Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss. Höhe der Verfahrensgebühr bei unterdurchschnittlichem Umfang und unterdurchschnittlicher Schwierigkeit des Klageverfahrens. Höhe der Terminsgebühr bei kurzer Dauer des Termins der mündlichen Verhandlung. Entstehen der Erledigungsgebühr bei Einwirkung des Rechtsanwalts auf seinen Mandanten

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Höhe der Prozesskostenhilfevergütung in einem grundsicherungsrechtlichen Verfahren nach dem SGB II, in dem Betragsrahmengebühren entstehen; insbesondere zur Frage, wie die Berechnung der Verfahrensgebühr nach Nr. 3103 VV-RVG i. V. m. Nr. 1008 VV-RVG vorgenommen werden muss, wenn mehrere Auftraggeber vertreten worden sind (Betragsrahmenverschiebung); ferner zur Frage der Entstehung der Erledigungsgebühr nach Nr. 1005/1006 VV-RVG sowie zur reformatio in peius im Erinnerungsverfahren, die sich nach Auffassung des Gerichts nur auf den Gesamtvergütungsanspruch bezieht .

 

Orientierungssatz

1. Die Verfahrensgebühr der Nr. 3103 VV-RVG, 1008 VV-RVG ist unterhalb der Mittelgebühr in Höhe von 200 € festzusetzen, wenn von unterdurchschnittlichem Umfang und unterdurchschnittlicher Schwierigkeit des Klageverfahrens auszugehen ist. Dies ist der Fall, wenn die Tätigkeit des Rechtsanwalts sich auf das Verfassen eines kurzen Klageschriftsatzes beschränkt und umfangreiche Repliken der Beklagten nicht zu würdigen sind sowie die Verfahrensdauer insgesamt ungewöhnlich kurz ist.

2. Für die Wahrnehmung eines unterdurchschnittlichen Termins ist die Festsetzung der Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV-RVG unterhalb der Mittelgebühr in Höhe eines Betrages von 120 € angemessen. Dies ist der Fall bei einer Dauer des Termins der mündlichen Verhandlung von lediglich 18 Minuten im Vergleich zur üblichen Dauer sozialgerichtlicher Termine zwischen 30 und 45 Minuten.

3. Die Erledigungsgebühr nach Nr. 1005, 1006 VV-RVG entsteht, wenn der Rechtsanwalt sich mit seinem Mandanten auseinandersetzt und überzeugend auf ihn einwirkt, sich mit einem Weniger zufrieden zu geben, als er ursprünglich begehrt hatte. Ferner kommt die Zuerkennung der Erledigungsgebühr dann in Betracht, wenn der Prozessbevollmächtigte der Erinnerungsführer den Rahmen der seiner Mandantschaft obliegenden Mitwirkungspflicht überschreitet und so zur Gesamterledigung beiträgt.

 

Tenor

Die Erinnerung der Erinnerungsführerin vom 19. Februar 2009 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 30. Januar 2009 - S 40 AS 1142/08 - wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Die Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei.

Diese Entscheidung ist nicht mit der Beschwerde an das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen anfechtbar.

 

Gründe

Die Erinnerungsführerin macht als beigeordnete Rechtsanwältin einen Anspruch auf Festsetzung einer höheren Vergütung aus Prozesskostenhilfemitteln der Staatskasse geltend. Im zugrunde liegenden Klageverfahren stritten die dortigen Beteiligten um die Verpflichtung der Beklagten, die tatsächlichen Kosten der Unterkunft für das Jahr 2005 im Rahmen der Leistungsgewährung nach den Bestimmungen des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitssuchende - (SGB II) zu gewähren. Streitig blieb insoweit die Übernahme eines Betrages in Höhe von einmalig 171,12 €. Das Verfahren endete nach etwa zweimonatiger Verfahrensdauer durch die Annahme eines von der Beklagten im Rahmen einer mündlichen Verhandlung abgegebenen Anerkenntnisses, wonach diese sich verpflichtete, einen (weiteren) Betrag in Höhe von 131,96 € zu gewähren.

Die Erinnerung bleibt ohne Erfolg; sie war dementsprechend zurückzuweisen.

Der beigeordnete Rechtsanwalt ist in Verfahren über die Festsetzung der Rechtsanwaltsvergütung aus Prozesskostenhilfemitteln (neben der Staatskasse) gemäß § 56 Abs. 1 S. 1 des Gesetzes über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - (RVG)) allein erinnerungsbefugt (vgl. Gerold/Schmidt - Müller-Rabe, RVG, § 56, Rdn. 6). Das Rubrum war dementsprechend von Amts wegen zu berichtigen.

Die danach gemäß § 56 Abs. 1 RVG gegen die Kostenfestsetzung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 30. Januar 2009 - S 40 AS 1142/08 - erhobene Erinnerung der Erinnerungsführerin ist zulässig, jedoch unbegründet.

Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat die Kosten des Rechtsstreits jedenfalls nicht zu Lasten der Erinnerungsführerin zu niedrig festgesetzt. Die Kammer hält zwar - entgegen der Auffassung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle - lediglich eine Rechtsanwaltsvergütung in Höhe eines Betrages von 535,50 € für angemessen. Wegen des Verbotes der reformatio in peius - der Erinnerungsgegner hat keine Erinnerung erhoben - verbleibt es jedoch bei der urkundsbeamtlichen Festsetzung in Höhe eines Betrages von 585,48 €. Nach Auffassung der Kammer ist in die Berechnung eine Verfahrensgebühr in Höhe eines Betrages von 200,00 € (dazu unter 1.) einzustellen; die Erinnerungsführerin...

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