Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende: Kosten der Unterkunft und Heizung. Bestimmung der Angemessenheit von Unterkunftskosten. Anforderung an Wirksamkeit eines schlüssigen Konzepts zur Bestimmung der Angemessenheitsgrenze der Unterkunftskosten
Orientierungssatz
1. Für die Wirksamkeit eines schlüssigen Konzepts zur Ermittlung der Angemessenheitsgrenze für Unterkunftskosten im Rahmen der Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende müssen im Rahmen der Mietwerterhebung auch Daten zum Wohnungsstandard mit erhoben werden.
2. Wurden bei der Erstellung eines schlüssigen Konzepts zur Ermittlung der Angemessenheitsgrenze für Unterkunftskosten im Rahmen der Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende Daten von vermieteten Wohnung in Ein- und Zweifamilienhäusern gar nicht berücksichtigt, obwohl dieser Haustyp mehr als die Hälfte der im zu betrachtenden Raum befindlichen Wohnungen enthält, so ist das Konzept fehlerhaft und unwirksam, da es die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Mietwohnungsmarktes nicht wiedergibt.
Tenor
Der Bewilligungsbescheid des Beklagten vom 02.08.2012 und der Widerspruchsbescheid vom 26.10.2012 werden abgeändert.
Der Beklagte wird verurteilt, den Klägerinnen für die Monate August 2012 bis Januar 2013 weitere Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 42,79 EUR monatlich zu gewähren. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Der Beklagte hat den Klägerinnen die Hälfte der außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Höhe des Anspruchs der Klägerinnen auf Grundsicherungsleistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Monate August 2012 bis Januar 2013.
Die 1983, 2005 und 2006 geborenen Klägerinnen bewohnen seit 2006 eine 81 qm große Wohnung in W. Der Vater der Klägerinnen zu 2) und 3) wohnte ursprünglich ebenfalls in der Wohnung. Seit 2008 lebt er nach den Feststellungen des Beklagten in einem anderen Landkreis und hält sich nur besuchsweise bei den Klägerinnen auf.
Mit einem dem Bewilligungsbescheid vom 13.07.2011 angefügten Schreiben forderte der Beklagte die Klägerinnen auf, die Unterkunftskosten unverzüglich, spätestens bis zum 31.01.2012, auf ein angemessenes Maß zu senken. Die angemessenen Kosten der Unterkunft gab der Beklagte für Grundmiete und Betriebskosten mit 402,75 EUR an. Hinsichtlich der Heizkosten sei - so der Bescheid - der Wert des aktuellen bundesdeutschen Heizspiegels für einen 3-Personen-Haushalt mit einer angemessenen Wohnfläche von 75 qm anzusetzen.
Ab Februar 2012 erkannte der Beklagte nicht mehr die vollen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung an und zahlte entsprechend geringere Leistungen.
Ab Juni 2012 betrugen die Aufwendungen der Klägerinnen für Unterkunft und Heizung monatlich 365,54 EUR für Grundmiete, 80,- EUR für Betriebskosten und 95,- EUR für Heizkosten (Betriebskostenabrechnung vom 24.04.2012, Blatt 801 ff. der Leistungsakte). Außerdem fielen 15,34 EUR monatlich für "Garage" an. Ein Widerspruchsverfahren wurde ruhend gestellt.
Auf den Weiterbewilligungsantrag bewilligte der Beklagte den Klägerinnen mit Bescheid vom 02.08.2012 Leistungen für die Monate August 2012 bis Januar 2013. Als Bedarfe für Grundmiete und Betriebskosten erkannte er 402,75 EUR monatlich an, darüber hinaus für Heizkosten 95,- EUR monatlich. Die Klägerinnen legten am 14.08.2012 Widerspruch ein. Sie wandten sich gegen die Höhe der bewilligten Leistungen für Unterkunft und Heizung und machten die Anerkennung ihrer vollen Aufwendungen mit Ausnahme der "Carportgebühren" geltend. Außerdem rügten sie die aus ihrer Sicht verfassungswidrig zu niedrig bemessene Regelsatzhöhe. Der Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 26.10.2012 den Widerspruch zurück. Unter anderem nahm er Bezug auf ein Urteil des Bundessozialgerichts vom 12.07.2012, mit welchem das Gericht die Höhe der Regelbedarfe als verfassungsgemäß bestätigt habe. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Widerspruchsbescheid Bezug genommen.
Mit der am 29.11.2012 erhobenen Klage machen die Klägerinnen höhere Leistungen geltend. Sie wenden sich insbesondere gegen die Verwaltungsvorschrift des Landkreises, auf deren Grundlage der Beklagte die Leistungen für Unterkunft und Heizung bewilligt hat.
Sie beantragen,
den Beklagten unter Abänderung des Bewilligungsbescheides vom 02.08.2012 zu dem Zeichen 242-04902BG0012704 (Bewilligungszeitraum 08/12-01/13) in der gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.10.2012 zu dem Zeichen 98.J-04902BG0012704 - W-04214-02279/12 zu verurteilen, den Klägerinnen weitere Leistungen nach dem SGB II in Höhe von monatlich 42,79 EUR für Kosten der Unterkunft und Heizung sowie eines verfassungsrechtlich angemessenen Betrages als Regelleistungen bzw. Sozialgelde zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
1. die Klage abzuweisen und
2. zu entscheiden, dass Kosten gemäß § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht zu erstatten sind.
Nach Terminsbestimmung und Ladung zum Kammertermin haben die Beteiligten einer Entscheidung d...