Orientierungssatz
Parallelentscheidung zu dem Urteil des SG Berlin vom 13.5.2009 - S 83 KA 343/06, das vollständig dokumentiert ist.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese jeweils selbst tragen.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen die Zurückbehaltung von Honoraranteilen wegen nicht einbehaltener Praxisgebühren und gegen die Höhe der Honorarfestsetzung für das Quartal IV/2005.
Die Klägerin betreibt die…-Klinik, die in ihrer Rettungsstelle unter der Abrechnungsnummer 72-74101 Leistungen der ambulanten Notfallversorgung erbringt. Dem Honorarbescheid für das Quartal IV/2005 fügte die Beklagte eine Anlage mit eigener Rechtsbehelfsbelehrung bei, mit der sie unter Hinweis auf § 18 Abs. 7a BMV-Ä einen Betrag in Höhe von 4.690,- € wegen nicht einbehaltener Praxisgebühren zurückbehielt. Sie stellte eine Nichteinzugsquote (Anteil der Behandlungsfälle, in denen die Zuzahlung nach § 28 Abs. 4 SGB V nicht erhoben wurde, an der Gesamtzahl der zuzahlungspflichtigen Behandlungsfälle) von 36,08 % fest. Am 19. Juni 2006 (Eingang bei der Beklagten) legte die Klägerin “gegen den Honorarbescheid für das vierte Quartal 2005 und den damit verbundenen Abzug für nicht einbehaltene Praxisgebühr„ Widerspruch ein und führte weiter aus: Die Behandlung der Notfallpatienten entspreche der zwischen den GKV-Spitzenverbänden und der KBV mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft geschlossenen “Rahmenempfehlung zum Erheben der Zuzahlung nach § 28 Abs. 4 SGB V (Praxisgebühr) bei ambulanten Leistungen im Krankenhaus„ (im Folgenden: Rahmenempfehlung). Durch die Vertragsauslegung der Beklagten werde das Inkassorisiko einseitig den Krankenhäusern auferlegt. Patienten, die die Praxisgebühr nicht zahlten, erhielten einen Überweisungsträger sowie eine schriftliche Mahnung. Die besondere Situation einer Rettungsstelle werde nicht berücksichtigt. Es werde um Überweisung des einbehaltenen Abzugs von 4.690,- € bis spätestens 2. Juli 2006 gebeten.
Mit Beschluss ihrer Widerspruchsstelle vom 4. Juli 2006 (schriftlicher Bescheid vom 30. August 2006) wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus: Rechtsgrundlage für die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts sei § 18 Abs. 7a BMV-Ä beziehungsweise § 21 Abs. 7a EKV-Ä. Die Klägerin habe in mehr als 10 % der Behandlungsfälle die Praxisgebühr nicht eingezogen. Bei der Ausübung des Zurückbehaltungsrechts handele es sich um eine Ermessensentscheidung. Das Ermessen sei fehlerfrei ausgeübt worden. Die Klägerin habe nicht nachgewiesen, die Praxisgebühr grundsätzlich vor der Behandlung in bar zu erheben. Auch in Notfällen sei die Gebühr vor Behandlungsbeginn zu erheben. Es sei nicht erkennbar, dass die Klägerin sich an die gesetzlichen Vorgaben halte, zumal bei wirklich akuter Behandlung die Patienten stationär aufgenommen würden und die Praxisgebühr in diesem Fall entfalle. Aus der fehlenden Patientenbindung in Erste-Hilfe-Stellen resultiere ein erhöhtes Inkassorisiko, weshalb die Erhebung der Praxisgebühr vor der Behandlung unumgänglich sei. Aufgrund der Höhe des Anteils der nicht eingezogenen Praxisgebühren sei davon auszugehen, dass die Klägerin diese nicht unter Beachtung der gesetzlichen und vertraglichen Voraussetzungen erhoben habe.
Hiergegen richtet sich die am 5. Oktober 2006 erhobene Klage, zu deren Begründung die Klägerin insbesondere vorträgt: Die Organisation und Durchführung des Einzugsverfahren stünden im Einklang mit der Rahmenempfehlung nach § 115 SGB V. Die Gründe für die hohe Nichtzahlerquote lägen in der spezifischen Situation der Notfallbehandlung in Erste-Hilfe-Stellen begründet. §§ 18 Abs. 7a BMV-Ä, 21 Abs. 7a EKV-Ä seien verfassungswidrig, weil die erforderliche gesetzliche Grundlage fehle. Ein Zurückhaltungsrecht setze Gegenansprüche voraus, die gesetzlich nicht vorgesehen seien, denn es gebe keine gesetzlichen Sanktionsmechanismen. § 43b Abs. 2 SGB V beinhalte keine Regelungskompetenz für Sanktionen. Das Inkassorisiko dürfe nicht auf die Leistungserbringer abgewälzt werden. Die Voraussetzungen des § 18 Abs. 7a S. 1 BMV-Ä lägen nicht vor. Unter Erheben im Sinne der Vorschrift sei die Anforderungen der Gebühr zu verstehen, was sie - die Klägerin - gemacht habe. Gegenansprüche nach § 49 BMV-Ä / 45 EKV-Ä hätten zum Zeitpunkt der Ausübung des Zurückbehaltungsrechts schon deswegen nicht festgestellt werden können, weil noch gar keine Schlichtungsstellen existierten. Die Entscheidung sei ermessensfehlerhaft, weil sie - die Klägerin - keine Pflichtverletzung begangen habe. Es bestehe keine gesetzliche Pflicht zum Einzug der Praxisgebühr vor der Behandlung. Bei akuter Behandlungsbedürftigkeit, die nicht mit der Notwendigkeit der stationären Aufnahme gleichzusetzen sei, müsse der Patient auch ohne vorherige Bezahlung behandelt werden. Es bestehe keine Verpflichtung des Arztes, die Behandlung zu verweigern, wenn der Patient nicht zahle. Die Weig...