Entscheidungsstichwort (Thema)
Pflicht des Grundsicherungsberechtigten zur Bildung von Ansparleistungen aus der Regelleistung
Orientierungssatz
1. Der Regelbedarf des Grundsicherungsberechtigten wird nach § 20 Abs. 1 S. 3 SGB 2 als monatlicher Pauschalbetrag berücksichtigt. Über dessen Verwendung entscheidet der Leistungsberechtigte eigenverantwortlich. Dabei hat er das Eintreten unregelmäßig anfallender Bedarfe zu berücksichtigen. Er ist gehalten, einen Teil der bezogenen Grundsicherungsleistungen als Ansparleistungen zurückzulegen.
2. Zu den vom Regelbedarf umfassten Bedürfnissen zählen u. a. die persönlichen Bedürfnisse des täglichen Lebens. Ein Teil davon ist die Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen sowie ein Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben. Eine Hin- und Rückfahrt nach Moskau mit dem Ziel, die dort verbliebenen Familienangehörigen zu besuchen, gehört nicht dazu.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
3. Die Berufung wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Erstattung der Hin- und Rückfahrkosten von D. nach Moskau in Höhe von 238,47 Euro für die Zeit vom 5. April 2016 bis 8. April 2016.
Die Klägerin steht bei dem Beklagten in Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gemäß dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II).
Am 18. April 2016 beantragte die Klägerin die Erstattung der Fahrkosten in Höhe von insgesamt 238,47 Euro. Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 19. April 2016 ab.
Den hiergegen am 17. Mai 2016 erhobenen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19. Juli 2016 als unbegründet zurück. Die Übernahme von Fahrkosten für Urlaubs- bzw. Familienheimfahrten zu privaten Zwecken sei nach Auffassung des Beklagten weder geregelt noch vorgesehen. Diese Kosten seien insbesondere nicht im Rahmen einer Eingliederung in Arbeit oder anlässlich einer Arbeitsaufnahme entstanden. Weiterhin seien keine Kosten gegenständlich, die laufend, regelmäßig und wiederkehrend seien. Auch nach § 24 SGB II würde kein Leistungsanspruch bestehen. Die darlehensweise Leistungsgewährung laufe ins Leere, da die Klägerin die Fahrtkosten bereits gezahlt habe. Für die Berücksichtigung der Fahrkosten im Rahmen der doppelten Haushaltsführung fehle es bereits an einem Einkommen, von dem die Kosten absetzungsfähig seien.
Die Klägerin hat am 26. Juli 2016 Klage bei dem Sozialgericht Dessau-Roßlau erhoben und ausgeführt, dass sie um Fahrkostenerstattung für den "Urlaub" in der Russischen Föderation vom 5. April bis 8. April 2016 bitte. Die Kostenerstattung sei über § 21 Abs. 1 und nach § 21 Abs. 6 SGB II vorzunehmen. Sie lebe getrennt von ihrer Familie, so dass die Übernahme der Fahrkosten notwendig sei. Die Heimfahrt sei "wegen eines Falls in ihrer Familie in der Russischen Föderation notwendig". Seit November 2010 sei sie von der Familie, die noch in der Russischen Föderation lebe, getrennt. In der öffentlichen Sitzung führte die Klägerin aus, dass sie einmal im Jahr wegen "ihrer Wohnung, den Steuern und wegen ihrer Kleidung" nach Russland fahre und damit sie ihre Familie treffen könne.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 19. April 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Juli 2016 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin die 238,47 Euro für die Fahrkosten von D. nach Moskau und zurück zu erstatten.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte verweist im Wesentlichen auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid und führt ergänzend aus, dass die pauschalierten Regelbedarfe neben den laufenden Bedarfen auch die in unregelmäßigen bzw. in großen Abständen anfallenden Bedarfe umfassen würden. Nach Auffassung des Beklagten können die Leistungsberechtigten frei über den Einsatz der für den Regelbedarf gedachten Leistungen entscheiden. Soweit sich die Klägerin für einen Urlaub in Russland entscheide, habe sie diese Kosten aus ihrem Regelsatz zu begleichen.
Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte des Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.
Entscheidungsgründe
I.
Die Klage ist zulässig, jedoch unbegründet.
1.
Die Klägerin wendet sich mit der zulässigen kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage gegen den Bescheid vom 19. April 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Juli 2016, § 54 Abs. 1, Abs. 4 in Verbindung mit § 56 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Mit der Leistungsklage begehrt die Klägerin die Erstattung der Fahrkosten von 238,47 Euro. Die Klage wurde auch form- und fristgerecht erhoben (§§ 87, 90 ff. SGG).
2.
Die Klage ist unbegründet.
Der Bescheid vom 19. April 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Juli 2016 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten,
§ 54 Abs. 2 Satz 1...