Entscheidungsstichwort (Thema)
Asylbewerberleistung. Grundleistung. Anspruchseinschränkung nach § 1a Nr 2 AsylbLG. Verfassungsmäßigkeit. unabweisbar gebotene Leistung
Leitsatz (amtlich)
1. Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 1a Nr 2 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) ist eine Kürzung der Leistungen nach § 3 AsylbLG möglich und nicht verfassungswidrig. Dies ist auch mit der Entscheidung des BVerfG vom 18.7.2012 - 1 BvL 10/10 ua = BVerfGE 132, 134 = SozR 4-3520 § 3 Nr 2 vereinbar.
2. Soweit im Einzelfall keine Besonderheiten vorliegen, kann eine Kürzung der Leistungen nach § 3 AsylbLG - bemessen gemäß der Entscheidung des BVerfG vom 18.7.2012 - 1 BvL 10/10 ua aaO - um die Beträge der Abteilungen 9 bis 11 erfolgen. Die Beträge der Abteilungen 7, 8 und 12 gehören jedoch zum unabweisbar Gebotenen.
Tenor
Der Bescheid des Beklagten vom 11. März 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. April 2013 wird abgeändert. Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger unter Abänderung des Bescheides vom 17. August 2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 31. Oktober 2012 für die Zeit vom 1. August 2012 bis 31. Dezember 2012 weitere Leistungen nach dem AsylbLG i.H.v. 78,98 € monatlich zu gewähren.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Der Beklagte hat dem Kläger 2/5 seiner notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Gewährung von höheren Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG).
Der aus dem Libanon stammende Kläger reiste 1999 nach Deutschland ein. Er gab als Namen A. A. al M. und als Geburtsdatum den ….1984 an. Seine Staatsangehörigkeit sei ungeklärt. Seine Personalpapiere habe er im Libanon gelassen.
Sein Asylantrag wurde mit Bescheid vom 16. April 2000 bestandskräftig abgelehnt und der Kläger aufgefordert, Deutschland binnen einer Woche zu verlassen. Sonst werde er abgeschoben.
Am 28. Juni 2000 wurde er aufgefordert, u.a. Heimreisedokument, sonstige Identitätsnachweise und Lichtbilder mitzubringen. Dem kam der Kläger jedoch nicht nach. Daraufhin erfolgte im September die Aussetzung der Abschiebung (Duldung). Er erhielt in den Folgezeiträumen mit Ausnahme der Strafhaftzeiten jeweils weiter befristete Duldungen gem. § 60a Abs. 2 S. 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG).
Mit bestandskräftigem Bescheid vom 3.4.2008 wurde der Kläger ausgewiesen. Aufgrund seines selbst verschuldeten Passlosigkeit könne er derzeit nicht abgeschoben werden. Er werde aufgefordert einen gültigen Reisepass oder Passersatz vorzulegen. Er sei verpflichtet, ein solches Dokument unverzüglich zu beantragen. Passanträge wurden dem Kläger ausgehändigt.
Am 16. April 2008 wurde er erneut zur Mitwirkung an der Passbeschaffung aufgefordert und am 20.1.2009 daran erinnert. Der Kläger weigerte sich jedoch, Passanträge auszufüllen.
Eine Abschiebung nach Entlassung aus der Strafhaft konnte mangels Mitwirkung des Klägers an der Passbeschaffung nicht erfolgen.
Im Dezember 2011 legte der Kläger seinen inzwischen ungültigen libanesischen Nationalpass vom 17.12.1998 vor, der vom Ausstellungsdatum an 5 Jahre gültig war.
Daraus ergab sich sein tatsächlicher Name A. A. el N., das tatsächliche Geburtsdatum ….1983 und libanesische Staatsangehörigkeit.
Am 3.4.2012 wurde der Kläger vergeblich aufgefordert, zur Passbeschaffung vorzusprechen. Als am 10.7.2012 tatsächlich die Vorsprache erfolgte, weigerte sich der Kläger einen Passantrag auszufüllen.
Der Kläger erhält laufenden Leistungen nach dem AsylbLG. Mit Bescheid vom 27.10.2011 bewilligte ihm der Beklagte ab 1.11.11 § 1a-Leistungen bis voraussichtlich 31.10.2012 i.H.v. 191,46 € monatlich. Mit Bescheid vom 22.3.2012 bewilligte der Beklagte ab 1.2.2012 nur noch Leistungen i.H.v. 176,46 € mtl.
Mit Bescheid vom 17. August 2012 verfügte der Beklagte, er habe die Leistungen für den Kläger neu berechnet. Ab 1. August 2012 erhalte er, sofern die leistungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt seien monatlich 186,95 € nach dem AsylbLG. Darin seien 5 € Fahrtkosten berücksichtigt.
Hiergegen legte der Kläger am 12. September 2012 Widerspruch ein, den der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 31. Oktober 2012 als unbegründet zurück wies. Der zu überprüfende Bescheid sei rechtmäßig. Mit bestandskräftig gewordenem Bescheid vom 22. März 2012 sei festgestellt worden, dass die Anspruchseinschränkung des § 1a Nr. 1 AsylbLG vorliege. Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 18.7.2012 seien die Grundleistungen in Anlehnung an das Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz (RBEG) zu bemessen. Bedarfsrelevant seien danach: Abteilungen 1,3, 4, 6 für die Grundleistungen nach § 3 Abs. 2 S. 2 AsylbLG und für die Leistungen nach § 3 Abs. 1 S. 4 AsylbLG die Abteilungen 7 bis 12. Er erhalte Grundleistungen nach § 3 Abs. 2 S. 2 AsylbLG abzüglich der Energiepauschale i.H.v. 181,95 € plus 5 € Fahrtkosten monatlich. Für die Kosten der Unterkunft im Wohnheim würden täglich 11,50 € übernommen.
Am 3. Dezember 2012 beantragte der Kläger beim Beklagten die Überprüfung des Beschei...