Entscheidungsstichwort (Thema)
Rentenversicherungsfreiheit. Rechtsreferendar. öffentlich-rechtliches Ausbildungsverhältnis. Gewährung einer zusätzlichen Vergütung neben der Unterhaltsbeihilfe von der ausbildenden Stelle (hier: Rechtsanwalt). keine Trennung der vom Ausbildungszweck freien Beschäftigung von der Ausbildungsbeschäftigung
Leitsatz (amtlich)
Ein Rechtsreferendar, der im Rahmen seines Vorbereitungsdienstes einem Rechtsanwalt zur Ausbildung zugeteilt ist und während dieser Ausbildungsstation neben der Unterhaltsbeihilfe von dem Rechtsanwalt eine zusätzliche Vergütung erhält, ist gemäß § 5 Abs 1 S 1 Nr 2 und S 2 Nr 4 SGB 6 rentenversicherungsfrei, wenn sich eine Trennung der verrichteten Arbeiten in einen ausbildungsbezogenen Teil und eine hiervon unabhängige Beschäftigung anderer Art nicht vornehmen lässt.
Orientierungssatz
Zum Leitsatz vgl BSG vom 31.5.1978 - 12 RK 25/77 = SozR 2200 § 1229 Nr 8, 12 RK 48/76 = BSGE 46, 241 = SozR 2200 § 1229 Nr 7 und 12 RK 49/76.
Tenor
Der Bescheid der Beklagten vom 13.03.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.08.2013 wird aufgehoben.
Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger den Arbeitnehmeranteil der von der Beigeladenen zu 1) für ihn im Zeitraum vom ... bis ... entrichteten Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zu erstatten und dem Grunde nach mit 4 % zu verzinsen.
Die Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Erstattung des Arbeitnehmeranteils von Beiträgen zur Rentenversicherung in Höhe von 954,24 €, die die Beigeladene zu 1) während des juristischen Vorbereitungsdienstes für ihn abgeführt hat.
Der Kläger hat vom ….2010 bis zum ….2012 am Kammergericht (KG) den juristischen Vorbereitungsdienst absolviert. Im Rahmen der Pflichtstation “Rechtsanwalt„ des Referendariats wurde er vom ... bis zum ... der Beigeladenen zu 1) zugewiesen. Er erhielt von dieser ein zusätzliches Entgelt neben seiner vom KG weitergezahlten Unterhaltsbeihilfe. Die Beigeladene zu 1) entrichtete für den Kläger insgesamt einen Arbeitnehmeranteil in Höhe von 954,24 € an die Beigeladene zu 2).
Am 25.07.2012 stellte der Kläger bei der Beklagten als Einzugsstelle einen Antrag auf Erstattung der entrichteten Rentenversicherungsbeiträge. Er vertrat u.a. die Auffassung, dass die Abführung der Rentenversicherungsbeiträge durch die Beigeladene zu 1) zu Unrecht erfolgt wäre, da es sich bei seiner Tätigkeit für diese wie bei sämtlichen anderen Ausbildungsstationen ausschließlich um einen Teil des juristischen Vorbereitungsdienstes gehandelt hätte, der nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) rentenversicherungsfrei sei. Insbesondere handele es sich nicht um eine weitere Beschäftigung, für die eine Gewährleistungsentscheidung hätte ergehen müssen. Der Anspruch auf Rückerstattung der Beiträge folge aus § 26 Abs. 2 und 3 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV). Der Betrag sei gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB IV in Höhe von 4 % zu verzinsen.
Mit Bescheid vom 13.03.2013 lehnte die Beklagte den Erstattungsantrag ab. Zur Begründung führte sie u.a. aus, dass eine Gewährleistungserstreckungsentscheidung der obersten Landesverwaltungsbehörde nicht vorliege. Daher sei für die Beurteilung der Rentenversicherungspflicht während der Wahlstation zu unterscheiden, ob es sich um eine Vergütung ohne zwingenden Rechtsgrund oder ein Arbeitsentgelt aus einer neben der Ausbildung bestehenden Zweitbeschäftigung handele. Ein einheitliches Beschäftigungsverhältnis zum Dienstherrn sei dann anzunehmen, wenn durch die Wahlstation eine zusätzliche Vergütung ohne zwingenden Rechtsgrund gewährt werde. Die Vergütung sei von der Beigeladenen zu 1) nicht ohne zwingenden Rechtsgrund gezahlt worden; es habe eine vertragliche Vereinbarung zur Zahlung des Entgelts bestanden. Die Beschäftigung des Klägers bei der Beigeladenen zu 1) stelle somit kein einheitliches Beschäftigungsverhältnis zum Dienstherrn dar. Die gezahlten Beiträge zur Rentenversicherung seien somit zu Recht entrichtet worden - eine Erstattung könne nicht erfolgen.
Der Kläger legte gegen den Bescheid Widerspruch ein. Die Rechtslage sei abschließend durch das Bundessozialgericht (BSG) geklärt. Mit Widerspruchsbescheid vom 21.08.2013 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.
Mit seiner am 29.08.2013 beim Sozialgericht Berlin eingegangenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er trägt u.a. vor, dass Referendare in der gesetzlichen Rentenversicherung grundsätzlich versicherungsfrei seien, im Land Berlin folge dies aus § 12 Abs. 3 des Gesetzes über die Ausbildung von Juristinnen und Juristen im Land Berlin (JAG) i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 Nr. 4 SGB VI. Vereinbarungen zwischen der Beigeladenen zu 1) und “einer Vielzahl von Oberlandesgerichten„ berührten seinen versicherungsrechtlichen Status nicht. Die eigenverantwortlich durch die Beigeladene zu 1) abgegebenen Verpflichtungserklärungen berührten...