Orientierungssatz

Parallelentscheidung zum Urteil des SG Dresden vom 15.2.2012 - S 11 KA 169/10 ua -, das vollständig dokumentiert ist.

 

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Die Sprungrevision wird zugelassen.

IV. Der Streitwert wird endgültig auf 6.618,14 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Streitig sind sachlich-rechnerische Berichtigungen der Zusatzpauschalen für die Vorhaltung der Besuchsbereitschaft für das Quartal IV/09.

Die Klägerin ist Trägerin des im Bezirk der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) gelegenen und zur Versorgung von Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherungen zugelassenen Krankenhauses B.... Für die dort im Quartal IV/09 bei gesetzlichen Krankenversicherten vorgenommenen ambulanten Notfallbehandlungen rechnete sie gegenüber der Beklagten die Leistungen des einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen (EBM) nach der Nr. 01211 EBM in 643 Fällen, der Nr. 01215 EBM in 2 Fällen, der Nr. 01217 EBM in 36 Fällen und der Nr. 01219 in 3 Fällen ab. Zum obligaten Leistungsinhalt gehört die Vorhaltung der ständigen ärztlichen Besuchsbereitschaft für die aufsuchende Tätigkeit im Not(-fall)dienst. Nach Nr. 3 der Präambel zu Abschnitt 1.2 sind die Zusatzpauschalen nach den Gebührenordnungspositionen 01211, 01215, 01217, 01219 EBM für die Vorhaltung der Besuchsbereitschaft nur berechnungsfähig, wenn die zuständige Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) die jeweilige Besuchsbereitschaft für Notfallbehandlungen durch nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Ärzte, Institute und Krankenhäuser bzw. im Rahmen des organisierten Not(- fall)dienstes festgestellt hat.

Mit dem Honorarbescheid vom 26.04.2010 strich die Beklagte die angeforderten Zusatzpauschalen und vergütete die Leistungen der Klägerin unter Ansatz der Regelungen zur Mengenbegrenzung nach § 8 Abs. 6a HVM mit insgesamt 23.692,17 EUR.

Mit Widerspruchsbescheid vom 07.07.2010 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin vom 17.05.2010, soweit er sich gegen die Quotierung nach § 8 Abs. 6a HVM wandte, zurück. Hiergegen erhob die Klägerin am 30.07.2010 Klage (S 11 KA 170/10). Mit weiterem Widerspruchsbescheid vom 11.08.2010 hat die Beklagte den Widerspruch, soweit er die sachlich-rechnerische Richtigstellung der abgerechneten Zusatzpauschalen betraf, ebenfalls zurückgewiesen. Hiergegen hat die Klägerin am 14.09.2010 Klage erhoben (S 11 KA 216/10). Zur Begründung hat die Klägerin ausgeführt, die Richtigstellung der Abrechnung der ab 01.01.2008 in den EBM eingefügten Zusatzpauschalen für die Besuchsbereitschaft sei nicht mit Art. 3 Grundgesetz (GG) zu vereinbaren.

Der Ansatz der Zusatzpauschale sei für die niedergelassenen Ärzte ohne Nachweispflicht möglich. Unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten könne auch von Krankenhäusern eine Nachweispflicht nicht verlangt werden. Die Klägerin halte sämtliche für die Abrechnung der Leistungen erforderlichen sachlichen und personellen Mittel vor, insbesondere stünden stets behandlungsbereite Ärzte, ein Dienstwagen sowie die notwendigen Notfallversorgungsmittel 24 Stunden an sieben Tagen die Wochen bereit. Die Klägerin sei in der Lage, einen Pkw für Hausbesuche zur Verfügung zu stellen. Sichergestellt werden könne auch, dass die Versorgung der stationären Patienten und die Versorgung der ambulanten Notfallpatienten durch Fachärzte erfolge. Die Einteilung des Bereitschaftsdienstes erfolge im Wege eines Hintergrund- und Vordergrunddienstes. Bei niedergelassenen Ärzten werde im Übrigen auch nicht die Forderung gestellt, dass im Falle der Abwesenheit des Vertragsarztes bei einem Hausbesuch eine parallele Besetzung mit einem weiteren Arzt bestehe. Auch eine Haftpflichtversicherung bzw. Ausrüstung könne nachgewiesen werden.

Die für die Abrechenbarkeit erforderliche Feststellung durch die KÄV verstoße gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 GG wie auch gegen die Berufsfreiheit nach Art. 12 GG. Von den niedergelassenen Ärzten könne für die Notfallbehandlung die Zusatzpauschale abgerechnet werden, unabhängig von der Frage, an welchem Ort die Notfallbehandlung stattgefunden habe. Für die Abrechenbarkeit sei kein Patientenbesuch notwendig. Bei der für Krankenhäuser erforderlichen Feststellung handele es sich um eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei eine wirtschaftliche Differenzierung zwischen der Notfallbehandlung niedergelassener Ärzte und der Notfallbehandlung im Krankenhaus nicht mit höherrangigem Recht vereinbar. Insbesondere habe das BSG auch darauf hingewiesen, dass eine mittelbare Schlechterstellung von Krankenhäusern gegenüber vergleichbaren Leistungen, die von Vertragsärzten erbracht würden, durch Regelungen de EBM nicht zulässig sei.

Der Vorbehalt mit der Feststellung der Besuchsbereitschaft führe dazu, dass die Krankenhäuser gegenüber Vertragsärzten unsachgemäß benachteiligt würden. Der Bewertungsausschuss habe seine Kompetenz missbräuchlich ausgeübt. Bei der am...

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