Entscheidungsstichwort (Thema)
Erlöschen des Anspruchs auf vorzeitige Altersrente bei Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze - sozialrechtlicher Herstellungsanspruch
Orientierungssatz
1. Nach § 34 Abs. 2 SGB 6 besteht ein Anspruch auf Rente wegen Alters vor Vollendung des 65. Lebensjahres nur dann, wenn die Hinzuverdienstgrenze nicht überschritten wird.
2. Das Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze nach § 34 SGB 6 bewirkt, dass der Rentenanspruch erlischt. Die Einhaltung dieser Grenze ist eine negative Anspruchsvoraussetzung.
3. Sobald die Hinzuverdienstgrenze nicht mehr überschritten wird, besteht grundsätzlich ein Rentenanspruch. Weil der Rentenanspruch zuvor erloschen war, bedarf es zur erneuten Rentenbewilligung der Antragstellung gemäß § 115 Abs. 1 SGB 6. Dem Rentenversicherungsträger obliegt nach § 115 Abs. 6 SGB 6 die Pflicht, Versicherte auf das Antragserfordernis hinzuweisen. Ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch des Versicherten gegen den Rentenversicherungsträger setzt in jedem Fall die Kenntnis des Leistungsträgers vom Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze voraus.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtlichen Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Rückforderung überzahlter Rentenbeträge wegen der Berücksichtigung von Einkünften des Klägers aus seinem Gewerbebetrieb.
Am 09.02.2000 beantragte der am 00.00.1937 geborene Kläger bei der Beklagten die Altersrente wegen Vollendung des 60.Lebensjahres für Versicherte, die als Schwerbehinderte nach §1 des Schwerbehindertengesetzes anerkannt sind. Bei dem Kläger ist ein Grad der Behinderung von 50 anerkannt. Er gab an, mit einem Dachdeckerbetrieb selbstständig zu sein. Die Beklagte teilte daraufhin mit Schreiben vom 14.03.2000 mit, die Höhe des Altersruhegeldes sei u.a. von der Einhaltung der Hinzuverdienstgrenze abhängig, diese betrage für eine Vollrente ab 01.01.2000 monatlich 640 DM und bat um Übersendung einer Kopie des letzten Einkommenssteuerbescheides. Der Kläger reichte am 23.03.2000 die Einkommens - Steuerbescheide von 1995 bis 1998 bei der Beklagten ein und gab für 1999 an, seine Einkünfte seien laut Auskunft seines Steuerberaters auf "0".
Mit Bescheid vom 27.03.2000 bewilligte die Beklagte die beantragte Rente ab 01.02.2000 in Höhe von monatlich 1.506,57 DM.
Im August 2000 reichte der Kläger den Einkommenssteuerbescheid für das Jahr 1999 nach. Unter "Einkünfte aus Gewerbebetrieb" ist einen Betrag von 69.374 DM ausgewiesen. Am 07.02.2002 legte er den Einkommenssteuerbescheid für das Jahr 2000 vor, woraus sich "Einkünfte aus Gewerbebetrieb" von 131.547DM ergeben.
Mit Schreiben vom 12.04.2002 teilte die Beklagte dem Kläger mit, sie beabsichtige den Bescheid vom 27.03.2000 abzuändern, weil sich nach seinem Erlass das im Rahmen der Hinzuverdienstregelung zu berücksichtigende Einkommen geändert habe und dieses zum Wegfall der Rentenzahlung führe. Es sei geplant, die Rentenzahlung mit Ablauf des Monats April 2002 einzustellen und ihn zur Erstattung der in der Zeit vom 01.02.2000 bis 30.04.2002 in Höhe von 22.647,98 Euro zu Unrecht erbrachten Leistungen zu verpflichten. Der Kläger führte dazu aus, er habe zwar für das Jahr 2000 einen einkommenssteuerpflichtigen Gewinn in Höhe von 131.547 DM erwirtschaftet, aufgrund eines Verlustvortrages in Höhe von 148.728 DM seien aber steuerlich 130.000 DM für das Kalenderjahr 2000 verbraucht worden.
Mit Bescheid vom 03.05.2002 hob die Beklagte den Bescheid vom 27.03.2000 mit Wirkung ab 01.02.2000 hinsichtlich der Rentenhöhe auf und forderte den Kläger auf, den für den Zeitraum vom 01.02.2000 bis zum 30.04.2002 überzahlten Betrag von 22.647,98 Euro zu erstatten. Zur Begründung führte sie aus, unter Beachtung der §§48 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 3 Sozialgesetzbuch - zehntes Buch - (SGB X), 34 Abs.2 und 3 Sozialgesetzbuch - sechstes Buch - (SGB VI), seien die Hinzuverdienstgrenzen überschritten und dies führe zu einer Minderung bzw. zu einem Wegfall der Rentenzahlung. Er habe laut Einkommenssteuerbescheid 2000 ein Einkommen aus dem Gewerbebetrieb in Höhe von 131.547 DM erzielt und dieses Einkommen sei bei der Ermittlung des maßgebenden Einkommens zu berücksichtigen. Ein Verlustabzug aus anderen Veranlagungsjahren dürfe bei der Ermittlung des Arbeitseinkommens nicht abgesetzt werden. Nach §15 SGB VI sei der steuerliche Gewinn aus der selbständigen Tätigkeit und nicht das zu versteuernde Einkommen maßgebend, daraus ergebe sich ein monatlicher Hinzuverdienst von 5.604,91 Euro und dieser überschreite die Hinzuverdienstgrenze. Es bestehe daher ab 01.02.2000 kein Anspruch auf Zahlung und somit werde die Rentenzahlung mit Ablauf des Monats April 2002 eingestellt. Die Verpflichtung zur Erstattung ergebe sich aus §50 SGB X.
Der Kläger legte Widerspruch ein: Es liege keine Überschreitung der Hinzuverdienstgrenze vor. Die Bemessung des Einkommens richte sich gemäß der neu gefaßten Regelung des §15 Abs. 1 SGB VI nach den Bestimmungen des Einkommenssteuerrechts. Es bestehe insoweit eine vollständige ...