Bewertung der bisherigen Behandlungschronologie handle es sich bei dem bevorstehenden Versuch um den zweiten Versuch. Bezüglich der bisherigen Behandlung sei zu berücksichtigen, dass diese bisher mehrfach leider im Stadium der begonnenen Stimulation bereits habe abgebrochen werden ...