Entscheidungsstichwort (Thema)
Kinderzuschlag. Überprüfungsantrag. Rücknahme für die Vergangenheit. Ermessensausübung
Leitsatz (amtlich)
Bei der Überprüfung nach § 44 SGB X iVm § 11 Abs 4 BKGG (juris: BKGG 1996) hinsichtlich der Rücknahme für die Vergangenheit ist im Rahmen der Ermessensausübung zu berücksichtigen, ob der Antragsteller Unterlagen nicht oder nicht vollständig eingereicht oder erforderliche Angaben nicht gemacht hat und die Familienkasse ihrer Beratungspflicht im Hinblick auf die erforderlichen Angaben bzw Unterlagen nachgekommen ist.
Tenor
I. Die Klage gegen den Bescheid vom 5. April 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. Januar 2015 wird abgelehnt.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Kläger für August 2007 bis Januar 2008 höherer Kinderzuschlag zusteht.
Der Kläger lebt zusammen mit seiner Ehefrau und seinen drei Kindern I. (geboren 2003), S. (geboren 2005) und P. (geboren 2007) in einem gemeinsamen Haushalt.
Erstmals am 29. August 2007 beantragte die Ehefrau des Klägers Kinderzuschlag bei der Beklagten. Unter Punk 7.21 des Antrages „Aufwendungen für das Arbeitsverhältnis“ und unter Punkt 7.22. des Antrages „Aufwendungen für Versicherungen“ wurde „nein“ angekreuzt. Angaben zu „Kfz-Versicherung (ohne Voll- bzw. Teilkasko), monatlicher Betrag in Euro (Punkt 7.222) und zu geförderte Altersvorsorgebeiträge („Riester-Rente“) monatlicher Betrag in Euro (Punkt 7.223) erfolgten nicht. Auf den Bezug von Arbeitslosengeld I durch den Kläger bis 21. Januar 2008 wurde hingewiesen.
Auf den Antrag hin bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 7. November 2007 Kinderzuschlag an die Ehefrau des Klägers für die Monate August bis Dezember 2007:
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- August 2007 in Höhe von: |
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349,00 €, |
- September 2007 in Höhe von: |
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362,00 €, |
- Oktober 2007 in Höhe von: |
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137,00 € und |
- November bis Dezember 2007 in Höhe von: |
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287,00 € monatlich. |
Der Widerspruch der Ehefrau des Klägers vom 9. November 2007 wurde mit Widerspruchsbescheid vom 4. Januar 2008 als unbegründet zurückgewiesen. Ab 9. Januar 2008 bezog die Bedarfsgemeinschaft des Klägers Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Am 28. Dezember 2007 reichte der Kläger den Antrag seiner Ehefrau auf Kinderzuschlag für Januar 2008 bei der Beklagten ein. Unter Punk 7.21 des Antrages „Aufwendungen für das Arbeitsverhältnis“ und unter Punkt 7.22. des Antrages „Aufwendungen für Versicherungen“ wurde „nein“ angekreuzt. Angaben zu „Kfz-Versicherung (ohne Voll- bzw. Teilkasko), monatlicher Betrag in Euro (Punkt 7.222) und zu geförderte Altersvorsorgebeiträge („Riester-Rente“) monatlicher Betrag in Euro (Punkt 7.223) erfolgten nicht.
Mit Bescheid vom 19. Mai 2008 lehnte die Beklagte den Weiterbewilligungsantrag der Ehefrau des Klägers vom 28. Dezember 2007 ab, da das Familieneinkommen ab 1. Januar 2008 nicht die Mindesteinkommensgrenze erreiche. Der hiergegen eingereichte Widerspruch vom 22. Mai 2008 wurde mit Widerspruchsbescheid vom 4. Juni 2008 als unbegründet zurückgewiesen.
Mit E-Mail vom 10. Oktober 2011 beantragte der Kläger erstmals die Überprüfung aller Bescheide ab August 2007. Er brachte vor, dass sich für August 2007 bis Dezember 2007 die volle Förderung von 420,00 € ergeben würde.
Am 1. Februar 2012 hat der Kläger Untätigkeitsklage (Sozialgericht Bayreuth, S 17 BK 3/12) hinsichtlich der Vornahme der Überprüfung der Bescheide vom 7. November 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Januar 2008 (Leistungszeitraum August bis Dezember 2007), vom 19. Mai 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Juni 2008 (Leistungszeitraum Januar 2008) und weiterer Bescheide erhoben.
Die Beklagte hat mit Bescheiden vom 5. April 2012 die Rücknahme der Bescheide vom 7. November 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Januar 2008, vom 19. Mai 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Juni 2008 abgelehnt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass sich keine Anhaltspunkte ergeben würden, wonach die ursprünglichen Verwaltungsentscheidungen fehlerhaft sein könnten.
Am 19. April 2012 reichte der Kläger Widerspruch ein. Die Nachzahlung für Elterngeld sei nicht zu berücksichtigen. Es seien keine Kinderbetreuungskosten, keine staatliche geförderten Altersvorsorgebeträge (Riesterrente) und keine Aufwendungen für eine Kfz-Haftpflichtversicherung berücksichtigt worden, es sei das Elterngeld nicht monatlich, sondern nach Zufluss angerechnet worden.
Mit Urteil vom 12. November 2014 hat das Gericht die Untätigkeitsklage des Klägers (S 17 BK 3/12) abgewiesen. Eine Berufung ist hierzu anhängig (Bayerisches Landessozialgericht, L 7 BK 1/15).
Die Beklagte hat mit Widerspruchsbescheid vom 30. Januar 2015 den Widerspruch vom 19. April 2012 als unbegründet zurückgewiesen. Der Kläger hätte in den Anträgen vom 29. August 2007 und 28. Dezember 2007 erklärt, dass alles vollständig sei. Der Kläger hätte die Entscheidung ohne Berücksichtigung der genannten Kosten selbst ve...