Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Klagebefugnis der Kassenärztlichen Vereinigung bei Rechtsstreit über Bestimmungsbescheid zur ambulanten Krankenhausbehandlung nach § 116b Abs 2 SGB 5. Einordnung als krankenversicherungsrechtliche Streitigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Die Klage einer Kassenärztlichen Vereinigung gegen einen Bestimmungsbescheid gemäß § 116b Abs 2 SGB 5 ist zulässig, aber mangels Anfechtungsberechtigung unbegründet.

 

Orientierungssatz

Bei einem Rechtsstreit über die Bestimmung des Krankenhauses zur ambulanten Erbringung von Leistungen nach § 116b SGB 5 handelt es sich nicht um eine Angelegenheit des Vertragsarztrechts bzw der Vertragsärzte iS von § 10 Abs 2, § 12 Abs 3 SGG (Entgegen BSG vom 6.5.2009 - B 6 A 1/08 R = BSGE 103, 106 = SozR 4-2500 § 94 Nr 2, vom 23.3.2011 - B 6 KA 11/10 R = BSGE 108, 35 = SozR 4-2500 § 115b Nr 3, vom 3.2.2010 - B 6 KA 31/09 R = BSGE 105, 243 = SozR 4-2500 § 116b Nr 2, LSG Essen vom 9.2.2011 - L 11 KA 91/10 B ER = MedR 2011, 317 und LSG Hamburg vom 11.2.2008 - L 2 B 485/07 = GesR 2008, 212, Bestätigung von BSG vom 12.8.2009 - B 3 KR 10/07 R = BSGE 104, 95 = SozR 4-2500 § 139 Nr 4, vom 10.3.2010 - B 3 KR 36/09 B, vom 18.11.2009 - B 1 KR 74/08 B = SozR 4-1500 § 10 Nr 3, LSG Celle-Bremen vom 25.5.2009 - L 4 KR 116/09 B ER = GesR 2010, 109 und vom 1.11.2010 - L 4 KR 468/10 B ER = GesR 2010, 683, LSG Chemnitz vom 3.6.2010 - L 1 KR 94/10 B ER = KHR 2010, 91 und SG Dresden vom 27.10.2010 - S 18 KR 312/10).

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1). Die übrigen Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten jeweils selbst.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Bestimmung des von der Beigeladenen zu 1) betriebenen Krankenhauses zur ambulanten Versorgung gemäß § 116b Abs. 2 SGB V.

Die Beigeladene zu 1) ist Trägerin des als Plankrankenhaus in den Krankenhausplan des Landes Berlin aufgenommenen H Klinikums und beantragte für dieses mit Schreiben vom 16.05.2007 bei dem für die Krankenhausplanung im Land Berlin zuständigen Beklagten nach § 116b Abs. 2 SGB V die Bestimmung zur ambulanten Behandlung von Patienten mit Tumoren der Lunge und des Thorax (Tumorgruppe 2).

Nach weiterer Konkretisierung und Ergänzung des Antrages bat der Beklagte unter anderem die Klägerin mit Schreiben vom 26.05.2009 um Stellungnahme zu dem Antrag der Beigeladenen speziell betreffend den Aspekt der vertragsärztlichen Versorgungssituation. Die Klägerin gab keine Stellungnahme ab. In einer die Bestimmung eines anderen Krankenhauses betreffenden Stellungnahme hatte sie gegenüber dem Beklagten ausgeführt, dass sie die vertragsärztliche Versorgung von onkologisch erkrankten Patientinnen und Patienten in Berlin als sehr gut und hochwertig einschätze und dass durch die Zulassung von Krankenhäusern zur ambulanten Behandlung die über Jahrzehnte aufgebaute und belegbare Versorgung der Patientinnen und Patienten durch onkologische Schwerpunktpraxen gefährdet sei.

Mit Bescheid vom 27.10.2010 erteilte der Beklagte der Beigeladenen zu 1) die Berechtigung zur ambulanten Behandlung von Patientinnen und Patienten mit onkologischen Erkrankungen der Tumorgruppe 2: Tumore der Lunge und des Thorax. Der Bescheid enthält verschiedene Nebenbestimmungen, insbesondere die Verpflichtung zur regelmäßigen Mitteilung der Behandlungsfallzahlen. Hinsichtlich der in § 116b Abs. 2 SGB V geforderten Berücksichtigung der ambulanten Versorgungssituation heißt es in dem Bescheid:

“Durch die Bestimmung ihres Krankenhauses zur ambulanten Behandlung, sehe ich keine Gefährdung der vertragsärztlichen Versorgungssituation. Ihre Zulassung beschränkt sich auf die spezialisierte ambulante Behandlung von Patientinnen und Patienten mit Tumoren der Lunge und des Thorax, die nur eingeschränkt von Vertragsärzten wahrgenommen wird. Die Behandlung von Lungentumoren durch Ihr Haus erfährt eine hohe Wertschätzung durch Vertragsärzte. Die bisherige Zusammenarbeit mit onkologischen Schwerpunktpraxen in Berlin wollen Sie fortsetzen. Für die Patientinnen und Patienten mit Lungentumoren wird sich durch die enge Vernetzung stationärer und ambulanter Behandlungsangebote an Ihrer renommierten Fachklinik die Versorgungssituation weiter verbessern.

Ungeachtet dessen behalte ich mir vor, innerhalb der nächsten Jahre die Auswirkungen der Zulassung von Krankenhäusern zur ambulanten onkologischen Versorgung auf die vertragsärztliche Versorgungssituation zu beobachten und gegebenenfalls neu zu entscheiden.„

Am 16.12.2010 hat die Klägerin gegen den Bescheid des Beklagten vom 27.10.2010 Klage erhoben.

Sie ist der Ansicht, die Klage sei zulässig und auch begründet. Ob die Klägerin in eigenen Rechten verletzt sei, sei eine Frage der Begründetheit und nicht der Zulässigkeit der Klage, da ein Drittschutz des § 116b Abs. 2 SGB V jedenfalls nicht von vornherein ausgeschlossen sei. Die von § 116b Abs. 2 SGB V geforderte Berücksichtigung der v...

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