Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende: Zustimmung zur Ortsabwesenheit. Anspruch auf Erlass eines Zustimmungsbescheides

 

Orientierungssatz

Ein Träger von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende kann nicht verpflichtet werden, einen Bescheid über eine Zustimmung zur Ortsabwesenheit eines Grundsicherungsempfängers zu erlassen, da ein solcher isolierter Bescheid nicht zulässig ist. Die Regelung zur Zustimmungspflicht bei Ortsabwesenheit stellt lediglich eine Leistungsvoraussetzung für den Bezug von Grundsicherungsleistungen dar und schafft keinen eigenen bescheidungsfähigen Anspruch des Leistungsbeziehers gegen den Grundsicherungsempfänger.

 

Tenor

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.

Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

 

Gründe

Der schriftsätzliche Antrag des Antragstellers, den Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu verpflichten, seine Ortsabwesenheit ab dem 02.08.2011 für drei Kalenderwochen zu genehmigen, hat keinen Erfolg.

Statthaft kann vorliegend nur ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sein. Da dem Antragsteller bisher noch keine Zustimmung zur Ortsabwesenheit erteilt wurde, begehrt er eine erstmalige Erweiterung seiner Rechtsposition. Die kann im einstweiligen Rechtsschutz nur durch den entsprechenden Erlass einer einstweiligen Anordnung erfolgen.

Nach § 86 b Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach Satz 2 der Vorschrift sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes setzt in diesem Zusammenhang einen Anordnungsanspruch, also einen materiell-rechtlichen Anspruch auf die Leistung, zu der die Antragsgegnerin im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verpflichtet werden soll, sowie einen Anordnungsgrund, nämlich einen Sachverhalt, der die Eilbedürftigkeit der Anordnung begründet, voraus. Der Antragsteller hat gem. § 86 b SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) die Tatsachen, die den Anordnungsanspruch und den Anordnungsgrund begründen glaubhaft zu machen.

Der Verpflichtung des Antragsgegners, im Wege einstweilige Anordnung die Zustimmung zur Ortsabwesenheit zu erteilen steht entgegen, dass es sich bei der Zustimmung zur Ortsabwesenheit i.S.v. § 7 Abs. 4a SGB II a.F. nicht um einen abschließende Sachentscheidung handelt, deren Erteilung isoliert gerichtlich erstritten werden kann.

Gemäß § 77 Abs. 1 SGB II ist § 7 Abs. 4a 1. Halbsatz SGB II a.F. in der bis zum 31.12.2010 geltenden Fassung weiterhin anwendbar, da noch keine Rechtsverordnung nach § 13 Abs. 3 SGB II erlassen wurde. Nach § 7 Abs. 4a 1. Halbsatz SGB II a.F. erhält Leistungen nach diesem Buch nicht, wer sich ohne Zustimmung des persönlichen Ansprechpartners außerhalb des in der Erreichbarkeits-Anordnung vom 23. Oktober 1997, geändert durch die Anordnung vom 16. November 2001, definierten zeit- und ortsnahen Bereichs aufhält. Sinn und Zweck dieser Norm ist es eine Regelung über die Ortsabwesenheit zu treffen. Die Bezugnahme auf die Erreichbarkeitsanordnung bezieht sich dabei darauf, unter welchen Voraussetzungen und für welche Dauer Leistungsträger der Grundsicherung für Arbeitsuchende einem Aufenthalt außerhalb des zeit- und ortsnahen Bereichs zustimmen sollen (Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Auflage 2008, § 7 Rn. 78). Es wird davon ausgegangen, dass § 7 Abs. 4a SGB II a.F. keine positive Anspruchsvoraussetzung für den Bezug von Leistungen nach dem SGB II darstellt, sondern vielmehr ein Leis-tungsausschluss die Folge sein soll, wenn sich der Leistungsempfänger bei rechtmäßiger Verweigerung der Zustimmung außerhalb des zeit- und ortsnahen Bereichs aufhält (LSG NRW, Beschluss vom 22.09.2010, L 9 B 166/09 AS und Beschluss vom 14.11.2008, L 12 B 129/08 AS; Eicher/Spellbrink, a.a.O., § 7 Rn. 78, 88).

Wenn mit § 7 Abs. 4a SGB II a.F. ein Leistungsausschluss verbunden ist, kann diese Norm lediglich eine Teilvoraussetzung zum Inhalt haben, die den Leistungsträger bei Vorliegen weiterer Voraussetzung berechtigt, bereits bewilligte Leistung wieder zu entziehen. Die Norm bietet keinen Anhaltspunkt dafür, dass über diese Teilvoraussetzung gesondert durch Verwaltungsakt entschieden werden kann. Insbesondere stellt sie keine Ermächtigungsgrundlage zum Erlass eines ausschließlich die Frage der Ortsabwesenheit regelnden Verwaltungsaktes dar. Vielmehr handelt es sich insofern allenfalls um eine behördliche Verfahrenshandlung im Sinne von § 44a Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und...

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