Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankengeld. nicht rechtzeitige Meldung der Arbeitsunfähigkeit durch Versicherten. Verlust des Anspruchs. keine Suspendierung durch § 5 Abs 1 S 5 EntgFG
Orientierungssatz
1. Versäumt der Versicherte die Meldung der Arbeitsunfähigkeit, führt dies zu einem regelmäßig endgültigen Verlust des entstandenen und fälligen Anspruchs. Dies gilt selbst dann, wenn die Voraussetzungen für die Krankengeldzahlung zweifelsfrei gegeben sind und dem Versicherten kein Verschulden trifft (vgl BSG vom 8.2.2000 - B 1 KR 11/99 R = BSGE 85, 271 = SozR 3-2500 § 49 Nr 4).
2. Die Regelung des § 5 Abs 1 S 5 EFZG (juris: EntgFG) suspendiert nicht die Obliegenheiten des Versicherten nach § 49 Abs 1 Nr 5 SGB 5 (Entgegen LSG Essen vom 11.12.2003 - L 16 KR 159/02 und vom 26.8.2004 - L 16 KR 324/03 und Anschluss an LSG Stuttgart vom 21.10.2015 - L 5 KR 5457/13 und vom 22.11.2017 - L 5 KR 2067/17).
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um einen Anspruch auf Krankengeld im Zeitraum vom 10.06.2016 bis zum 28.06.2016.
Die 1986 geborene Klägerin war ab dem 01.06.2016 als Arbeitnehmerin bei der J Handelsgesellschaft mbH & Co. KG tätig und bei der Beklagten krankenversichert. Der Arbeitsvertrag war bis zum 31.05.2017 befristet.
Am 10.06.2016 erkrankte die Klägerin arbeitsunfähig. Die Gemeinschaftspraxis E/T attestierte an diesem Tag Arbeitsunfähigkeit bis 01.07.2016 aufgrund der Diagnose F43.0G (akute Überlastungsreaktion).
Am 16.06.2016 kündigte die Klägerin das Arbeitsverhältnis zum 30.06.2016.
Sie legte der Beklagten am 01.07.2016 die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 10.06.2016 vor und beantragte die Gewährung von Krankengeld.
Ab dem 01.07.2016 bezog die Klägerin von der Bundesagentur für Arbeit Arbeitslosengeld.
Für den Zeitraum vom 10.06.2016 bis zum 30.06.2016 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 04.07.2016 die Zahlung von Krankengeld ab. Sie begründete dies damit, dass die Klägerin die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu spät vorgelegt habe.
Hiergegen hat die Klägerin Widerspruch eingelegt. Sie macht geltend, sie habe nicht gewusst, dass die Arbeitgeberin innerhalb der ersten vier Wochen des Arbeitsverhältnisses keine Entgeltfortzahlung leisten müsse. Dies sei ihr erst Ende Juni 2016 im Rahmen der Lohnabrechnung aufgefallen. Auch sei ihr nicht klar gewesen, dass es nicht ausreiche, die Arbeitsunfähigkeit der Arbeitgeberin anzuzeigen.
Mit Bescheid vom 05.08.2016 lehnte es die Beklagte ab, für den 01.07.2016 Krankengeld zu zahlen. Sie führte aus, die Klägerin habe durch ihre Kündigung zum 30.06.2016 auf ihre Entgeltfortzahlungsansprüche ab dem 01.07.2016 verzichtet. Dies wirke sich auch auf den Krankengeldanspruch aus.
Den Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 29.08.2016 als unbegründet zurück. Sie verbleibt bei ihrer Einschätzung, wonach der Anspruch auf Krankengeld für die Zeit vom 10.06.2016 bis zum 28.06.2016 wegen verspäteter Anzeige der Arbeitsunfähigkeit ruhe.
Am 30.09.2016 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie macht geltend, auf die Rechtsfolgen einer verspäteten Anzeige nicht hinreichend hingewiesen worden zu sein. Ausweislich der für sie bestimmten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung sei lediglich im unteren Bereich ein kleingeschriebener Hinweis zum Krankengeld zu finden. Auf diesem Formular habe der behandelnde Arzt für den Krankengeldfall kein Kreuz gesetzt. Ein Verschulden des behandelnden Arztes sei insoweit der Beklagten zuzurechnen.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat die Klägerin die Klage bezüglich des Bescheides der Beklagten vom 05.08.2016 zurückgenommen und ihre Ansprüche auf den Zeitraum vom 10.06.2016 bis zum 28.06.2016 begrenzt.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 04.07.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.08.2016 zu verurteilen, ihr für den Zeitraum vom 10.06.2016 bis zum 28.06.2016 Krankengeld nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie bezieht sich auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte verwiesen. Die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 04.07.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.08.2016 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung von Krankengeld für den Zeitraum vom 10.06.2016 bis zum 28.06.2016.
Rechtsgrundlage für den Anspruch auf Gewährung von Krankengeld ist § 44 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V). Danach haben Versicherte unter anderem Anspruch auf Krankengeld, wenn Krankheit sie arbeitsunfähig macht.
Die Klägerin war im streitgegenständlichen Zeitraum bei der Bek...