Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit bei einem Betreuer
Orientierungssatz
1. Bei der Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit ist von Ersterer auszugehen, wenn eine Tätigkeit in einem Arbeitsverhältnis nach Weisungen erfolgt und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers vorliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit durch ein eigenes Unternehmerrisiko, eine eigene Betriebsstätte und die freie Verfügung über die eigene Arbeitskraft gekennzeichnet.
2. Wird eine Betreuungstätigkeit nach Weisungen des Auftraggebers ausgeübt, sind Art, Ort und zeitlicher Umfang der Tätigkeit vorgegeben, ist der Betreuer in die Arbeitsorganisation des Auftraggebers eingegliedert, existiert eine Vereinbarung der Vergütung nach einem festen Stundensatz, wird das notwendige Arbeitsmaterial vom Auftraggeber gestellt und hat der Betreuer ein unternehmerisches Risiko nicht zu tragen, so ist von dem Bestehen einer abhängigen Beschäftigung auszugehen.
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob für eine von der Beigeladenen zu 1) vom 01.09.2006 bis auf weiteres für den Kläger ausgeübte Tätigkeit Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung besteht.
Am 04.10.2006 stellte der Kläger einen Antrag auf sozialversicherungsrechtliche Beurteilung einer von der am 01.05.1964 geborenen Beigeladenen zu 1) für ihn ab 01.09.2006 bis auf weiteres verrichteten Tätigkeit. Zur Begründung führte er im wesentlichen aus, die Beigeladene zu 1) sei für ihn seit dem 09.01.1990 sozialversicherungspflichtig als Verwaltungsangestellte zum Teil in dessen Einrichtung "Beratungsstelle" sowie in der allgemeinen Verwaltung beschäftigt. Seit rund einem Jahr studiere die Beigeladene zu 1) berufsbegleitend Sozialarbeit. Zusätzlich zu der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung habe man mit ihr für die Zeit ab 01.09.2006 in dessen Einrichtung "Betreutes Wohnen" verschiedene Arbeitsverträge über sozialarbeiterische Betreuung als arbeitnehmerähnliche Person nach § 12 a TVG geschlossen.
Einen dieser Verträge "über die Übernahme einer eigenverantwortlichen Betreuung im Rahmen eines arbeitnehmerähnlichen Vertragsverhältnisses zwischen dem Kläger (Auftraggeber genannt) und der Beigeladenen zu 1) (Auftragnehmer genannt) vom 13.09.2006" legte der Kläger vor. Diese vertragliche Vereinbarung lautet ihrem wesentlichen Inhalt nach wie folgt: "§ 1 Aufgabengebiet Der Auftragnehmer wird den Auftraggeber bei der Durchführung des Betreuten Wohnens für psychisch erkrankte Menschen gemäß § 39 BSHG unterstützen. Er übernimmt die einzelfallbezogene Mitarbeit in der Betreuung von Frau (persönliche Daten der Klientin wurden anonymisiert). Der zeitliche Umfang beträgt wöchentlich 60 Minuten. Inhalt und Umfang dieser Aufgabe besteht in der Durchführung unmittelbarer und mittelbarer Hilfen sowie direkter Leistungen und bemißt sich nach dem von der Hilfeplankonferenz (HPK) beschlossenen Hilfeplan und der vom Landschaftsverband Westfalen-Lippe dafür festgelegten Stundenzahl. Nach Ablauf der durchgeführten Tätigkeit wird die geleistete Arbeit pro Einsatz auf dem mitzuführenden Quittierungsbeleg von dem Klienten/der Klientin per Unterschrift quittiert (Anlage 2). Die Zeit wird im 10-Minuten-Takt festgehalten. § 2 Grundlagen der Zusammenarbeit Der Auftragnehmer ist bei der Betreuung nicht weisungsgebunden. Er nimmt die von ihm übernommenen Aufgaben in voller Eigenverantwortung wahr. Er stimmt seine Arbeit mit dem Fallverantwortlichen des Klienten/der Klientin ab. Der Auftragnehmer ist in der Bestimmung seiner Arbeitszeit frei und stimmt diese mit dem Klienten/der Klientin ab. Die Betreuungszeiten orientieren sich an den Erfordernissen des Einzelfalles und finden falls notwendig auch am Abend und an den Wochenenden statt. Der Auftragnehmer gewährleistet einen kontinuierlichen Informationsaustausch, mindestens alle zwei Wochen, über den Entwicklungstand der übernommenen Betreuung. Der Auftragnehmer verpflichtet sich, über alle ihm während der Tätigkeit für den Auftraggeber anvertrauten oder sonst bekannt werdenden fremden Geheimnisse, namentlich jene, die zum persönlichen Lebensbereich von betreuten Personen gehören, Stillschweigen zu bewahren. Dies gilt auch für die Zeit nach Beendigung des Vertragsverhältnisses und im übrigen auch für Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse sowie sonstige geschäftliche bzw. betriebliche Tatsachen. Der Auftragnehmer verpflichtet sich, betreute Personen, die er ihm Auftrag des Auftraggebers betreut bzw. von deren Betreuungsbedarf er im Rahmen seiner Tätigkeit Kenntnis erhält, nicht ohne Beteiligung des Auftraggebers eigenständig und/oder auf fremde Rechnung zu betreuen, noch deren Betreuung an Dritte zu vermitteln....