Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. einfache Beiladung. Aufhebung. Zeitpunkt. berechtigte Interessen der Beigeladenen. Entstehung von Rechtsanwaltskosten
Orientierungssatz
1. Die Aufhebung einer einfachen Beiladung ist, da der Dritte keinen Rechtsanspruch auf sie hat, grundsätzlich jederzeit möglich und liegt deshalb auch in der Regel im Ermessen des Gerichts, das bei seiner Ausübung auch Zweckmäßigkeitserwägungen anstellen kann.
2. Entscheidend für die Frage, ob berechtigte Interessen der Beigeladenen gegenüber den Hauptbeteiligten berührt werden ist, welche Reichweite die künftige gerichtliche Entscheidung hat bzw was überhaupt Gegenstand der gerichtlichen Entscheidung ist. Dies hängt von dem zugrundliegenden streitigen Bescheid ab.
3. Der Umstand, dass den Beigeladenen durch die Beauftragung eines Prozessbevollmächtigten Kosten entstanden sind, führt nicht zu einem Ausschluss der Aufhebung.
Tenor
Der Beiladungsbeschluss des Sozialgerichts Darmstadt vom 07.03.2014 wird aufgehoben.
Gründe
I.
Die Klägerin erbringt an aus dem aktiven Dienst ausgeschiedene Fluglotsen aufgrund tarifvertraglicher Regelungen eine Übergangsversorgung. Bei dieser tarifvertraglich gewährten Übergangsversorgung handelt es sich nach der Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 24.09.2008, B 12 R 10/07 R, nicht um rentenversicherungspflichtige Einkünfte im Sinn des § 3 Satz 1 Nr. 4 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI - (Vorruhestandsgeld).
Die Klägerin schloss mit verschiedenen Mitarbeitern Einzelverträge hinsichtlich der tarifvertraglich gewährten Übergangsversorgung. Sie ist der Auffassung, dass durch diese Einzelverträge die gewährte Übergangsversorgung ein Vorruhestandsgeld im Sinne des § 3 Satz 1 Nr. 4 SGB VI sei. Für die Mitarbeiter, die entsprechende Einzelverträge unterschrieben haben, führte die Klägerin deshalb Beiträge zur Rentenversicherung ab.
Die Beklagte nahm vom 24.10. bis 27.10.2011 eine Betriebsprüfung für den Zeitraum 01.01.2007 bis 30.09.2011 bei der Klägerin vor. Im Bescheid vom 10.11.2011 führt die Beklagte aus:
„Wegen der zu viel gezahlten Beiträge in Höhe von xxx €, die nicht anlässlich der Prüfung erstattet und verrechnet werden konnten, wenden Sie sich bitte an die zuständige Einzugsstelle, die über die Erstattung entscheidet.
Die stichprobenweise durchgeführte Prüfung hat zusätzlich zu den Beanstandungen im Bescheid vom 25.08.2011 folgende Feststellungen ergeben:
Die versicherungsrechtliche Beurteilung der mit Übergangsversorgung ausgeschiedenen Mitarbeiter erfolgte teilweise unzutreffend.“
Geprüft wurden die 59 Übergangsversorgten in dem Betriebsteil mit der Betriebsnummer xxxxx1. Die Beigeladenen zu 1) - 6) gehören nicht zu den in diesem Betriebsteil geführten Übergangsversorgten.
Für die Betriebsprüfung wurde für jeden dieser 59 Übergangsversorgten die jeweils geschlossene Individualvereinbarung von der Klägerin vorgelegt. Eine Beanstandung erfolgte im Jahr 2007 für 43 Übergangsversorgte; im Jahr 2008 für 47 Übergangsversorgte; im Jahr 2009 und 2010 für 50 Übergangsversorgte und im Jahr 2011 für 54 Übergangsversorgte. Diese sind in der Anlage des Bescheides jeweils namentlich für die jeweiligen Jahre mit der Summe der für das jeweilige Jahr zu erstattenden Beiträge aufgeführt.
Zur Begründung führte die Beklagte aus, dass keines der vorgelegten Vertragswerke einen Passus beinhalte, dass das endgültige Ausscheiden aus dem Erwerbsleben Grundlage für die Zahlung der Übergangsversorgung sei. Es sei lediglich geregelt, dass bei Aufnahme einer mehr als geringfügigen Erwerbstätigkeit oder einer Arbeitslosmeldung die Beitragspflicht entfalle, nicht jedoch der Anspruch auf Zahlung des Übergangsgeldes selbst. Demgemäß sei der Mangel, der sich aus der fehlenden Regelung im Tarifvertrag ergebe, mit den einzelvertraglichen Vereinbarungen nicht behoben worden, so dass das ausgezahlte Übergangsgeld nicht der Versicherungspflicht unterliege. Weiter heißt es im Bescheid:
„Die zu Unrecht gezahlten Beiträge werden im Rahmen der Betriebsprüfung beanstandet.
Wir bitten dafür Sorge zu tragen, dass über die im Rahmen der stichprobenartigen Prüfung aufgegriffenen Fälle hinaus sämtliche gleichgelagerten Sachverhalte unter Beachtung des § 26 Abs. 1 Satz 3 SGB IV entsprechend umgestellt werden.“
Die Klägerin wandte sich mit ihrem Widerspruch gegen diese Feststellung.
Die Betriebsprüferin nahm im Rahmen des Widerspruchsverfahrens Stellung und gab an, dass ihr vom Arbeitgeber mitgeteilt worden sei, dass in den Fällen, in denen vom Übergangsversorgten keine Individualvereinbarung bzw. die Individualvereinbarung erst nach Beginn des Bezugs von Vorruhestandsgeld unterschrieben worden sie, bereits entsprechend den Urteilen des BSG (B 12 R 10/078 R) und LSG Baden-Württemberg (L 4 KR 2614/07) umgestellt worden seien.
Zur Begründung des Widerspruchs führte die Klägerin aus, dass im Prüfzeitraum ca. 600 ehemalige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Vorruhestandsleistungen gemäß den tarifvertraglichen Bestimmungen bezogen haben...