Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. Höhe der Terminsgebühr. Abschlag auf die Mittelgebühr bei unterdurchschnittlicher Terminsdauer

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Terminsdauer von nur sechs Minuten rechtfertigt grundsätzlich einen merklichen Abschlag auf die Mittelgebühr der Terminsgebühr nach Nr. 3106 RVG-VV. Die Gründe für die kurze Terminsdauer sind hierbei unbeachtlich.

 

Tenor

Die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin des Sozialgerichts vom 23. Februar 2010 (Az. S 121 AS …/08) wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

Die zulässige Erinnerung vom 01.04.2010, hier eingegangen am selben Tag, ist nicht begründet. Die Festsetzung der Termins- und Einigungsgebühr ist nicht zu beanstanden.

Die Kammer verweist zunächst auf die Ausführungen im angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss sowie auf die zutreffenden Darlegungen in der Erinnerungserwiderung vom 30.04.2010. Eine Grundlage für die Festsetzung der beantragten Mittelgebühren kann auch die Kammer nicht erkennen.

Die Mittelgebühr nach Nr. 3106 VV RVG ist nicht, wie vom Erinnerungsführer behauptet, ohne erkennbaren Grund auf 128,00 € gekürzt worden. Zutreffend wurde im Beschluss herausgestellt, dass aufgrund der Terminsdauer von nur sechs Minuten hier ein merklicher Abschlag auf die Mittelgebühr angezeigt ist (vgl. zur durchschnittlichen Terminsdauer von 30-45 Minuten: SG Berlin, Beschluss v. 25.01.2010, S 165 SF 1315/09 E). Mit dieser unterdurchschnittlichen Terminsdauer ist zwangsläufig eine besonders umfangsarme Anwaltstätigkeit verbunden. Aus welchen Gründen es zu der kurzen Terminsdauer gekommen ist, ist bei der Gebührenbemessung nach § 14 RVG nicht von Bedeutung. Denn bei der Bemessung der Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG kann gem. § 14 Abs. 1 S. 1 RVG nur der Umfang und die Schwierigkeit der konkreten Anwaltstätigkeit im Termin berücksichtigt werden. Das ist vom Erinnerungsgegner zutreffend erkannt worden. Es ist daher unerheblich, dass die kurze Terminsdauer auf eine mit dem Bevollmächtigten abgesprochene besonders gründliche Terminsvorbereitung durch den Kammervorsitzenden zurückzuführen ist, wobei der Vorsitzende auch Rücksprachen mit dem Beklagten gehalten hat.

Weiter kann die Kammer aus der Erinnerungsbegründung nicht erkennen, welche (besonderen) Tätigkeiten des Bevollmächtigten im Termin eine höhere Terminsgebühr rechtfertigen sollen. Dass der Kammervorsitzende vor dem Termin zwecks rascher Erledigung Rücksprache mit der Beklagten gehalten hatte, kann jedenfalls die beantragte Mittelgebühr nicht tragen. Wenn durch diese Art und Weise der Terminsvorbereitung außerhalb der Verhandlung besonderer Arbeitsaufwand bei dem Bevollmächtigten angefallen sein sollte, hätte er das im Rahmen der Bestimmung der Verfahrensgebühr berücksichtigen können und müssen.

Der hohen Bedeutung der Angelegenheit für den Erinnerungsführer stehen dessen deutlich unterdurchschnittliche wirtschaftlichen Verhältnisse als SGB II-Leistungsempfänger gegenüber (sog. Kompensationstheorie, vgl. BSG, Urteil v. 01.07.2009, B 4 AS 21/09 R). Ein besonderes Haftungsrisiko für den Bevollmächtigten ist nicht ersichtlich.

Die Kammer kann unter Berücksichtigung der vorstehenden Umstände nicht erkennen, dass die Festsetzung der Terminsgebühr mit 128,00 € zu niedrig ausfällt. Die geringen Anforderungen an die Anwaltstätigkeit im Termin lassen eine höhere Festsetzung nicht zu. Ob der Betrag für die Terminsgebühr eventuell zu hoch angesetzt worden ist, hat die Kammer nicht zu entscheiden, da eine Erinnerung durch den Erinnerungsgegner nicht eingelegt worden ist.

Soweit die Festsetzung der Einigungsgebühr nach Nrn. 1005, 1006 VV RVG angefochten wird, ergibt sich aus der Erinnerung keine Begründung. Die Kammer kann auch hier nicht erkennen, dass der insoweit festgesetzte Betrag von 126,00 € zu niedrig ausgefallen ist. Die Anforderungen an die Anwaltstätigkeit waren hinsichtlich des Gerichtsvergleichs ebenfalls merklich unterdurchschnittlich. Der Kammervorsitzende hat offenbar den geschlossenen Vergleich vorbereitet. Nach wenigen Minuten der Verhandlung wurde der Vergleich, der nicht umfangreich oder schwierig war, protokolliert. Hinsichtlich der übrigen Bemessenskriterien wird auf die obigen Ausführungen verwiesen. Gründe für das Festsetzen einer höheren Einigungsgebühr kann das Gericht daher nicht feststellen.

Die Erinnerung war nach alledem als unbegründet zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung für das Erinnerungsverfahren beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.

Die Kammer hält im Einklang mit der Rechtsprechung der 164. Kammer und 165. Kammer des Sozialgerichts Berlin eine eigenständige Kostenentscheidung auch im Erinnerungsverfahren für notwendig, und zwar aus den z. B. in den Beschlüssen der 164. Kammer des Sozialgerichts Berlin - S 164 SF 118/09 E vom 6. März 2009 - und der 165. Kammer des Sozialgerichts Berlin - S 165 SF 11/09 E vom 2. Februar 2009 - grundsätzlich dargelegten Gründen.

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