Entscheidungsstichwort (Thema)
Opferentschädigung. Vollbeweis des tätlichen Angriffs. kein Rückschluss aus Behandlungsbedürftigkeit des Opfers. Notwehr. Aussage gegen Aussage. Nichterweislichkeit
Leitsatz (amtlich)
Aus der Behandlungsbedürftigkeit des Opfers kann in der Regel nicht auf die erlittene Gewalttat geschlossen werden.
Tenor
I. Die Klage gegen den Bescheid des Beklagten vom 11. Mai 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Juni 2010 wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Feststellung Opfer eines vorsätzlichen rechtswidrigen tätlichen Angriffs nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) geworden zu sein.
Das Landgericht Z. hat im Berufungsurteil vom 24.04.2007 Sachverhalte, die sich am 18.06.2004 und 12.08.2004 zugetragen haben, als zweifelsfrei festgestellt:
Am 18.06.2004 (vom Kläger korrigiert als 12.06.2004) beabsichtigte der Kläger einen Hochsitz zu reparieren. Als sich der Kläger im oberen Bereich befand, brach der Sitz ab und der Kläger schlug auf dem Boden auf. Dadurch sei die rechte Bizepssehne gerissen, eine Rippe sei gebrochen und von der Schulter sei ein Stück abgesprungen. Der Kläger erlitt darüber hinaus Hämatome.
Am 12.08.2004 hielten sich der Kläger und der Zeuge A. T. im Revier des Klägers auf einen Hochsitz auf. In der Nähe befanden sich der Täter, dessen Schwiegervater und der Zeuge E. W.. Der Kläger, auf den Zeugen aufmerksam geworden, begab sich vom Hochsitz zu seinem Jeep und fotografierte den Zeugen E. W.. Der Täter äußerte gegenüber dem Kläger "Da oben fliegst du noch runter, du Drecksau".
Dagegen werden zum Vorfall vom 20.08.2004 die Ausführungen des Klägers wie folgt festgestellt: Der Kläger habe "sein Auto am Abend des 20.08.2004 an einem Fichtenbereich abgestellt, von wo man die Jagd D. nicht einsehen konnte. Gegen 21:00 Uhr habe er auf dem Grenzweg wieder ein Fahrzeug gehört, er sei sitzen geblieben, bis es fast dunkel war. Sodann wäre er vom Hochsitz runter gestiegen und zu seinem Fahrzeug am Rande des Fichtenbestandes gegangen. Am Fahrzeug habe er sein Gewehr in den Hinterraum gelegt und plötzlich ein Knacken hinter sich gehört sowie eine Stimme, welche sagte ‚Dich Drecksau bringe ich um'. Hierzu sei er vom [Täter], den er zwar vom Aussehen jedoch nicht namentlich kannte, von hinten mit beiden Händen gewürgt worden. Er hätte keine Luft bekommen. Aufgrund seiner ehemaligen Tätigkeit als Polizeibeamter habe er sich instinktiv nach unten fallen lassen, wodurch der [Täter] loslassen musste. Er habe sein Gewehr aus dem Auto sowie einem dort befindlichen Zimmermannshammer genommen, da habe sich der [Täter] vom Ort des Geschehens entfernt. Er sei dem [Täter] hinterher gegangen und habe mehrfach zu ihm gesagt ‚Bleiben Sie stehen, ich habe die Polizei gerufen'. Bei dem Hinterherlaufen hätte ihn der [Täter] auch mehrfach angefasst, um ihn am weiterlaufen zu hindern. In einer Entfernung von 100 bis 150 Meter vom ersten Ort des Geschehens habe sich der [Täter] herumgedreht und er, der [Kläger], hätte vom [Täter] einen Schlag gegen das Knie bekommen, wodurch er zusammengesackt sei. Vorher habe er sein Gewehr weggeworfen, auch der Hammer habe keine Rolle gespielt. Nach dem Zusammensacken sei der [Täter] auf ihn drauf und habe ihn mindestens eine Minute mit zwei Händen gewürgt, wodurch er keine Luft mehr bekam. Sodann habe der [Täter] mit seiner rechten Hand in die rechte Tasche gegriffen und ein Handy herausgeholt und in das Handy gebrüllt ‚ich habe die Drecksau, komm schnell'. Er habe versucht, den [Täter] wegzudrücken, was aber nicht ging, weil er mit dem Kopf nach unten lag. In der Situation des Telefonierens sei es ihm gelungen, den [Täter] mit den Beinen über sich zu schleudern, wodurch der [Täter] den Hang nach unten rollte. Er selbst sei den Hang . . . nicht heruntergeholt."
Die Aussage des Täters wird so festgestellt: Er "sei über das Feld gegangen und habe am Waldrand den Pkw des [Klägers] und dahinter den [Kläger] wahrgenommen. Der [Kläger] sei auf ihn zugelaufen, er habe noch versucht, ihm auszuweichen und sei deswegen in einem Winkel von 45° nach rechts gegangen. Ca. 20 m vor einem dort auf dem Feld befindlichen Abhang sei der [Kläger] mit seinem Gewehr unter dem Arm auf ihn zugekommen und habe ihn am gebrüllt, was er hier zu suchen habe. Er, der [Täter] sei festgenommen und solle mit nach L. kommen. Er hätte zu dem [Kläger] gesagt, er habe wohl nicht alle Tassen im Schrank. Hierauf sei der vom [Kläger] acht- bis neunmal angerempelt worden. Bei dem siebten oder achten Mal Anrempeln habe der [Kläger] mit seiner linken Hand einen Hammer hochgehoben. Hierauf hätte der [Täter] sein Handy gezogen und die eingespeicherte Nummer seines Sohnes E. gewährte, dieser sei jedoch nicht an das Telefon gegangen. Daraufhin habe er die eingespeicherte Nummer seines Sohnes G. gewählt und als jemand ans Telefon ging, ins Handy gerufen ‚Hilfe der will mich erschlagen'. Als er das Handy in seine rechte Tasche steckte, habe der ...