Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitssuchende: Kosten der Unterkunft und Heizung. Anforderungen an ein schlüssiges Konzept zur Bestimmung der Angemessenheit von Unterkunftskosten im Landkreis Wittenberg
Tenor
Der Aufhebungsbescheid vom 6. März 2013 wird aufgehoben und der Beklagte wird unter Abänderung des Bewilligungsbescheids des Beklagten vom 7. Juni 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. August 2012 verurteilt, dem Kläger weitere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von monatlich 89,50 Euro für den Zeitraum Juni 2012 bis August 2012, in Höhe von 167,48 Euro für den Monat September 2012, in Höhe von 181,55 Euro für den Monat Oktober 2012 sowie 167,24 Euro für den Monat November 2012 zu gewähren.
Der Beklagte erstattet die Kosten des Klägers.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Gewährung höherer Kosten der Unterkunft nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II) für den Zeitraum vom 1. Juni 2012 bis 30. November 2012 unter Berücksichtigung der nach der Wohngeldtabelle zuzüglich eines Sicherheitszuschlags angemessenen Werte.
Der am ... 1988 geborene Kläger steht seit 1. März 2011 im Leistungsbezug bei dem Beklagten. Er bewohnte eine 60 m² große Zweiraumwohnung in der ...straße in der Lutherstadt Wittenberg. Die Wohnung wird mit Gas beheizt, die Aufbereitung des warmen Wassers erfolgt über einen Elektroboiler. Die laut Mietvertrag zu entrichtende Nettokaltmiete betrug 325,00 Euro sowie 15,00 Euro für die Anmietung eines PKW-Stellplatzes zuzüglich einer Vorauszahlung für die Betriebskosten in Höhe von 60,00 Euro sowie für die Heizkosten ebenfalls in Höhe von 60,00 Euro. Mit Betriebskostenabrechnung vom 26. Juni 2012 wurde eine Nachzahlung in Höhe von 33,19 Euro gefordert. In dem Bescheid vom 26. Mai 2011 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass die tatsächlichen Aufwendungen des Klägers für Unterkunft und Heizung nach der Handlungsempfehlung des Beklagten unangemessen hoch seien. Er forderte den Kläger auf, die derzeitigen Kosten der Unterkunft unverzüglich, spätestens jedoch bis 30. November 2011 auf ein angemessenes Maß zu senken. Für einen Ein-Personen-Haushalt seien lediglich 273,50 Euro als angemessene Kosten der Unterkunft (Grundmiete und kalte Betriebskosten) anzusehen. Die Angemessenheit der Heizkosten ergäbe sich aus dem im aktuellen bundesdeutschen Heizspiegel angegebenen Wert für einen Ein-Personen-Haushalt mit einer angemessenen Wohnfläche von 50 m². Eine Kürzung der Kosten der Unterkunft und Heizung bei dem Kläger erfolgte ab 1. Dezember 2011.
Am 5. Juni 2012 beantragte der Kläger die Weiterbewilligung von Leistungen ab 1. Juni 2012 bei dem Beklagten. Mit Bescheid vom 7. Juni 2012 bewilligte der Beklagte dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Monate Juni bis November 2012 in Höhe von 716,10 Euro. Hierbei legte er Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 333,50 Euro sowie einen Mehrbedarfs für die Warmwasseraufbereitung von 8,60 Euro zugrunde.
Hiergegen legte der Kläger am 20. Juni 2012 Widerspruch ein. Zur Begründung führte er aus, dass die Absenkung der Kosten für Grundmiete und kalte Betriebskosten aufgrund der Richtlinie des Beklagten rechtswidrig sei. Die erhobenen Daten seien nicht ausreichend und berief sich auf den Beschluss des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 7. März 2012 - S 11 AS 2428/11 ER. Es seien die Werte der Wohngeldtabelle zugrunde zu legen.
Der Kläger nahm ab 30. Juli 2012 eine Tätigkeit bei der Firma P. als Produktionsarbeiter auf. Mit Schreiben vom 31. Juli 2012 teilte der Beklagte mit, dass die Leistung vorläufig ab September 2012 eingestellt werde.
Mit Widerspruchsbescheid vom 23. August 2012 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Kosten der Unterkunft und Heizung seien nur in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen zu erbringen, soweit diese angemessen sind. Grundlage für die Gewährung der Kaltmiete bilde die Verwaltungsvorschrift des Landkreises Wittenberg zur Gewährung von Leistungen für Unterkunft und Heizung. Grundlage zur Ermittlung der angemessenen Heizkosten bilde der bundesdeutsche Heizkostenspiegel. Die Kaltmiete sei unangemessen hoch, hierauf sei der Kläger mit Bescheid vom 26. Mai 2011 hingewiesen worden. Angemessen sei lediglich eine Kaltmiete in Höhe von 273,50 Euro sowie einmonatlicher Heizkostenverbrauch von 64,16 Euro. Die tatsächlichen Heizkosten betragen 60 Euro, diese seien angemessen und werden in voller Höhe übernommen.
Hiergegen richtet sich die am 24. September 2012 vor dem Sozialgericht Dessau-Roßlau erhobene Klage, mit der der Kläger die Berücksichtigung höherer Kosten der Unterkunft begehrt. Die Kosten der Unterkunft seien bis zur Grenze der Werte der Wohngeldtabelle und einem Sicherheitszuschlag von 10 % zu übernehmen. Die Absenkung der Kosten für die Grundmiete sei rechtswidrig. Die Richtlinie beruhe nicht auf einem schlüssigen Konzept, wie vom Bundessozialgericht in seiner ständigen Rechtsprechung gefordert werde. ...