Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende: Annahme einer eheähnlichen Gemeinschaft als Voraussetzung zur Annahme einer Bedarfsgemeinschaft
Orientierungssatz
1. Benutzt ein Empfänger von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende ein vollständig möbliertes Zimmer zur Untermiete in einer Wohnung und sind keine Anzeichen erkennbar, dass eine finanzielle Unterstützung zwischen Haupt- und Untermieter außerhalb der Mietzahlungen stattfindet, so ist nicht vom Vorliegen einer Bedarfsgemeinschaft innerhalb der Wohngemeinschaft auszugehen.
2. Einzelfall zur Beurteilung des Vorliegens einer Bedarfsgemeinschaft bei einem untervermieteten Zimmer (hier: Bedarfsgemeinschaft verneint).
Tenor
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids vom 13.01.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.05.2010 verurteilt, dem Kläger Leistungen nach dem SGB II in gesetzmäßiger Höhe zu bewilligen.
Die Beklagte trägt die außergerichtlich erstattungsfähigen Kosten des Klägers.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft zwischen dem Kläger und der Zeugin C.
Der Kläger bezieht seit dem 01.01.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II (Zweites Sozialgesetzbuch). Bei seiner Antragstellung legte der Kläger einen Untermietvertrag, datiert auf den 18.11.2002, für die aktuell noch bewohnte Wohnung auf der "T.Straße" in L vor und gab an, mit der Zeugin C und deren Tochter in einer Wohngemeinschaft zu wohnen. Dem Kläger wurden sodann zunächst die beantragten Grundsicherungsleistungen gewährt. Im Folgenden führte der Ermittlungsdienst der Beklagten drei Hausbesuche bei dem Kläger durch. Wegen der Ergebnisse dieser Wohnungsbegehungen wird auf die Protokolle vom 25.01.2006, 27.05.2008 und 23.10.2008 verwiesen.
Am 19.10.2009 stellte der Kläger erneut einen Fortzahlungsantrag für den Zeitraum ab Dezember 2009. Im Rahmen dieses Fortzahlungsantrags wurde der Kläger sowie die Zeugin C aufgefordert ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse offenzulegen. Nach der Übersendung entsprechender Nachweise wurde der Antrag auf Leistungen mit streitgegenständlichem Bescheid vom 13.01.2010 ab dem 01.12.2009 abgelehnt. Dagegen erhob der Kläger Widerspruch, in welchem er - entsprechend seines früheren Vortrags - ausführt, dass zwischen ihm und der Zeugin C lediglich eine Wohngemeinschaft bestehe, welche auch durch den Untermietvertrag bestätigt werde. Aus den von ihm eingereichten Quittung über die Mietzahlungen ergebe sich zudem, dass er seinen Mietanteil immer "in bar" an die Zeugen C abgeführt habe. Er bewohne lediglich ein Zimmer und dürfe darüber hinaus nur die Küche und das Bad mitbenutzen. Die Haushaltsführung erfolge getrennt. Darüber hinaus bestünden auch keine gegenseitigen Kontovollmachten oder andere Einstandspflichten. Es würden auch keine gemeinsamen Urlaube verbracht.
Zudem verfolgte der Kläger seine Interessen im Rahmen eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens (Az.: S 10 AS 669/10 ER) vor dem erkennenden Gericht, in welchem seine Mitbewohnerin Frau C als Zeugin vernommen wurde. Hinsichtlich des Ergebnisses des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens und der Zeugenvernehmung wird auf das Sitzungsprotokoll der Sitzung des erkennenden Gerichts vom 24.03.2010 und dessen Anlage verwiesen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 18.5.2010 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers unter der Begründung als unbegründet zurück, dass zwischen dem Kläger und der Zeugin C sehr wohl eine Bedarfsgemeinschaft bestehe. Insbesondere könne das reine Vorliegen eines Untermietvertrages die gemäß § 7 Abs. 3a Nr. 1 SGB II bestehende Vermutung einer Bedarfsgemeinschaft nicht widerlegen. Dies sei auch in Anbetracht der zahlreichen Hausbesuche nicht möglich gewesen. Danach sei weder eine räumliche noch eine organisatorische Trennung erkennbar gewesen. Mithin müsse das Einkommen der Zeugin C bedarfsmindernd angerechnet werden, was - zwischen den Beteiligten unstreitig - zu einem Ausschluss des Leistungsanspruchs des Klägers führe.
Sodann hat der Kläger vor dem erkennenden Gericht um Rechtsschutz nachgesucht. Der Kläger trägt insoweit ergänzend vor, dass die von der Beklagten zitierte Vermutung für das Vorliegen einer Bedarfsgemeinschaft vorliegend nicht zum Tragen komme. Dies sei erst dann der Fall, wenn "Partner" länger als ein Jahr "zusammen leben". Mithin reiche die unstreitige Tatsache, dass der Kläger mit der Zeugen C schon seit dem Jahr 2002 zusammen wohne nicht für die Begründung der Vermutung aus. Im Übrigen verweist der Kläger im Grunde auf seinen Vortrag im Vorverfahren.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger unter Aufhebung des Bescheids vom 13. Januar 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. Mai 2010 Leistungen nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die beigezogenen Gerichts- sowie die beigezogene Verwaltungsakte Bezug genommen,...