Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. angemessene Unterkunftskosten. Vorliegen eines schlüssigen Konzepts. zeitliche Anwendbarkeit

 

Leitsatz (amtlich)

1. Das Konzept des Kreises V zur Ermittlung der angemessenen Unterkunftskosten von Grundsicherungsbeziehern aus Dezember 2015 (Konzept 2015) ist schlüssig.

2. Das Konzept 2015 ist gültig und anwendbar seit dem Tag der Stichtagserhebung, hier dem 1.8.2015 (Anschluss an SG Dortmund vom 17.3.2017- S 19 AS 4276/16).

3. Das Konzept 2015 ist darüber hinaus gültig und anwendbar seit dem unmittelbaren Auslaufen des Konzeptes 2013, also seit dem 1.5.2015 (vgl SG Dortmund vom 25.8.2017 - S 58 AS 3151/15).

 

Tenor

1. Der Beklagte wird unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 20.05.15 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.07.15 verurteilt, der Klägerin zu 1) im Zeitraum Mai bis Oktober 2015 höhere Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 1,07 Euro zu gewähren.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

4. Die Berufung wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Kläger begehren vom Beklagten die Übernahme höherer Leistungen für Kosten der Unterkunft im Zeitraum Mai bis Oktober 2015.

Die Klägerin zu 1) lebt gemeinsam mit ihren Söhnen, den Klägern zu 2) und 3) und bezieht vom Beklagten seit Oktober 2012 laufend Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Sie wohnen seit 2010 in einer 126 m² großen Vierzimmerwohnung in I, und zahlen hierfür eine Nettokaltmiete von 624,68 € zzgl. eines Abschlags für Betriebskosten von 100,- € sowie für Heizkosten von 60,- €.

Mit Schreiben vom 07.10.2014 forderte der Beklagte die Kläger unter Fristsetzung bis zum 30.04.2015 auf, ihre Unterkunftskosten auf das nach seiner Auffassung für einen Dreipersonenhaushalt in I angemessene Maß von 476,80 € Bruttokaltmiete zu senken. Die Kläger kamen dieser Aufforderung nicht nach.

Der Beklagte bewilligte den Klägern mit Bescheid vom 20.05.2015 für den Zeitraum Mai bis Oktober 2015 Leistungen nach dem SGB II unter Berücksichtigung eines Bedarfs für Kosten der Unterkunft und Heizung i.H.v. 376,80 € Nettokaltmiete zzgl. 99,99 € für Betriebskosten und 60,- € für Heizkosten.

Hiergegen erhob die Klägerin zu 1) am 09.06.2015 Widerspruch und trug vor, dass die Kosten der Unterkunft zu gering bewilligt worden seien. Das in Ansatz gebrachte Konzept beruhe auf einer veralteten Datengrundlage. Es seien die Tabellenwerte des § 12 Wohngeldgesetz (WoGG) zzgl. eines Sicherheitszuschlags von 10 Prozent anzuwenden.

Der Beklagte wies den Widerspruch gegenüber der Klägerin zu 1) mit Widerspruchsbescheid vom 15.07.2015 als unbegründet zurück und führte zur Begründung im Wesentlichen aus, dass die maximal angemessene Bruttokaltmiete für die Kläger nach den gültigen Richtlinien des Kreises V 476,80 € betrage. Die Frist zur Kostensenkung sei nicht genutzt worden. Es sei auch nicht nachgewiesen worden, dass eine Kostensenkung nicht möglich sei.

Am 06.08.2015 haben die Kläger Klage erhoben. Sie wiederholen im Wesentlichen ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren und tragen ergänzend vor, keine Bemühungen zur Senkung der Unterkunftskosten unternommen zu haben.

Die Kläger beantragen,

den Beklagten unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 20.05.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.07.2015 zu verurteilen, ihnen Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 526,90 Euro Bruttokaltmiete zzgl. der tatsächlich anfallenden Heizkosten in Höhe von 60,00 Euro für den Zeitraum Mai bis Oktober 2015 zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verweist im Wesentlichen auf sein Vorbringen im Widerspruchsbescheid. Der Kreis V habe die B & L GmbH mit der Erstellung eines schlüssigen Konzeptes beauftragt. Im Mai 2013 sei das “Konzept zur Ermittlung der Angemessenheit von Unterkunftskosten im Kreis V„ (Konzept 2013) vorgelegt worden. Im Dezember 2015 sei das “Konzept zur Ermittlung der Bedarfe für Unterkunft im Kreis V„ (Konzept 2015) erstellt worden.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen X, einem Angestellten der B & L GmbH. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 25.08.2017 Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten betreffend den Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakte sowie den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen. Sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

 

Entscheidungsgründe

Die gemäß § 54 Abs. 1 und 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erhobene kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage hat nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

Für die Kläger zu 2) und 3) ist die Klage bereits unzulässig. Sie haben keinen Widerspruch gegen den Bescheid vom 20.05.2015 eingelegt, so dass dieser für sie bestandskräftig wurde. Der Widerspruchsbescheid vom 15.07.2015 erging ausschließlich an die Klägerin zu 1), die damit allein von der Entscheidung betroffen ist.

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