Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Eingliederungsleistungen. Förderungsfähigkeit einer beruflichen Weiterbildungsmaßnahme. angemessene Maßnahmedauer. Ausschluss der Verkürzung der Ausbildungszeit. Sicherstellung der Finanzierung für die Gesamtdauer. Zertifizierung. Bindungswirkung. Bildungsgutschein. Ermessensreduzierung. einstweiliger Rechtsschutz. Gebot des effektiven Rechtsschutzes
Orientierungssatz
1. Die Finanzierung des dritten Ausbildungsjahres iS von § 85 Abs 2 S 3 SGB 3 ist sichergestellt, wenn die Maßnahme zertifiziert ist, da dies durch die fachkundige Stelle geprüft wurde. Dem Grundsicherungsträger bzw der Agentur für Arbeit steht keine eigene Prüfungskompetenz zu. Außerdem kann das dritte Ausbildungsjahr auch durch sog "Meister-BAföG" finanziert werden.
2. Das Entschließungsermessen ist auf "Null" reduziert, wenn sich der Grundsicherungsträger bzw die Agentur für Arbeit durch vorheriges Verhalten bereits selbst gebunden hat.
3. Eine Regelungsanordnung ist auch bei einer Ermessensentscheidung geboten, wenn im Hinblick auf das Gebot des effektiven Rechtsschutzes ein Abwarten in der Hauptsache unzumutbar ist.
Tenor
I. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, der Antragstellerin einen vorläufigen Bildungsgutschein - bis zur Rechtskraft des Verfahrens in der Hauptsache - für die berufliche Weiterbildungsmaßnahme zur Erzieherin bei der “D. GmbH„, Bildungsstätte Dresden, zu erteilen, die Weiterbildungskosten vorläufig ab 02.09.2010 - bis zur Rechtskraft des Verfahrens in der Hauptsache - zu übernehmen und der Antragstellerin bis zum 06.12.2010 einen vorläufigen Bescheid über die Förderungshöhe und den Förderungsumfang der Weiterbildungskosten zu erteilen.
II. Die Antragsgegnerin hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin zu erstatten.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes darüber, ob die Antragsgegnerin der Antragstellerin die Weiterbildungskosten ihrer Umschulung zur Erzieherin bei der "D. GmbH" zu gewähren hat.
Die 1968 geborene Antragstellerin ist gelernte Bühnentänzerin. Sie war über einen längeren Zeitraum bis zum Jahr 1993 an der (…) beschäftigt. Danach war die Antragstellerin bis zum Jahr 2000 als freischaffende Tänzerin tätig. Von Oktober 2000 bis Mai 2006 hat sie Elternzeit bzgl. ihrer beiden Kinder in Anspruch genommen.
Auf Grund ihres Alters kann die Antragstellerin den erlernten Beruf als Bühnentänzerin nicht mehr ausüben.
Bereits am 23.10.2008 fand ein Beratungsgespräch zur Ausbildung als Erzieherin bei der Antragsgegnerin statt. Der Antragstellerin wurde durch ihre Fallmanagerin erklärt, dass eine Ausbildung zur Erzieherin grundsätzlich möglich sei, jedoch müsse der Bildungsträger vor Ausbildungsbeginn schriftlich erklären, dass er auch die Kosten für das dritte Ausbildungsjahr finanziert. Die Antragstellerin sollte sich um einen entsprechenden Ausbildungsbetrieb kümmern, eine Förderung könne sodann stattfinden. Am 10.03.2009 fand nochmals ein Beratungsgespräch im Hinblick auf die Ausbildung zur Erzieherin bei der Fallmanagerin statt. Wiederum wurde durch die Fallmanagerin mitgeteilt, dass die Ausbildung durch die Antragsgegnerin gefördert werden kann, soweit für die Finanzierung des dritten Ausbildungsjahres ein Träger gefunden wird. Mit Antrag vom 19.06.2009 beantragte die Antragstellerin bei der Antragsgegnerin schließlich eine entsprechende Förderung für die Ausbildung zur Erzieherin bei der “I. GmbH„. Die Antragsgegnerin lehnte mit Bescheid vom 21.07.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.09.2009 eine entsprechende Förderung ab. Zur Begründung führte die Antragsgegnerin aus, dass die Finanzierung der Maßnahme im Sinne von § 85 Abs. 2 Drittes Buch des Sozialgesetzbuches (SGB III) nicht gesichert ist. Gegen den Widerspruchsbescheid erhob die Antragstellerin am 09.10.2009 Klage beim Sozialgericht Dresden. Das Verfahren wird unter dem Az. S 21 AS 4997/09 geführt.
Am 11.03.2010 fand erneut ein Beratungsgespräch bei der Antragsgegnerin statt. Die Fallmanagerin teilte der Antragstellerin wiederum mit, dass eine Förderung durch die Antragsgegnerin aufgrund der fehlenden Finanzierungssicherstellung des dritten Lehrjahres derzeit nicht in Betracht kommt.
Die Antragstellerin nimmt seit 09.08.2010 an der Weiterbildungsmaßnahme zur Erzieherin der "D. GmbH" teil. Das Bildungsinstitut ist durch den TÜV Süd mit Zertifikat vom 01.07.2009, Zertifikat-Registriernummer … TMS, zertifiziert. Aus der Anlage zum benannten Zertifikat geht hervor, dass auch die Ausbildung zum Erzieher durch den Bildungsträger durchgeführt werden kann und daher ebenso zertifiziert ist.
Mit Schreiben vom 11.08.2010 hat die Antragsgegnerin die Antragstellerin zu einem Beratungsgespräch für den 31.08.2010 eingeladen. Die Antragstellerin teilte mit Schreiben vom 12.08.2010 diesbezüglich mit, dass sie den Termin nicht wahrnehmen wird, da sie bereits ab 09.08.2010 an der Weiterbildungsmaßnahme zur Erzieherin der "D. GmbH" teilnimmt. Am 1...