Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Ablehnung der Überprüfung bzw Rücknahme eines Aufhebungs- und Erstattungsbescheides für die Vergangenheit im Zugunstenverfahren wegen Versäumung der auf ein Jahr verkürzten Ausschlussfrist. Anwendung des § 44 Abs 4 SGB 10 bei vorangegangener Aufrechnung der Erstattungsforderung
Orientierungssatz
Die Ablehnung der Überprüfung eines Aufhebungs- und Erstattungsbescheides durch den Grundsicherungsträger im Zugunstenverfahren ist rechtmäßig, wenn die Erstattungsforderung nicht durch den Hilfebedürftigen beglichen, sondern vom Grundsicherungsträger mit Leistungsansprüchen aufgerechnet wurde und die in diesem Fall auch auf Aufhebungs- und Erstattungsbescheide anzuwendende Verfallfrist gem § 40 Abs 1 SGB 2 iVm § 44 Abs 4 SGB 10 einer rückwirkenden Gewährung von Sozialleistungen entgegen steht.
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Eine Kostenerstattung findet nicht statt.
3. Die Sprungrevision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Aufhebung des Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 21.04.2005 für den Leistungszeitraum vom 01.01. bis 30.04.2005 in Höhe von 24,88 € in der Fassung des Überprüfungsbescheides des Beklagten vom 26.02.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.04.2015, W 809/15.
Den ... 1953 geborene Kläger war erwerbsfähig, arbeitssuchend und hilfebedürftig. Er bildete gemeinsam mit seiner ... 1962 geborenen Ehefrau ... T... und deren Kindern K..., geboren ... 1988, V... geboren ... ... 1991, B..., geboren ... 1993 und A... geboren ... ... 995 eine Bedarfsgemeinschaft im Sinne des § 7 Absatz 3 des zweiten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB II). Der Kläger und die übrigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft bezogen und beziehen weiterhin Grundsicherungsleistungen.
Mit dem Bewilligungsbescheid des Beklagten vom 30.11.2004 wurde dem Kläger und den übrigen Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft für den Leistungszeitraum vom 01.01.2005 bis 31.05.2005 monatlich 1.222,49 € Grundsicherungsleistungen bewilligt. Bei der Berechnung der Ansprüche ist der Beklagte davon ausgegangen, dass alleine für die Kinder des Klägers Kindergeld als Einkommen der Kinder zufließt und weder der Kläger noch seine Ehefrau Einkommen erzielen. Ferner hat er Kosten der Unterkunft in Höhe von 455,49 € berücksichtigt.
Seit Oktober 2014 war indes die Ehefrau des Klägers bis zum 31.03.2005 indes bei dem N... D... K... F... e.V. beschäftigt und erhielt jeweils am 20. des Folgemonats den jeweils gleich hohen Arbeitslohn von 800,00 € brutto und 509,18 € netto bis Dezember 2014 ausbezahlt. Ferner betrugen die tatsächlichen Kosten der Unterkunft seit dem 01.09.2004 bruttowarm 560,57 € (306,01 € Grundmiete, 159,00 € Nebenkosten und 93,00 € Heizkosten).
Mit dem Änderungsbescheid vom 07.12.2004 bewilligte der Beklagte der Bedarfsgemeinschaft für den gleichen Leistungszeitraum nur noch 863,01 € und berücksichtigte damit das Einkommen der Ehefrau des Klägers.
Mit Änderungsbescheid vom 21.04.2005 bewilligte der Beklagte der Bedarfsgemeinschaft für den Leistungszeitraum vom 01.01. bis 30.04.2005 nur noch 856,79 € und für den Monat Mai 2005 wiederum 1.222,49 €. Die Ehefrau des Klägers erzielte ab Januar 2005 monatlich zwar weiterhin 800,00 € brutto, aber mit 517,20 € etwas höheres Nettoeinkommen. Der letzte Zufluss war im April 2005.
Mit dem streitbefangenen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 21.04.2005 hob der Beklagte alleine gegenüber dem Kläger für den Leistungszeitraum vom 01.01.2005 bis 30.04.2005 Grundsicherungsleistungen in Höhe von 24,88 € auf und verlangte Erstattung. In dem Bescheid ist weiter ausgeführt, dass der Kläger den Betrag nicht zu überweisen habe. Der Betrag werde gegen seine Ansprüche auf Geldleistungen in voller Höhe aufgerechnet (§ 51 Erstes Buch Sozialgesetzbuch). Als Grundlage der Entscheidung hat der Beklagte angegeben, dass mit der Einkommensbescheinigung vom 17.03.2005 (Bl. 35 Band 1 der Verwaltungsakte) ein höheres Nettoeinkommen nachgewiesen worden sei. Wegen der Einzelheiten dieses Bescheides wird auf Bl. 39/40 der Verwaltungsakte verwiesen.
Der Beklagte hat den Erstattungsbetrag, der sich in der Summe aus der Differenz der Bewilligungsentscheidung vom 07.12.2004 und derjenigen vom 21.04.2005 ergibt, bereits im Leistungszeitraum von Januar 2005 bis einschließlich April 2005 mit monatlichen Teilbeträgen von 4,78 € und weiteren 1,44 € einbehalten gehabt und somit überhaupt nicht zur Auszahlung gebracht, (4,78 € zzgl. 1,44 € ergibt 6,22 € x 4 Monate ergibt: 24,88 €) Bl. 41 der Verwaltungsakte.
Mit Fax-Schreiben des Bevollmächtigten vom 30.09.2014 hat dieser für den Kläger die Überprüfung des Aufhebungs- und Erstattungsbescheides vom 21.04.2005 “und der dazu bereits ergangenen Änderungsbescheide„ beantragt (Bl. 78/1- 3 der Verwaltungsakte). Zur Begründung hat der Bevollmächtigte angegeben: “Die Überprüfung wird auf eine fehlerhafte Rechtsanwendung gestützt„. Der Antrag wurde dreimal an den...