Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Kostenfestsetzungsverfahren. Rechtsanwaltsvergütung. Festsetzungstenor. Gesamtbetrag. Falschbezeichnung einer Gebühr. Nichtbeantragung einer bestimmten Gebühr. Möglichkeit des Gebührentausches. richterliche Überprüfung im Erinnerungsverfahren
Leitsatz (amtlich)
Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle setzt einen Gesamtbetrag fest; damit ist ein Gebührentausch bei den einzelnen Berechnungspositionen jederzeit möglich.
Orientierungssatz
Eine Falschbezeichnung der Gebühr schadet ebenso wenig wie die Tatsache, dass eine bestimmte Gebühr nicht beantragt und vom Urkundsbeamten auch nicht im Wege des Gebührentausches festgesetzt wurde, da die Gebührenbezeichnung nicht Gegenstand des Festsetzungstenors wird.
Tenor
Auf die Erinnerung des Erinnerungsführers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten des Sozialgerichts vom 6. März 2007 werden die von dem Erinnerungsgegner zu erstattenden Kosten auf 232,00 EUR festgesetzt. Die weitergehende Erinnerung wird zurückgewiesen.
Die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Erinnerungsverfahrens hat der Erinnerungsgegner zu erstatten.
Gründe
Auf die zulässige Erinnerung waren die zu erstattenden Kosten auf den Betrag von 232,00 EUR lt. nachstehender Berechnung festzusetzen:
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Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV RVG |
100,00 EUR |
Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG |
80,00 EUR |
Post- und Telekommunikationsdienstleistungen Nr. 7002 VV RVG |
20,00 EUR |
Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG (16% 2006) |
32,00 EUR |
Summe |
232,00 EUR |
Die die Kammer weist zunächst darauf hin, dass der Urkundsbeamte zu Recht die Festsetzung der Erledigungsgebühr nach Nr. 1006 VV RVG abgelehnt hat.
Nach der Vorschrift entsteht die Gebühr, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise nach Aufhebung oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsakts durch die anwaltliche Mitwirkung erledigt. Das Gleiche gilt, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise durch Erlass eines bisher abgelehnten Verwaltungsakts erledigt.
Im Gegensatz dazu ist Streitgegenstand einer Untätigkeitsklage nach § 88 SGG generell der bloße Erlass eines - aufgrund reiner Untätigkeit ausstehenden - Verwaltungsaktes, nicht dessen Anfechtung und auch nicht der Erlass eines von der Behörde abgelehnten Verwaltungsaktes.
Die von dem Erinnerungsführer zitierten Entscheidungen der Sozialgerichte Mannheim (vom 6. September 2005 - S 4 KR 2037/05 -) und Nürnberg (vom 4. Oktober 2006 - S 14 R 813/05 KO) stellen Mindermeinungen dar. Entgegen stehen die von dem Urkundsbeamten im angefochtenen Beschluss und vom Erinnerungsgegner in seinem Schriftsatz vom 6. Januar 2009 zitierten Beschlüsse der Sozialgerichte Berlin (vom 18. Januar 2006 - S 81 KR 378/05 -), Reutlingen (vom 9. Juni 2006 - S 12 AS 2202/06 A -) und Würzburg (vom 2. November 2007 - S 2 SF 10/07 Ko und vom 13. März 2008 - S 2 SF 25/08 Ko -).
Allerdings haben der Urkundsbeamte sowie der Erinnerungsführer verkannt, dass vorliegend eine Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG angefallen ist. Nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift fällt die Terminsgebühr auch an, wenn das Verfahren nach angenommenem Anerkenntnis ohne mündliche Verhandlung endet (dazu für den vorliegenden Fall einer “fiktiven„ Terminsgebühr bei der Untätigkeitsklage weiter unten). Eine Falschbezeichnung schadet ebenso wenig wie im vorliegenden Fall die Tatsache, dass eine Terminsgebühr nicht beantragt und vom Urkundsbeamten auch nicht im Wege des Gebührentausches festgesetzt wurde, da die Gebührenbezeichnung nicht Gegenstand des Festsetzungstenors wird, sondern lediglich der Gesamtbetrag der festzusetzenden Kosten. Darüber hinaus überprüft das Gericht die Festsetzung in vollem Umfang und entscheidet nach eigenem Ermessen. Zwar ist eine Verböserung (reformatio in peius) nicht zulässig, einzelne Posten können allerdings anders abgegrenzt werden, sofern nur der Gesamtbetrag nicht unterschritten wird (Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz mit Erläuterungen, 9. Aufl. 2008, § 197 Rz. 10). Wenn nach Auffassung der erkennenden Kammer aufgrund der nachfolgenden Darlegungen ein Gebührentausch durch den Urkundsbeamten grundsätzlich möglich ist, so gilt dies erst recht für das Gericht im Rahmen der Überprüfung im Erinnerungsverfahren.
Die 165. Kammer teilt zur Möglichkeit des Gebührentausches grundsätzlich die von der 164. Kammer in deren Beschluss vom 21. Januar 2009 - S 164 SF 10/09 E- dargelegte Auffassung und macht sich deren Begründung zu eigen. In dieser Grundsatzentscheidung heißt es:
“Der Erinnerungsführer wendet sich gegen die von der Urkundsbeamtin vorgenommene Festsetzung einer Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG, obgleich diese Gebühr in dem Kostenfestsetzungsantrag des Bevollmächtigten der Erinnerungsgegnerin … nicht benannt ist. Der Erinnerungsführer rügt einen fundamentalen Verstoß gegen geltendes Prozessrecht. Dem kann die Kammer im Ergebnis nicht beitreten.
Bereits nach dem Wortlaut des § 197 Abs. 1 SGG setzt der Urkundsbeamte den BETRAG der zu erstattenden Kosten fest...