Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsanwaltsvergütung: Ermittlung der angemessenen Gebühr in einem Rechtsstreit über Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende. Voraussetzung der Annahme einer durchschnittlichen Bedeutung der Angelegenheit im Streit um Grundsicherungsleistungen

 

Orientierungssatz

1. Bei einem Rechtsstreit um Gewährung von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende ist jedenfalls dann im Rahmen der Gebührenermittlung eines beauftragten Rechtsanwalts von einer lediglich durchschnittlichen Bedeutung der Angelegenheit auszugehen, wenn nur ein Teil der Leistungen im Streit ist (hier: Kosten der Unterkunft) und der Streit zudem nur einen Teil des Bewilligungszeitraums betrifft.

2. Einzelfall zur Ermittlung der angemessenen Rechtsanwaltsvergütung im Rahmen eines Rechtsstreits über Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende (hier: Festsetzung der Mittelgebühr).

 

Tenor

Die Erinnerung der Erinnerungsführerin wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei. Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Streitig ist die Höhe der Festsetzung von aus der Staatskasse zu zahlender Vergütung im Rahmen bewilligter Prozesskostenhilfe.

Dem Ausgangsverfahren lag ein Rechtsstreit über die Gewährung von höheren Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) ausgehend von höheren Kosten der Unterkunft und Heizung für Oktober bis Dezember 2011 zu Grunde.

Aus der Betriebs- und Nebenkostenabrechnung des Klägers vom 29.07.2011 hatte sich ein Guthaben von 967,79 EUR ergeben, welches vom Vermieter zum Teil mit der Miete für September 2011 verrechnet wurde. Mit Schreiben vom 05.08.2011 teilte der Beklagte mit, dass der Kläger das Guthaben für sich verbrauchen könne, es aber bei der Weiterbewilligung von den Kosten der Unterkunft abgesetzt werde. Mit Bescheid vom 11.08.2011 erfolgte die Bewilligung von SGB II-Leistungen für September 2011 bis Februar 2012. Hierbei berücksichtigte der Beklagte von Oktober bis Dezember 2011 nur geminderte Kosten der Unterkunft und Heizung beim Kläger. Nach erfolglosem Widerspruch, vertreten durch die Erinnerungsführerin, erhob der Kläger, weiterhin vertreten durch die Erinnerungsführerin, am 25.11.2011 Klage. Hierfür wurde am 26.01.2012 Prozesskostenhilfe gewährt und die Erinnerungsführerin beigeordnet. Neben der dreiseitigen Klageschrift erfolgte durch die Erinnerungsführerin ein einseitiger Erwiderungsschriftsatz im Klageverfahren. Im Rahmen eines 30-minutigen Erörterungstermins am 09.10.2012 schlossen die Beteiligten einen Vergleich zur Erledigung des Rechtsstreites. Nach dem Vergleich gewährte die Beklagte dem Kläger weitere Kosten der Unterkunft für Dezember 2011 in Höhe von 230,00 EUR und übernahm die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 1/3.

Der Erinnerungsführer beantragte mit Schreiben vom 25.10.2012 die Kostenfestsetzung im Rahmen der Prozesskostenhilfe in Höhe von 937,72 EUR. Im Einzelnen: ___AMPX_•_SEMIKOLONX___X Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV RVG 320,00 EUR ___AMPX_•_SEMIKOLONX___X Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG 200,00 EUR ___AMPX_•_SEMIKOLONX___X Erledigungsgebühr Nr. 1006 VV RVG 216,00 EUR ___AMPX_•_SEMIKOLONX___X Post- und Telekommunikationsentgeltpauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR ___AMPX_•_SEMIKOLONX___X Fahrtkosten für 80 Kilometer anteilig zu ½ 12,00 EUR ___AMPX_•_SEMIKOLONX___X Abwesenheitspauschale 20,00 EUR ___AMPX_•_SEMIKOLONX___X 19 % Umsatzsteuer von 788,00 EUR (= 149,72 EUR).

Am 25.10.2012 setzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle die aus der Staatskasse zu erstattenden Gebühren und Auslagen in Höhe von 728,28 EUR fest. Sie berücksichtigte die Verfahrensgebühr in Höhe von 170,00 EUR und die Erledigungsgebühr in Höhe von 190,00 EUR. Die Absetzungen begründete sie damit, dass die Höhe der geltend gemachten Gebühren unbillig sei. Bei einem Durchschnittsfall sei die Mittelgebühr angemessen. Dies sei vorliegend der Fall. Entsprechend reduziere sich auch die Umsatzsteuer. Die übrigen Gebühren und Auslagen setzte sie wie beantragt fest.

Gegen die Festsetzung hat die Erinnerungsführerin am 03.11.2012 Erinnerung eingelegt. Sie ist der Ansicht, dass die Gebühren zu Unrecht herabgesetzt wurden. Bei der Verfahrensgebühr sei die Höchstgebühr angemessen. Das Verfahren habe für den Kläger erhebliche Bedeutung gehabt. Ein Plus von mehr als 900,00 EUR, wie mit der Klage gefordert, stellte wegen seiner unterdurchschnittlichen wirtschaftlichen Verhältnisse eine massive finanzielle und emotionale Entlastung für ihn dar. Die Angelegenheit sei auch rechtlich anspruchsvoll gewesen. Bei der Erledigungsgebühr seien nicht mehr als 20 % über der Mittelgebühr beantragt worden. Dies liege im Rahmen der Billigkeit.

Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat der Erinnerung nicht abgeholfen (Beschluss vom 06.11.2011).

Der Erinnerungsgegner ist der Ansicht, dass die Erinnerung unbegründet sei. Anhaltspunkte für eine höhere Verfahrensgebühr als 170,00 EUR seien nicht gegeben. Es liege kein durchschnittliches Verfahren vor, daher sei auch keine erhöhte E...

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