Entscheidungsstichwort (Thema)
Schadensersatzanspruch der Krankenkasse gegenüber einem Vertragsarzt bei verschwiegenem preisgünstigem Bezug von Zahnersatz aus dem Ausland
Orientierungssatz
1. Nach § 23 Abs. 1 BMV-Z haben die Prüfungseinrichtungen nach §§ 21, 22 BMV-Z auch den sonstigen Schaden festzustellen, den der Kassenzahnarzt infolge schuldhafter Verletzung kassenärztlicher Pflichten einer Krankenkasse verursacht hat. Hierzu zählen Ansprüche wegen einer Verletzung des Wirtschaftlichkeitsgebots und Schadensersatzansprüche wegen vorsätzlicher unerlaubter Handlung, vgl. BSG, Urteil vom 29. November 2006 - B 6 KA 21/06 R.
2. Lässt der Vertragszahnarzt benötigten Zahnersatz in Asien weit unter den deutschen Herstellerkosten fertigen und vereinbart er Herstellerrabatte und Rückerstattungen, so ist er der Krankenkasse gegenüber zu deren Offenlegung und Weiterleitung verpflichtet.
3. Kommt der Vertragszahnarzt dieser Verpflichtung nicht nach, so resultiert hieraus ein entsprechender Schadensersatzanspruch der Krankenkasse aus §§ 823 Abs. 2 BGB, 263 StGB i. V. m. § 69 Abs. 1 S. 3 SGB 5.
Tenor
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 5.077,17 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.11.2007 nebst 20,00 EUR vorgerichtlicher Mahnkosten und 661,16 EUR vorgerichtlicher nicht anrechenbarer Anwaltsvergütung zu zahlen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Streitig ist ein Schadensersatzanspruch wegen der Aufwendungen für Zahnersatz-Leistungen.
Die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigte Klägerin ist eine gesetzliche Krankenkasse. Der Beklagte ist Zahnarzt und zur vertragszahnärztlichen Versorgung in S zugelassen.
Mit rechtskräftigem Strafbefehl vom 08.06.2005 - 22 Cs 130 Js 122/04 - setzte das Amtsgericht S gegen den Beklagten wegen Betruges in 37 Fällen eine Gesamtgeldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 110,- EUR (= 9.900,- EUR) fest. Ihm wurde zur Last gelegt, für Patienten, die in der Zeit von September 1999 bis Oktober 2002 Zahnersatz benötigt hätten, diesen u.a. bei der Fa. J-E Zahntechnik GmbH bestellt zu haben. Diese hätte sich auf den Vertrieb von Zahnersatz, den sie hauptsächlich in Asien (Hongkong) weit unter den deutschen Herstellungskosten habe fertigen lassen, spezialisiert. Mit dem Geschäftsführer dieses Unternehmens G N habe der Beklagte vereinbart, dass der an ihn gelieferte Zahnersatz nicht nach dem von dort angebotenen und für den Bezug von günstigem Zahnersatz stehenden Tarif "Standard", sondern nach den Tarifmodellen "Kasse" und "Privat", die sich an dem BEL II und der GOZ orientiert hätten, habe abgerechnet werden sollen. Aus dem zu erzielenden Überschuss habe sodann die mit dem Beklagten vereinbarte Rückerstattung in Höhe von 20 % der in diesen Rechnungen ausgewiesenen Nettoleistungssummen gezahlt werden sollen. Diese Vereinbarung habe der Beklagte getroffen, obwohl er gewusst habe, dass er aufgrund von § 11 Ziffer 2 EKV-Z und § 9 GOZ nur berechtigt gewesen sei, die tatsächlich anfallenden Kosten zu berechnen und er verpflichtet gewesen sei, gewährte Rabatte und Rückerstattungen offen zu legen und weiter zu leiten. In Kenntnis der Tatsache, dass diese Rechnungen mindestens um die ihm gewährte Barrückerstattung erhöht gewesen seien und keinen Hinweis auf die Rückerstattung enthalten hätten, habe der Beklagte die Rechnungen bei der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Nordrhein eingereicht und mittels dieser Rechnungen die Eigenanteile und Privatleistungen mit den Patienten abgerechnet. Aufgrund der vorgelegten Rechnungen hätten sowohl die betroffenen Krankenkassen als auch die Patienten den vollen Rechnungsbetrag geleistet, da sie die dem Beklagten gewährten Rückerstattungen nicht hätten erkennen und insofern geltend machen bzw. einbehalten können. Die vereinbarte 20 %-ige Barrückerstattung habe der Beklagte - wie vereinbart - in der Regel monatlich per Post oder persönlich überbracht erhalten. Insgesamt habe der Beklagte Rechnungen mit einem Nettoleistungsvolumen in Höhe von 84.025,98 EUR vorgelegt, wovon er Barrückerstattungen in Höhe von 16.805,18 EUR erhalten habe.
Die Klägerin hat zunächst im Mahnverfahren dem Beklagten am 24.01.2008 einen Mahnbescheid zugestellt. Das Landgericht Düsseldorf, welches nach Rechtsmitteleinlegung als Prozessgericht zuständig geworden ist, hat sich mit Beschluss vom 08.04.2008 - 7 O 81/08 - für sachlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Sozialgericht Düsseldorf verwiesen.
Die Klägerin verfolgt ihre Ansprüche nunmehr klageweise weiter. Der ihr entstandene Gesamtschaden bestehe aus dem "Kick-Back"-Anteil von 20 % für den Beklagten und dem von der Fa. J-E GmbH für ihre "Bemühungen" einbehaltenen Betrag. Aus gesamtschuldnerischer Haftung müsse der Beklagte den Gesamtschaden ersetzen.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 5.077,17 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 01.11.200...