Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Einpersonenhaushalt im Landkreis Leer in Niedersachsen. Angemessenheitsprüfung. Vorliegen eines nachgebesserten schlüssigen Konzepts
Leitsatz (amtlich)
Das Mietwerterhebung für den Landkreis Leer (Ostfriesland) 2015 stellt nach zweiter Nachbesserung ein schlüssiges Konzept im Sinne der Rechtsprechung zur Ermittlung der Angemessenheitsgrenzen für die Kosten der Unterkunft im Bereich des SGB II wie auch SGB XII dar.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen
Kosten der Klägerin zu 90 %.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit der bewilligten Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) für die Klägerin in den Monaten Mai bis Oktober 2016 in Bezug auf die zugrunde gelegten Bedarfe für die Kosten der Unterkunft.
Die Klägerin ist am F. 1958 geboren und lebt im örtlichen Zuständigkeitsbereich des Beklagten in G. in der H.. Zunächst lebte sie bis zum Jahre 2015 gemeinsam mit ihrem Sohn in der auch im streitigen Zeitraum noch bewohnten Mietwohnung. Ausweislich einer Vermieterbescheinigung vom 25.02.2015 ist eine Kaltmiete von 310,00 € zuzüglich 30,00 € Nebenkosten und 95,00 € Heizkosten inkl. Warmwasser für 65 qm Wohnfläche zu zahlen (Bl. 652 der Akten). Die Klägerin bezog jedenfalls im Jahr 2016 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II von der für den Beklagten handelnden I..
Nachdem der Sohn der Klägerin Anfang 2015 auszog, forderte der Beklagte in einem Bescheid vom 28.04.2015 zur Senkung der Unterkunftskosten auf 272,00 € Bruttokaltmiete auf. Im gleichen Schreiben forderte er zur Absenkung der Heizkosten auf, jedoch ohne einen konkreten Betrag zu nennen. Ab dem 01.12.2015 würde nur noch der von ihm erwähnte Betrag der Mietkosten zugrunde gelegt (Bl. 660 f.). In der Folge bewilligte die für den Beklagten handelnde H. mit dem streitigen Bescheid vom 21.04.2016 die laufenden Leistungen für die Zeit von Mai 2016 bis Oktober 2016 für die Klägerin. Im Bescheid wurden im Bereich der Kosten der Unterkunft und Heizung 304,00 € brutto Kaltmiete zuzüglich 75,00 Heizkosten und 9,29 € Warmwasserkosten zentral aufgeführt (Bl. 738). Die Klägerin legte am 23.04.2016 Widerspruch ein (Bl. 743). Diesen wies der Beklagte mit dem streitigen Widerspruchsbescheid vom 05.07.2016 zurück und berief sich darauf, dass die von der Klägerin zu zahlenden Unterkunftskosten sich nicht als angemessen darstellten. Danach zog die Klägerin zum 01.09.2016 um und schloss einen neuen Mietvertrag für eine andere Wohnung (Bl. 752). Sie wohnte nicht mehr alleine, sondern mit einer Mitbewohnerin. Mit einem Bescheid vom 15.08.2016 änderte der Beklagte infolge des Umzuges die Leistungsbewilligung für September und Oktober 2016 wegen der Unterkunftskosten (Bl. 760).
Die Klägerin ist der Auffassung, dass die vom Beklagten vorgenommene Absenkung der ihr gewährten Bedarfe für die Kosten der Unterkunft nicht rechtmäßig erfolgt sei. Der Beklagte könne sich nicht auf ein schlüssiges und nachvollziehbares Konzept zur Ermittlung der am Wohnort der Klägerin angemessenen Kosten der Unterkunft berufen.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 21.04.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.07.2016 insoweit auch über das Anerkenntnis hinausgehend abzuändern, als dass der Beklagte für die Bedarfe der Kosten der Unterkunft für Mai bis August 2016 monatlich weitere 7,00 € an Leistungen nach dem SGB II nachzubewilligen hat.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist nach mehrfacher Nachbesserung der von ihm vorgenommen Ermittlung der angemessen Wohnkosten in seinen Zuständigkeitsbereich der Auffassung, dass sich die letzte Fassung dieser Ermittlungen als schlüssig und nachvollziehbar im Sinne der sozialgerichtlichen Rechtsprechung darstellt. Im Fall der Klägerin sei eine Absenkung auf dieses nunmehr nach seiner Auffassung angemessene Maß rechtmäßig erfolgt.
Das Verfahren hat zunächst aufgrund eines Ruhensbeschlusses vom 15.11.2018 geruht. Eine Wiederaufnahme des Verfahrens ist mit dem 15.08.2019 erfolgt.
Das Gericht hat am 11.02., 16.06. und 27.10.2020 mündliche Verhandlungen mit Beweisaufnahmen in dieser Angelegenheit durchgeführt. In den mündlichen Verhandlungen wurde umfassend zur Frage der Schlüssigkeit des Konzeptes des Beklagten zur Ermittlung der angemessenen Wohnkosten vorgetragen. Es wurden des Weiteren sachverständige Zeugen zur Erstellung und zur zugrunde gelegten Datenbasis befragt. Bezüglich des Ergebnisses der mündlichen Verhandlungen wird auf die in den Gerichtsakten befindlichen Protokolle Bezug genommen. In der Folge der Ergebnisse der ersten beiden mündlichen Verhandlungen hat der Beklagte sein für die Zeit ab dem 01.05.2015 erstelltes Konzept zur Ermittlung der angemessenen Kosten der Unterkunft (KdU) zweimal nachgebessert. Einmal ist die Nachbesserung im Hinblick auf den ausgewerteten Datenbesta...