Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankengeld. Ruhen des Anspruchs bei verspäteter Meldung der Arbeitsunfähigkeit. Meldeobliegenheit des Versicherten. keine Übertragung durch § 5 Abs 1 S 5 EFZG auf den Vertragsarzt. Pflichtverletzung des Vertragsarztes der Krankenkasse nicht zuzurechnen. keine Verletzung der Aufklärungs- und Beratungspflichten. kein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch
Orientierungssatz
1. Die Regelung in § 5 Abs 1 S 5 EFZG (juris: EntgFG) hat nicht die rechtliche Konsequenz, dass die Obliegenheit des Versicherten aus § 49 Abs 1 Nr 5 SGB 5 im Anwendungsbereich des EFZG auf den behandelnden, die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausstellenden Vertragsarzt übertragen wird. Darüber hinaus führt eine etwaige Verletzung der Pflicht aus § 5 Abs 1 S 5 EFZG durch den Vertragsarzt nicht dazu, dass dieser Fehler im Rahmen des § 49 Abs 1 Nr 5 SGB 5 der Krankenkasse zuzurechnen ist (Anschluss an LSG Stuttgart vom 21.10.2015 - L 5 KR 5457/13 und vom 22.11.2017 - L 5 KR 2067/17).
2. Eine Krankenkasse hat keine Aufklärungs- und Beratungspflichten verletzt, wenn sie den Versicherten nicht selbst oder durch den behandelnden Vertragsarzt auf seine Obliegenheit nach § 49 Abs 1 Nr 5 SGB 5 hingewiesen hat (vgl LSG Essen vom 9.12.2004 - L 2 KR 54/04 = juris RdNr 18).
3. Ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch scheitert ua daran, dass eine rückwirkende Fiktion der rechtzeitigen Meldung iSd § 49 Abs 1 Nr 5 SGB 5 der Zielsetzung dieser Vorschrift widerspricht.
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Sprungrevision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Zahlung von weiterem Krankengeld für die Zeit vom 12.07.2017 bis 23.07.2017.
Im Zeitraum vom 03.07.2017 bis 26.07.2017 war die Klägerin bei der X. beschäftigt und bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert.
Am 12.07.2017 erkrankte die Klägerin arbeitsunfähig. Der Arzt Dr. M. attestierte der Klägerin an diesem Tag Arbeitsunfähigkeit bis Freitag, den 14.07.2017, aufgrund der Diagnose M77.1G R (Epicondylitis humeri radialis rechts). Am Montag, den 17.07.2017, stellte Dr. M. eine Folgebescheinigung bis Freitag, den 21.07.2017, aufgrund derselben Diagnose aus. Am Montag, den 24.07.2017, stellte Dr. M. für diesen Tag erneut eine Folgebescheinigung aus. Die Klägerin erhielt im Zeitraum ihrer Arbeitsunfähigkeit vom 12.07.2017 bis 24.07.2017 keine Entgeltfortzahlung von ihrem Arbeitgeber.
Am 27.07.2017 überreichte die Klägerin der Beklagten in deren Regionalgeschäftsstelle Süd ihre Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vom 12.07.2017, 17.07.2017 und 24.07.2017 und beantragte die Zahlung von Krankengeld. Mit Bescheid vom 27.07.2017 lehnte die Beklagte die Zahlung von Krankengeld für die Zeit vom 12.07.2017 bis 23.07.2017 ab. Der Anspruch der Klägerin auf Krankengeld ruhe in diesem Zeitraum, da der Beklagten die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen für diesen Zeitraum nicht innerhalb einer Woche nach Ausstellungsdatum vorgelegen hätten. Für den 24.07.2017 wurde der Klägerin Krankengeld gezahlt.
Hiergegen legte der Bevollmächtigte der Klägerin am 08.08.2017 Widerspruch ein (Schriftsatz vom 07.08.2017) und begründete ihn damit, dass die Beklagte sich zu Unrecht auf das Ruhen des Krankengeldanspruchs vom 12.07.2017 bis 23.07.2017 nach § 49 Abs. 1 Nr. 5 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) berufe. Zwar sei es nach dieser Vorschrift grundsätzlich eine Obliegenheit des Versicherten, die Arbeitsunfähigkeit rechtzeitig der Krankenkasse zu melden. In der Regel würden die Folgen einer verspäteten Meldung zwar den Versicherten treffen, jedoch nicht ausnahmslos. Nach § 5 Abs. 1 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) sei der Arbeitnehmer verpflichtet, dem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer mitzuteilen und ihm eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorzulegen. Dieser Obliegenheit sei die Klägerin nachgekommen. Nach § 5 Abs. 1 S. 5 EFZG müsse die ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zur Vorlage beim Arbeitgeber bei einem gesetzlich versicherten Arbeitnehmer einen Vermerk des behandelnden Arztes darüber enthalten, dass die Krankenkasse unverzüglich über die Arbeitsunfähigkeit informiert werde. In dem der Klägerin übergebenen Formular finde sich keine solche Angabe. Aus der Regelung des § 5 Abs. 1 S. 5 EFZG ergebe sich, dass der Versicherte mit Anspruch auf Entgeltfortzahlung der Verpflichtung enthoben sei, der Krankenkasse die Arbeitsunfähigkeit zu melden. Das BSG habe im Urteil vom 28.10.1981 (3 RK 59/80) entschieden, dass das Gleiche gelten müsse, wenn bei Eintritt der Arbeitsunfähigkeit ein Anspruch auf Arbeitslosengeld bestehe, wenn der behandelnde Kassenarzt bei Ausstellung und Aushändigung der Bescheinigung für die Arbeitsunfähigkeit gemäß dem heute geltenden § 5 Abs. 1 S. 5 EFZG verfahre. Selbst wenn eine derartige Vorgehensweise nicht den gesetzlichen Regelungen oder sonstigen Regularien entspreche, falle nach der Rechtsprechung des BSG dies nic...