Entscheidungsstichwort (Thema)
Bewilligung von Leistungen für die Unterkunft durch einstweiligen Rechtschutz nach Kündigung der Wohnung
Orientierungssatz
1. Leistungen der Grundsicherung erhalten gemäß § 7 Abs. 1 S. 1 SGB 2 u. a. Unionsbürger als Arbeitnehmer nach mehr als einem Jahr Tätigkeit bei unfreiwilliger durch die Arbeitsagentur bestätigter Arbeitslosigkeit, § 2 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 FreizügG.
2. Zur Bewilligung von Leistungen für die Unterkunft nach § 22 SGB 2 durch einstweiligen Rechtschutz gemäß § 86b Abs. 2 SGG ist ein Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund glaubhaft zu machen. Bei der Entscheidung über das Bestehen des notwendigen Anordnungsgrundes ist zu berücksichtigen, welche negativen Folgen finanzieller, sozialer, gesundheitlicher oder sonstiger Art ein Verlust der konkreten Wohnung für die Betroffenen hätte.
3. Dabei ist bei einer ausländischen fünfköpfigen Familie mit einem Kleinkind und unzureichenden Sprachkenntnissen zu berücksichtigen, dass diese bei wegen Mietrückständen gekündigter Wohnung erhebliche Probleme hätte, eine neue Wohnung zu finden. Das Risiko eines Verlustes der Wohnung auf Grund der voraussichtlichen Dauer bis zur abschließenden Klärung des Leistungsanspruchs im Hauptsacheverfahren ist für die Antragsteller nicht hinnehmbar. Damit ist der für die Bewilligung von einstweiligem Rechtschutz erforderliche Anordnungsgrund zu bejahen.
Tenor
Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antragstellern vorläufig für die Zeit vom 21.12.2017 bis 28.02.2018 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in gesetzlicher Höhe bestehend aus den Regelbedarfen in gesetzlicher Höhe und den Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 4/5 von monatlich 595 Euro unter Berücksichtigung des Einkommens aus Kindergeld zu gewähren.
Der Antragsgegner hat den Antragstellern ihre notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe
I.
Die Antragsteller begehren im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes SGB II-Leistungen.
Die Antragsteller sind eine Familie, bestehend aus der Antragstellerin zu 1) und ihren drei Kindern. Die Antragsteller stammen aus Bulgarien. Der Lebensgefährte der Antragstellerin erhält Leitungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz.
Im Mai 2017 stellten die Antragsteller einen Leistungsantrag. Die Antragstellerin zu 1) gab an, seit dem 01.01.2017 bei einer Pizzeria in E als Küchenhilfe zu arbeiten. Vor ihrer Elternzeit habe die Antragstellerin von Dezember 2014 bis Mai 2015 als Küchenhilfe im Bahnhofsimbiss der Stadt I gearbeitet. Von Oktober 2013 bis November 2014 sei sie bei der N GmbH beschäftigt gewesen (Seite 3 des Leistungsantrags vom 10.05.2017). Die Antragsteller zu 2) bis 4) erhalten Kindergeld (Anlage zur Feststellung der Einkommensverhältnisse, Bl. 38 Verwaltungsakte). Ob der Antragsgegner bei der Antragstellung einen Dolmetscher zur Verfügung gestellt hat, ist unklar. Aus einem Vermerk des Antragsgegners geht hervor, dass die Antragstellerin zu 1) kein Deutsch spricht und Analphabetin ist (Bl. 17 Verwaltungsakte).
Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz für den Antragsteller zu 2) wurden mit Bescheid vom 05.05.2017 eingestellt.
In der Verwaltungsakte befinden sich Gehaltsabrechnungen mit einem Bruttogehalt in Höhe von 324 Euro (Bl. 18, 32 - 35 Verwaltungsakte). In der Verwaltungsakte befindet sich auch eine Kopie des Arbeitsvertrags vom 01.01.2017 (Bl. 31 Verwaltungsakte). Das Arbeitsentgelt wurde gegen Quittung ausgezahlt (Bl. 36 Verwaltungsakte).
In der Verwaltungsakte befindet sich ein Wohnraummietvertrag über die jetzige Wohnung mit einer Miete in Höhe von 535 Euro (Bl. 48 Verwaltungsakte) und eine entsprechende Mietbescheinigung (Bl. 54 Verwaltungsakte).
Der Bescheid der Stadt Hamm vom 19.04.2017 bestätigt, dass der Lebensgefährte der Antragstellerin zu 1) Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhält (Bl. 59 Verwaltungsakte).
Mit Bescheid vom 16.05.2017 lehnte der Antragsgegner den Antrag ab. Man halte es nicht für überwiegend wahrscheinlich, dass die Antragsteller hilfebedürftig seien. Der Bescheid wurde den Antragstellern zugestellt (Bl. 64 Verwaltungsakte).
Aus vorgelegten Schulbescheinigungen geht hervor, dass die Antragsteller zu 2) und 3) zur Schule gehen (Bl. 66 f. Verwaltungsakte).
Die Antragsteller überreichten im Juni 2017 eine Arbeitgeberbescheinigung (Bl. 69 Verwaltungsakte) und eine Anmeldung zur Sozialversicherung (Bl. 79 Verwaltungsakte).
Für Erdgas zahlen die Antragsteller monatliche Abschläge in Höhe von 60 Euro (Bl. 84 Verwaltungsakte).
In der Verwaltungsakte befindet sich ein weiterer Arbeitsvertrag der Pizzeria aus E mit Arbeitsbeginn am 01.11.2015 über 10-12 Stunden pro Woche (Bl. 47 Verwaltungsakte). Aus einer Mitteilung der Minijob Zentrale vom 14.06.2017 (Bl. 99 ff. Verwaltungsakte) geht hervor, dass die Antragstellerin in der Zeit vom 01.11.2015 bis 31.05.2016 und ab dem 01.01.2017 bei der Pizzeria gearbeitet hat und auch gemeldet war. Die Antragstellerin hat weitere Gehaltsabrechnungen und Stundenze...