Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. Mehrere Auftraggeber. Bedarfsgemeinschaft. Erhöhung der Verfahrensgebühr. Begrenzung auf das Dreifache des Ausgangsbetrages

 

Leitsatz (amtlich)

Aus Nr 1008 Abs 3 RVG-VV folgt, dass der Rahmen der erhöhten Betragsgebühren höchstens dem Dreifachen des jeweiligen Mindest- und Höchstbetrages entsprechen darf.

 

Tenor

Die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin des Sozialgerichts vom 16. August 2010 (Az. S 137 AS …./10) wird zurückgewiesen.

Der Erinnerungsführer hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Erinnerungsgegner zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Erinnerungsgegner, eine Mutter mit ihren acht zum Teil minderjährigen Kindern, beantragten, vertreten durch ihren Prozessbevollmächtigten, die Überprüfung eines Bewilligungsbescheides über Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Nach Ablauf von mehr als einem Jahr erhoben Sie am 31. März 2010 Untätigkeitsklage mit dem Antrag, den Erinnerungsführer zur Bescheidung ihres Überprüfungsantrags aus dem Jahr 2009 zu verpflichten.

Im Klageverfahren teilte der Erinnerungsführer mit, dass mit dem Bescheid vom 20.04.2010 über den Überprüfungsantrag entschieden worden sei. Zugleich erklärte er sich bereit, die notwendigen außergerichtlichen Kosten dem Grunde nach zu übernehmen.

Mit Schriftsatz vom 26. April 2010 nahmen die Erinnerungsgegner das Anerkenntnis des Erinnerungsführers an und beantragten die Festsetzung von Gebühren und Auslagen in Höhe von insgesamt 476,00 Euro. Der Prozessbevollmächtigte berechnete die Kosten wie folgt:

Verfahrensgebühr nach Nr. 3102, 1008 VV RVG 

 300,00 EUR

Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG

 80,00 EUR

Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV RVG

 20,00 EUR

Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV RVG

 76,00 EUR

Gesamtbetrag

 476,00 EUR

Der Erinnerungsführer nahm trotz Erinnerung zum Kostenfestsetzungsantrag nicht Stellung Mit Beschluss vom 16. August 2010 setzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle daraufhin die dem Erinnerungsführer zu erstattenden Kosten auf “476,00 EUR (zweihundertachtunddreißig 00/100 Euro)„ fest. In den Gründen führte die Urkundsbeamtin im Wesentlichen aus, die Gebühren seien antragsgemäß festzusetzen gewesen.

Gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss richtet sich die Erinnerung vom 19. August 2010, die hier am 23. August 2010 eingegangen ist. Der Erinnerungsführer meint, der Tenor des Beschlusses sei zu unbestimmt. Einerseits würden im Tenor 476,00 € festgesetzt. Andererseits werde in Worten der Betrag mit zweihundertachtunddreißig beziffert. Auch die aufgeführte Zusammensetzung weise lediglich einen Betrag von 238,00 € aus. Zudem seien insgesamt nur 357,00 € erstattungsfähig (Verfahrensgebühr Nr. 3102 VVV RVG: 100,00 €, Erhöhungsgebühr Nr. 1008: 100,00 €, Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG: 80,00 €, Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG: 20,00 € und Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG: 57,00 €). Nach Nr. 1008 VV RVG habe eine Erhöhung maximal bis zum Doppelten des Ausgangswertes zu erfolgen. Insoweit verweist er auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 21.12.2009 (Az. B 14 AS 83/08 R). Daher habe die Kostenfestsetzung nur in dem von ihm genannten Umfang stattzufinden.

Die Erinnerungsgegner verteidigen den angefochtenen Beschluss. Sie meinen, aus dem insoweit im Lichte der Gründe auszulegenden Tenor ergebe sich eindeutig ein Erstattungsbetrag von 476,00 €. Der falsche Betrag in Worten sei ein Versehen. Aus dem Wortlaut der Nr. 1008 VV RVG ergebe sich, dass die maximale Erhöhung vom Doppelten des Ausgangswertes sich nur auf die Erhöhung beziehe. Das heiße, dass lediglich der Erhöhungsbetrag das Doppelte des Ausgangswertes nicht übersteigen solle. Mithin betrage die maximale Gebühr nach Nr. 3102, 1008 VV RVG das 3-fache des Mindest- und Höchstbetrags. Die Berechnung der maximalen Erhöhung sei nicht Gegenstand der vom Erinnerungsführer genannten Entscheidung des Bundessozialgerichts gewesen.

II.

Die Kammer geht mit den Erinnerungsgegnern davon aus, dass in dem streitigen Beschluss ein Betrag von 476,00 € festgesetzt worden ist und die anders lautende wörtliche Formulierung auf einem Versehen beruht. Insoweit ergibt die Auslegung anhand der Gründe des Beschlusses unmissverständlich, dass eine antragsgemäße Festsetzung erfolgen sollte. Auch wird der Betrag von 476,00 € eingangs der Gründe ausdrücklich benannt. Soweit im Tenor und in der Aufstellung der Gebührentatbestände nur ein Betrag von 238,00 € aufgeführt wird, beruht dies offensichtlich auf der Verwendung eines Textbausteins, den die Urkundsbeamtin insoweit nicht an den konkreten Fall angepasst hat. Denn im Regelfall einer Untätigkeitsklage fallen nach ständiger Rechtsprechung der Kostenkammern zu erstattende Kosten in Höhe von 238,00 € an.

Die Erinnerung gegen den so verstandenen Kostenfestsetzungsbeschluss ist zulässig, aber nicht begründet. Zu Unrecht geht der Erinnerungsführer davon aus, dass nach Nr. 1008 VV RVG der Mindest- und Höchstbetrag ...

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