Entscheidungsstichwort (Thema)

AS

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Schriftform wird ebenfalls durch ein verschriftlichtes Rechtschutzgesuch gewahrt, das mittels Telefax dem Gericht zugeleitet wird.

2. Die Schriftform soll gewährleisten, dass aus dem Schriftstück der Inhalt der Erklärung und die Person, von der sie ausgeht, hinreichend zuverlässig entnommen werden können.

3. Ausgehend von dieser Zweckbestimmung des Schriftformerfordernisses ist es notwendig, über die Feststellung hinaus, dass das fristgerecht eingegangene Faxschreiben des Antragstellers nicht unterschrieben ist, zu fragen, ob der darin enthaltene Rechtsbehelf von dem Antragsteller herrührte und dieser ihn mit Wissen und Wollen in den Verkehr gebracht hat.

4. Aufgrund der Art und Weise des Versendungsvorgangs, erfüllt die Nutzung eines E-Mail-to-Fax - Dienstes die an die Schriftformwahrung zu stellenden Identifizierungsanforderungen grundsätzlich nicht, weshalb die Klage hierdurch regelmäßig nicht in zulässiger Weise erhoben werden kann.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Kostenübernahme für einen Personenbeförderungsschein und für Fahrkosten zu Vorstellungsgesprächen als Leistungen nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuchs - Grundsicherung für Arbeitsuchende und Bürgergeld (SGB II).

Der Kläger bezieht seit 2008 von der Beklagten Leistungen nach dem SGB II. Von der Beklagten begehrt der Kläger unter anderem die Kostenübernahme für einen Personenbeförderungsschein, dessen fehlen von ihm als wesentlicher Grund angesehen wird, weshalb verschiedene Beschäftigungsmöglichkeiten nicht realisiert werden konnten. Ferner begehrt er die Erstattung seiner Fahrkosten zu Vorstellungsgesprächen.

Am 25. Januar 2024 hat der Kläger vor dem Sozialgericht Darmstadt Klage erhoben. Für die Klageerhebung hat er einen E-Mail-to-Fax-Dienst (www.AllToFax.de) genutzt. Die einseitige Klageschrift ist überschrieben mit „Dieses kostenlose Fax wurde Ihnen von A. A. (A.XXX@web.de) geschickt. Ferner ist unter der Überschrift „Absender“ die Adresse des Klägers angegeben. Das Telefax endet mit der Grußformel „Mit freundlichen Grüßen“. Eine Signatur oder Unterschrift trägt das Telefax nicht.

Der Kläger behauptet, diverse Beschäftigungsverhältnisse seien aufgrund des Fehlens eines Personenbeförderungsscheins nicht zustande gekommen. Fahrkosten zu Vorstellungsgesprächen seien trotz Vorlage von Nachweisen abgelehnt worden. Es reiche ihm jetzt „mit diesem Verein“. Es müsse endlich Einhalt geboten werden, deshalb wolle er „die Sache“ öffentlich machen und klagen.

Der Kläger beantragt schriftlich und sinngemäß,

den Beklagten zu verurteilen, die Kosten für einen Personenbeförderungsschein zu übernehmen und sämtliche Fahrkosten zu Vorstellungsgesprächen zu erstatten.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er behauptet, Fahrkosten zu Vorstellungsgesprächen seien dem Kläger erstattet worden, sofern die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt gewesen seien. Er sei bereit, die Kosten für einen Personenbeförderungsschein sowie eines Bildungsgutscheins zum Erwerb einer IHK-Sachkundeprüfung nach § 34a Gewerbeordnung (GewO) zu übernehmen. Dass dies bisher nicht geschehen sei, sei das Resultat mangelnder Mitwirkung des Klägers.

Das Gericht hat den Kläger mit Verfügung vom 26. Januar 2024 darauf hingewiesen, dass die Klage durch das vorliegende Telefax nicht wirksam eingereicht sei. Die per E-Mail-to-Fax-Dienst eingereichte Klageschrift wahre nicht die prozessuale Form. Es trage weder eine Unterschrift, noch sei die Person des Klägers anderweitig mit hinreichender Sicherheit zu identifizieren. Das Gericht hat deshalb angeregt, die Klageschrift nochmals als Brief oder als konventionelles Telefax - unterschrieben - einzureichen. In der derzeitigen Form sei die Klage als unzulässig abzuweisen.

Mit Verfügung vom 27. Februar 2024 hat das Gericht die Beteiligten die Beteiligten zu seiner Absicht angehört, das Verfahren ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden zu wollen.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte.

 

Entscheidungsgründe

Die Kammer konnte durch Gerichtsbescheid gem. § 105 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheiden, weil der Rechtstreit keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der entscheidungserhebliche Sachverhalt als aufgeklärt angesehen werden kann.

Die Klage ist bereits unzulässig.

Die prozessuale Form ist durch das am 25. Januar 2024 eingereichte Telefax nicht gewahrt. Gem. § 90 SGG ist die Klage bei dem zuständigen Gericht der Sozialgerichtsbarkeit schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu erheben.

Die Schriftform wird ebenfalls durch ein verschriftlichtes Rechtschutzgesuch gewahrt, das mittels Telefax dem Gericht zugeleitet wird und dort ausgedruckt wird (Bundesverfassungsgericht -BVerfG, Beschluss vom 1. August 1996 - 1 BvR 121/95 ). Mittels sog. Computerfax können bestimmende Schriftsätze ferner fo...

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