Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtswegzuständigkeit. Entscheidung über Bestimmung eines Krankenhauses zur ambulanten Behandlung von Versicherten. Angelegenheit der gesetzlichen Krankenversicherung. Gerichtsbesetzung. Vertragsarztrecht im prozessualen Sinne. Kassenärztliche Vereinigung. keine Anfechtungsberechtigung gegen Bestimmungsbescheid und keine Inhaberin von Grundrechten gegen den Staat sowie kein allgemeines Mandat zur Konkurrenzabwehr für Vertragsärzte
Orientierungssatz
1. Bei einer Entscheidung im Rahmen der Krankenhausplanung eines Landes mit Blick auf die Rechtsfolge, nämlich der Berechtigung zur ambulanten Behandlung der Versicherten (§ 76 Abs 1 S 1 SGB 5) handelt es sich um eine Angelegenheit der gesetzlichen Krankenversicherung iS des § 51 Abs 1 Nr 2 SGG (vgl BVerfG vom 31.7.2008 - 1 BvR 839/09 unter Hinweis auf LSG Hamburg vom 11.2.2008 - L 2 B 485/07 ER KA = GesR 2008, 212).
2. Auch in Streitverfahren über die Öffnung der Krankenhäuser für ambulante Leistungen gemäß
§ 116b Abs 2 SGB 5 geht es, unabhängig von der entscheidenden Behörde, in der Sache um den Zugang zur ambulanten vertragsärztlichen Versorgung und damit um “Vertragsarztrecht im prozessualen Sinne„ (vgl ua BSG vom 06.05.2009 - B 6 A 1/08 R = BSGE 103, 106 = SozR 4-2500 § 94 Nr 2).
3. Die Anfechtungsberechtigung einer Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) setzt voraus, dass sie durch die Bestimmung eines Krankenhauses zur ambulanten Behandlung in eigenen Rechten verletzt ist. Dies ist nicht der Fall (vgl LSG Celle vom 25.5.2009 - L 4 KR 116/09 B ER = GesR 2010, 109).
4. Soweit eine KÄV in ihrer Eigenschaft als Träger öffentlicher Aufgaben und somit als Teil der Staatsverwaltung durch einen Hoheitsakt betroffen ist, kann sie nicht Inhaberin von Grundrechten gegen den Staat sein (vgl BVerfG vom 20.09.1995 - 1 BvR 597/95 = SozR 3-2500 § 85 Nr 9). Sie hat auch kein allgemeines Mandat zur Wahrnehmung der Rechte der Vertragsärzte zur Abwehr von Konkurrenz oder jedenfalls der Verhinderung existenzbedrohender Konkurrenzverwerfungen. Sie kann nicht als grundrechtsgeschützte Sachwalterin des einzelnen Vertragsarztes dessen Grundrechte geltend machen.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1).
Die Sprungrevision wird zugelassen.
Tatbestand
Auf den Antrag der zu 1) beigeladenen ...Klinikum ... vom 21.05.2007, mit dem diese u.a. eine defizitäre vertragsärztliche Versorgungssituation mit nur einer internistisch-onkologisch qualifizierten Vertragsarztpraxis im Großraum St. und langen Wartezeiten mit Verzögerungen hinsichtlich Diagnostik und Therapie behauptet hatte, bestimmte das Ministerium für Soziales und Gesundheit Mecklenburg-Vorpommern (Beklagter) durch Bescheid vom 17.03.2008, dass das ...Klinikum ... ab dem 01.01.2008 bei Erkrankungen mit besonderen Krankheitsverläufen zur Diagnostik und Versorgung von Patienten mit onkologischen Erkrankungen - unter Streichung der Indikationen für Urologie, Dermatologie, HNO und Gynäkologie - berechtigt ist.
Der klagenden Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) war unter Ausschluss an Beratung und Beschlussfassung die Möglichkeit schriftlicher und mündlicher Stellungnahmen zu dem Antrag eingeräumt worden. Sie hatte unter dem 31.08.2007 und 05.11.2007 u.a. eine aus ihrer Sicht ausreichende ambulante Versorgung insbesondere durch eine (nur) wegen eines Sonderbedarfs zugelassene onkologische Schwerpunktpraxis in St… und freie Versorgungskapazitäten dargelegt.
Zur Begründung ihrer am 27.06.2008 erhobenen Klage vertritt die Klägerin die Auffassung, dass der Bescheid des Beklagten eine Drittwirkung ihr gegenüber bzw. den bei ihr verfassten Mitgliedern beinhalte, da er mit der Zulassung zur ambulanten Behandlung konkurrierend in das bereits bestehende Leistungsangebot ihrer Vertragsärzte eingreife. Da die Bestimmung unter Berücksichtigung der vertragsärztlichen Versorgungssituation zu erfolgen habe, wäre der Beklagte verpflichtet gewesen, sie zum Verfahren beizuladen. Dass der Gesetzgeber selbst eine direkte Beteiligung gewollt habe, könne den Gesetzesmaterialien entnommen werden. Da eine etwaige Divergenz der Krankenhausplanung im Verhältnis zur kassenärztlichen Vereinigung einer schiedsamtlichen Festsetzung nicht zugänglich sei, müsse ihr mit der bisherigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, welche der KÄV bzw. den Vertragsärzten gegenüber Ermächtigungen ein Widerspruchs- und Klagerecht zubillige, auch in dieser Angelegenheit eine Klagebefugnis zugebilligt werden. Nach ihrer Auffassung habe das Land es versäumt, seine landesspezifischen Regelungen der Krankenhausplanung der veränderten Gesetzeslage auf Bundesebene mit Neufassung des § 116b SGB V hinsichtlich ihrer Beteiligung anzupassen. Der Beklagte verkenne, dass der Gesetzgeber eine Berücksichtigung der Versorgungssituation einfordere und die KÄV gemäß § 72 SGB V die gesetzlich berufene Körperschaft sei, der aus originär eigenem Recht ...