Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende: Kosten der Unterkunft und Heizung. Bestimmung der Angemessenheit von Unterkunftskosten. Anforderung an Wirksamkeit eines schlüssigen Konzepts zur Bestimmung der Angemessenheitsgrenze der Unterkunftskosten
Orientierungssatz
1. Für die Wirksamkeit eines schlüssigen Konzepts zur Ermittlung der Angemessenheitsgrenze für Unterkunftskosten im Rahmen der Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende müssen im Rahmen der Mietwerterhebung auch Daten zum Wohnungsstandard mit erhoben werden.
2. Wurden bei der Erstellung eines schlüssigen Konzepts zur Ermittlung der Angemessenheitsgrenze für Unterkunftskosten im Rahmen der Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende Daten von vermieteten Wohnungen in Ein- und Zweifamilienhäusern gar nicht berücksichtigt, obwohl dieser Haustyp mehr als die Hälfte der im zu betrachtenden Raum befindlichen Wohnungen enthält, so ist das Konzept fehlerhaft und unwirksam, da es die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Mietwohnungsmarktes nicht wiedergibt.
Tenor
Der Bewilligungsbescheid des Beklagten vom 30.07.2013, der Widerspruchsbescheid vom 28.08.2013 sowie die Änderungsbescheide vom 23.11.2013 und vom 21.07.2014 werden abgeändert.
Der Beklagte wird verurteilt, den Klägerinnen weitere Leistungen für Unterkunft und Heizung wie folgt zu gewähren: Für die Monate August 2013 bis Dezember 2013 weitere 42,79 EUR monatlich und für Januar 2014 weitere 34,54 EUR.
Der Beklagte hat den Klägerinnen die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Höhe des Anspruchs der Klägerinnen auf Grundsicherungsleistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Monate August 2013 bis Januar 2014.
Die 1983, 2005 und 2006 geborenen Klägerinnen bewohnen seit 2006 eine 81 qm große Wohnung in W. Der Vater der Klägerinnen zu 2) und 3) wohnte ursprünglich ebenfalls in der Wohnung. Seit 2008 lebt er nach den Feststellungen des Beklagten in einem anderen Landkreis und hält sich nur besuchsweise bei den Klägerinnen auf.
Mit einem dem Bewilligungsbescheid vom 13.07.2011 angefügten Schreiben forderte der Beklagte die Klägerinnen auf, die Unterkunftskosten unverzüglich, spätestens bis zum 31.01.2012, auf ein angemessenes Maß zu senken. Die angemessenen Kosten der Unterkunft gab der Beklagte für Grundmiete und Betriebskosten mit 402,75 EUR an. Hinsichtlich der Heizkosten sei - so der Bescheid - der Wert des aktuellen bundesdeutschen Heizspiegels für einen 3-Personen-Haushalt mit einer angemessenen Wohnfläche von 75 qm anzusetzen.
Ab Februar 2012 erkannte der Beklagte nicht mehr die vollen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung an und zahlte entsprechend geringere Leistungen.
Ab Juni 2012 betrugen die Aufwendungen der Klägerinnen für Unterkunft und Heizung monatlich 365,54 EUR für Grundmiete, 80,- EUR für Betriebskosten und 95,- EUR für Heizkosten (Betriebskostenabrechnung vom 24.04.2012, Blatt 801 ff. der Leistungsakte). Außerdem fielen 15,34 EUR monatlich für "Garage" an. Ein Widerspruchsverfahren wurde ruhend gestellt.
Auf den Weiterbewilligungsantrag bewilligte der Beklagte den Klägerinnen mit Bescheid vom 30.07.2013 Leistungen für die Monate August 2013 bis Januar 2014. Als Bedarfe für Grundmiete und Betriebskosten erkannte er 402,75 EUR monatlich an, darüber hinaus für Heizkosten 95,- EUR monatlich. Die Klägerinnen legten am 14.08.2013 Widerspruch ein. Sie wandten sich gegen die Höhe der bewilligten Leistungen für Unterkunft und Heizung und machten die Anerkennung ihrer vollen Aufwendungen mit Ausnahme der "Carportgebühren" geltend. Der Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 28.08.2013 den Widerspruch zurück. Wegen der Einzelheiten wird auf den Widerspruchsbescheid Bezug genommen.
Mit der am 30.09.2013 erhobenen Klage machen die Klägerinnen höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung geltend. Sie wenden sich insbesondere gegen die Verwaltungsvorschrift des Landkreises, auf deren Grundlage der Beklagte die Leistungen für Unterkunft und Heizung bewilligt hat.
Sie beantragen,
den Beklagten unter Abänderung des Bewilligungsbescheides vom 30.07.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.08.2013 zu dem Zeichen 98.N-04902BG ... - W-04214-02275/13 zu verurteilen, den Klägerinnen weitere Leistungen nach dem SGB II als Zuschuss zu den Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich weiterer 42,79 EUR für den Zeitraum 08/13-01/14, insgesamt also einen Betrag in Höhe von 256,74 EUR zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
1. die Klage abzuweisen und
2. zu entscheiden, dass Kosten gemäß § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht zu erstatten sind.
Mit Schriftsatz vom 14.06.2017 hat der Beklagte Änderungsbescheide vom 23.11.2013 und vom 21.07.2014 vorgelegt. Mit dem zuerst genannten Bescheid hat der Beklagte ab dem 01.01.2014 höhere Regelbedarfe berücksichtigt. Mit dem zuletzt genannten Bescheid hat der Beklagte aufgrund einer Anpassung der Verwaltungsvorschrift des Landkreises fü...