Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. einseitige Erledigungserklärung. Feststellung der Erledigung in der Hauptsache. kostenpflichtiges Verfahren. Streitwertfestsetzung. Berichtigung einer Arbeitsbescheinigung
Leitsatz (amtlich)
1. Bei einer einseitigen Erledigungserklärung des Klägers ist in gerichtskostenpflichtigen Verfahren durch Urteil über die Erledigung der Hauptsache zu entscheiden.
2. Die Feststellung der Erledigung in der Hauptsache setzt grundsätzlich nicht voraus, dass die ursprüngliche Klage zulässig oder begründet gewesen ist.
3. Die Erledigung des Rechtsstreits ist nur in Ausnahmefällen aufgrund einer ursprünglichen Unzulässigkeit oder Unbegründetheit der Klage abzulehnen, wenn der Beklagte entsprechend § 131 Abs 1 S 3 SGG ein schutzwürdiges Interesse daran hat.
4. Die Kostenentscheidung bei der Erledigungsfeststellungsklage richtet sich nach § 197a Abs 1 S 1 SGG i. V. m. § 154 Abs 1 VwGO.
5. Bei einer Klage auf Korrektur einer Arbeitsbescheinigung gemäß § 312 SGB 3 richtet sich der Streitwert nach einem 1/10 des Betrags, dessen Änderung begehrt wird. Kann ein streitiger Betrag nicht beziffert werden, ist 1/10 des Auffangstreitwerts als Streitwert anzusetzen.
Tenor
1. Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit sich in der Hauptsache erledigt hat.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.
3. Der Streitwert wird auf 500,00 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Streitig ist zwischen den Beteiligten die Feststellung der Erledigung der Hauptsache, nachdem zuvor die Korrektur einer von der Beklagten ausgestellten Arbeitsbescheinigung im Streit stand.
Das Arbeitsverhältnis der Klägerin wurde durch die Beklagte zum 15.04.2006 gekündigt. Die Klägerin meldete sich zum 01.05.2006 arbeitslos.
Mit dem Inhalt der von der Beklagten ausgestellten Arbeitsbescheinigung gem. § 312 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) war die Klägerin nicht einverstanden. Sie erhob daher, vertreten durch ihren ehemaligen Prozessbevollmächtigten, durch Schriftsatz vom 19.06.2006 Klage beim Sozialgericht Berlin und begehrte damit die Verurteilung der Beklagten zur Änderung der ausgestellten Arbeitsbescheinigung. Sie verlangte die Erklärung, dass es sich um eine betriebsbedingte Kündigung gemäß § 1a KSchG gehandelt habe, bei der eine Sozialauswahl vorgenommen worden sei (Anträge zu lit. a und b). Zudem beanstandete sie, dass das Arbeitsentgelt für April 2006 mit 425,00 € statt 2.550,00 € angegeben worden ist (Antrag zu lit. c).
Die Beteiligten führten zwei Prozesse vor dem Arbeitsgericht Berlin, die die Kündigung und die Höhe des der Klägerin noch zustehenden weiteren Arbeitsentgelts betrafen. Diese Verfahren wurden durch Prozessvergleiche vom 26.10.2006 und 04.05.2007 beendet. Entsprechend den Regelungen dieser Vergleiche erfolgte auch eine Abänderung der Arbeitsbescheinigung durch die Beklagte.
Durch Schriftsatz vom 22.03.2007 beantragte der ehemalige Bevollmächtigte der Klägerin zuletzt, dass das Arbeitsentgelt für April 2006 mit dem Betrag von 1.300,00 € zu bescheinigen ist. Die ursprünglichen Anträge zu litera a) und b) erklärte er für erledigt. Mit Schriftsatz vom 08.02.2011 hat die Klägerin persönlich den Rechtsstreit unter Hinweis auf den Vergleich vor dem Arbeitsgericht für erledigt erklärt. Die Beklagte hat dieser Erledigungserklärung widersprochen.
Die Klägerin beantragt,
festzustellen, dass der Rechtsstreit sich in der Hauptsache erledigt hat.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise die Kosten des Rechtsstreits der Klägerin aufzuerlegen.
Sie widerspricht der Erledigungserklärung und meint, für eine solche Erklärung sei kein Raum, da die Klage vollumfänglich von Anfang an unbegründet gewesen sei.
Bezüglich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die vorliegende Gerichtsakte sowie auf die beigezogene Gerichtsakte des Arbeitsgericht Berlin (Az. 63 Ca …/06) verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Feststellungsklage ist zulässig und begründet.
Die auf die Feststellung der Erledigung gerichtete Klage ist auch in diesem sozialgerichtlichen Verfahren zulässig, da es sich um ein gerichtskostenpflichtiges Verfahren gem. § 197a Sozialgerichtsgesetz (SGG) handelt und somit die verwaltungsprozessrechtlichen Grundsätze zur einseitigen Erledigungserklärung gelten (vgl. BSG, Beschluss v. 29.12.2005, B 7a AL 192/05 B; LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 20.10.2010, L 5 KA 352/09; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 125 Rn. 10). Die Zulässigkeit der Änderung des Klageantrags ergibt sich aus § 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG, da in dem Feststellungsantrag eine Beschränkung des Klageantrags zu sehen ist, die nicht als Klageänderung zu werten ist (vgl. Keller, a. a. O.).
Die Klage ist begründet. Eine Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache ist eingetreten. Voraussetzung für diese Erledigung ist, dass der Kläger infolge eines nachträglich eingetretenen Ereignisses sein Klagebegehren nicht mehr mit Aussicht auf Erfolg weiterverfolgen kann, diesem vielmehr rechtlich oder tatsächlich die Grundlage entzog...