Entscheidungsstichwort (Thema)
Beitragszahlung des Arbeitgebers zur gesetzlichen Rentenversicherung nach § 172 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB 6. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
Der Beitragsanteil, den der Arbeitgeber nach § 172 Abs 1 SGB 6 zu zahlen hat, ist kein echter, dem Versicherten zuzuordnender Rentenversicherungsbeitrag, es handelt sich um Beiträge mit Sondercharakter, die der Versichertengemeinschaft zufließen. Dies ist auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten zulässig.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Berücksichtigung und Bewertung von Beiträgen aus einer neben dem Bezug der Altersvollrente ausgeübten Beschäftigung und damit eine höhere monatliche Rentenleistung.
Der Kläger bezieht seit 1.8.2011 eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen als Vollrente. Ab Juni 2014 bis 31.1.2020 arbeitete der Kläger für die Firma M. AG auf Teilzeitbasis. Dabei entrichtete die Arbeitgeberin des Klägers einen Betrag von 99,23 Euro monatlich zur Rentenversicherung. Diese Beiträge wurden bei der Rentenfestsetzung des Klägers nicht berücksichtigt.
Mit Schreiben vom 24.6.2019 wandte sich der Kläger an die Beklagte und beantragte, die von seinem Arbeitgeber gezahlten Beiträge rentenhöhend bei seiner Rente zu berücksichtigen, hilfsweise beantragte er Beitragserstattung.
Mit Bescheid der Beklagten vom 8.7.2019 lehnte diese es ab, die gezahlten Beiträge des Arbeitgebers dem Rentenkonto des Klägers gut zu schreiben und der Rentenberechnung zugrunde zu legen. Bezieher einer Altersvollrente seien nach der damals geltenden Regelung des § 5 Abs. 4 Nr. 1 SGB VI versicherungsfrei gewesen. Beitragszeiten konnten neben der Vollrente aufgrund der Versicherungsfreiheit nicht mehr erworben werden. Ab dem 1.1.2017 habe der Kläger die Möglichkeit gehabt, auf die Versicherungsfreiheit zu verzichten. Davon habe der Kläger keinen Gebrauch gemacht. Nach § 172 Abs. 1 SGB VI habe der Arbeitgeber die Arbeitgeberanteile für eine versicherungsfreie Beschäftigung zu zahlen. Diese Beiträge flössen aber nicht in das Rentenkonto des einzelnen Versicherten ein. Die Regelung solle verhindern, dass Arbeitgeber, die versicherungsfreie Mitarbeiter beschäftigen, einen Wettbewerbsvorteil erlangen.
Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch. Der Kläger ist der Meinung, dass Rentenansprüche auch durch seine Erwerbstätigkeit nach Rentenbeginn ab 1.7.2011 entstanden seien. Dies resultiere aus Art. 3 GG. Er sei sonst als behinderter Mensch durch den Bezug der Altersrente gegenüber Nichtbehinderten benachteiligt. Auch habe das BVerfG in der Entscheidung vom 16.7.1985, 1 BvL5/80 entschieden, dass die Arbeitgeberbeiträge zur Rentenversicherung Beiträge des Arbeitnehmers sind.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15.5.2020 wurde der Widerspruch des Klägers zurückgewiesen. Der Kläger beziehe seit 1.8.2011 eine Altersrente als Vollrente. Personen, die eine Vollrente wegen Alters aus der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen, seien nach § 5 Abs. 4 Nr. 1 SGB VI in der bis 31.12.2016 geltenden Fassung versicherungsfrei gewesen. Beitragszeiten konnten aus diesem Grund neben dem Altersrentenbezug aufgrund der Versicherungsfreiheit nicht mehr erworben werden. Ab dem 1.1.2017 habe die Möglichkeit bestanden auf die Versicherungsfreiheit zu verzichten. Hiervon habe der Kläger keinen Gebrauch gemacht. Es werde auf die Ausführungen im Bescheid vom 8.7.2019 verwiesen. Das Vorbringen im Widerspruchsverfahren rechtfertige keine andere Beurteilung der Sach- und Rechtslage. Der Kläger habe vorgetragen, es werde Recht angewendet, das verfassungswidrig und deshalb nicht bindend sei. Die Rentenversicherung sei bei ihrem Handeln jedoch an Recht und Gesetz gebunden ( Art. 20 Abs. 3 GG). Der Rentenversicherungsträger dürfe nicht prüfen, ob ein Gesetz verfassungsgemäß sei. Dies sei nur durch das Bundesverfassungsgericht zu prüfen.
Am 15.6.2020 hat der Kläger vor dem SG Darmstadt Klage erhoben. Ziel des Arbeitgeberbeitrags sei die Fürsorge für den Arbeitnehmer. Auch die Beitragsleistung des Arbeitgebers für den Arbeitnehmer sei verfassungsrechtlich geschützt. Mit der Nichtberücksichtigung des Arbeitgeberbeitrags zur Rentenversicherung diskriminiere die Beklagte den Kläger gem. Art. 14 GG, was auch eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG bedeute. Es gebe keine gesetzliche Grundlage für die Beklagte, die Arbeitgeberbeiträge zur Rentenversicherung bei der Rentenfestsetzung nicht zu berücksichtigen.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 8.7.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.5.2020 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger auf seine Rente auf der Basis eines monatlichen Beitrags in Höhe von 99,23 Euro ab dem 1.6.2014 bis zum 31.1.2020 einen höheren Wert seines Rechts auf Rente festzusetzen sowie die Beklagte zu verurteilen, entsprechend höhere monatliche Rentenzahlungen ab dem 1.6.2014 zu leisten, hilfsweise,
die Bescheide der Beklagten vom 8.7.2019 in Gestalt des Widerspr...