Entscheidungsstichwort (Thema)
Private Pflegeversicherung. Höhe der Leistung bei Verhinderungspflege. aktive Legitimation des Versicherungsnehmers
Orientierungssatz
Die Leistungen für Verhinderungspflege sind nicht anteilsmäßig auf einen Betrag von maximal 100,00 DM pro Tag zu kürzen. Sie sind vielmehr auch bei Verhinderungspflege von weniger als 28 Tagen Dauer pro Kalenderjahr bis zum gesetzlich vorgesehenen Höchstbetrag von 2.800,00 DM pro Kalenderjahr zu erbringen.
2. Die Tatsache, daß § 110 Abs 3 Nr 6 SGB 11 die beitragsfreie Mitversicherung der Kinder des Versicherungsnehmers unter denselben Voraussetzungen, wie in § 25 SGB 11 festgelegt, für die privaten Versicherungsverträge zur Bedingung macht, läßt die Stellung des Versicherungsnehmers als alleinigen Anspruchsberechtigten unberührt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Höhe der Kostenerstattung bei Verhinderungspflege.
Der Kläger ist bei der Beklagten pflegeversichert. Bei der Beklagten handelt es sich um ein privates Pflegeversicherungsunternehmen. Der pflegebedürftige Sohn des Klägers, J-B, ist über den Kläger bei der Beklagten mitversichert. Dem Kläger werden wegen der Pflegebedürftigkeit seines Sohnes Leistungen für häusliche Pflege nach der Pflegestufe III entsprechend § 1 Ziffer 6 c der Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Pflegepflichtversicherung Bedingungsteil MB/ PPV 1995 (im folgenden MB/PPV 1995 genannt) bzw. entsprechend§ 15 Abs. 1 Nr. 3 des Elften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB XI) gewährt.
In der Zeit vom 29.09.1997 bis zum 08.10.1997 fand eine Verhinderungspflege statt. Diese wurde von einem privaten Krankenpflegedienst durchgeführt. Der Pflegedienst stellte hierfür insgesamt 2.880,00 DM in Rechnung. Die Beklagte erstattete von diesen Kosten einen Betrag von 1.000,00 DM. Sie legte einen Tagessatz von 100,00 DM zugrunde.
Mit Schreiben vom 12.11.1997 machte der Kläger gegenüber der Beklagten geltend, die Abrechnung der Kosten für die Verhinderungspflege unter Zugrundelegung eines Tagessatzes von 100,00 DM entspreche nicht § 4 A Ziffer 6 MB/PPV (bzw.§ 39 SGB XI ). Die Beklagte werde daher aufgefordert, kurzfristig den ausstehenden Betrag von 1.800,00 DM zu erstatten. Hierfür werde der Beklagten eine Frist bis zum 25.11.1997 gesetzt.
Mit Schreiben vom 21.11.1997 lehnte die Beklagte eine höhere Kostenerstattung ab.
Mit Schreiben vom 26.02.1998, bei Gericht eingegangen am 02.03.1998, hat der Kläger beim Amtsgericht Olpe Klage erhoben. Mit Beschluß vom 22.04.1998 hat das Amtsgericht Olpe den Rechtsstreit an das Sozialgericht Dortmund verwiesen.
Der Kläger ist der Ansicht, der Höchstbetrag der Verhinderungspflege könne auch für einen kürzeren Zeitraum als vier Wochen pro Kalenderjahr gezahlt werden, wenn das Ziel der Leistung erreicht werde. Gerade dies entspreche dem Gesetzesinhalt, der eine zweifache Begrenzung im Kalenderjahr vorsehe, nämlich der Dauer und der Höhe nach, ohne diese miteinander zu verknüpfen. Der Gesetzgeber habe von einer Übernahme der Kürzungsvorschrift bei der Pflegegeldzahlung in § 4 A Ziffer 3 MB/PPV (bzw.§ 37 Abs. 2 SGB XI ) bei der Regelung der Verhinderungspflege abgesehen, weil es hier nicht um die regelmäßige, sondern um eine kurzzeitige Pflege gehe.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.800,00 DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 26.11.1997 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Ansicht, die von ihr vorgenommene anteilige Erstattung von 100,00 DM pro Tag für die erfolgte Verhinderungspflege sei mit dem Sinn und Zweck des Gesetzes vereinbar. Seien die Voraussetzungen für die Leistungsgewährung nicht für volle vier Wochen gegeben, könne auch nur eine zeitanteilige Erstattung erfolgen. Der Sachverhalt, daß der Anspruch für weniger als 28 Tage bestehe, sei weder in § 4 A Ziffer 6 der MB/PPV noch in den gesetzlichen Vorschriften ausdrücklich geregelt. Deshalb sei der mutmaßliche Wille des Gesetzgebers durch Auslegung der Vorschrift zu ermitteln. Dabei finde sich ein Anhaltspunkt in§ 37 Abs. 2 SGB XI , der beim Pflegegeld eine anteilmäßige Kürzung vorsehe, wenn der Anspruch nicht für die volle Zeit bestehe. Ein sachlicher Grund dafür, die Bezieher von Pflegegeld einerseits und die Erstattung der Verhinderungspflege andererseits unterschiedlich zu behandeln, sei nicht ersichtlich. Anderenfalls seien Pflegebedürftige, welche die Anspruchsvoraussetzungen nur während eines Teiles der Vier-Wochen-Frist erfüllten, gegenüber solchen Pflegebedürftigen ungerechtfertigt bevorzugt, die mit dem gleichen Betrag volle vier Wochen Verhinderungspflege finanzieren müßten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Kammer konnte im Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden. Die zulässige Klage ist begründet.
I.
Der Beschluß des Amtsgerichts O vom 22.04.1998 ist für das Sozialg...