Entscheidungsstichwort (Thema)

Ermittlung der angemessenen Kosten der Unterkunft

 

Orientierungssatz

1. Die angemessene Höhe der vom Grundsicherungsträger zu übernehmenden Unterkunftskosten ergibt sich aus dem Produkt der für den Leistungsempfänger abstrakt angemessenen Wohnungsgröße und dem nach den örtlichen Verhältnissen angemessenen Mietzins. Maßgebliche Kriterien sind Wohnraumgröße, Wohnort und Wohnungsstandard, vgl. BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 - B 4 AS 30/08 R.

2. Bei der Ermittlung des angemessenen abstrakten Quadratmeterpreises muss die vom Grundsicherungsträger gewählte Datengrundlage auf einem schlüssigen Konzept beruhen, das eine hinreichende Gewähr dafür bietet, die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Wohnungsmarktes wiederzugeben, vgl. BSG, Urteil vom 18. Juni 2008 - B 14/7b AS 44/06 R.

3. Übersteigen die tatsächlichen Aufwendungen für die Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang, so wird das Kostensenkungsverfahren gemäß § 22 Abs. 1 S. 3 SGB 2 ausgelöst.

4. Der Grundsicherungsträger ist dabei nur verpflichtet, dem Leistungsempfänger den von ihm als angemessen angesehenen Mietpreis anzugeben. Erhöhte inhaltliche oder formelle Anforderungen an die Erklärung über die Mietobergrenze sind nicht zu stellen.

 

Tenor

Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 21.09.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.04.2007 verurteilt, dem Kläger für die Zeit vom 01.11.2006 bis 31.03.2007 weitere Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 27,60 EUR zuzüglich Zinsen ab 15.03.2007 aus 138,00 EUR in Höhe von 4% zu gewähren. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 1/3 zu tragen. Die Berufung wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Übernahme seiner tatsächlichen Unterkunftskosten für den Zeitraum 01.11.2006 bis 31.03.2007.

Er bezieht von der Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) und bewohnt eine Zweizimmerwohnung mit einer Größe von 55,94 m², für die monatliche Kosten in Höhe von insgesamt 430,00 EUR anfielen (Kaltmiete 340,00 EUR, Nebenkostenvorauszahlung 70,00 EUR, Heizkostenvorauszahlung 20,00 EUR).

Mit Schreiben vom 24.04.2006 teilte die Beklagte dem Kläger mit, die für ihn angemessene Kaltmiete betrage 255,00 EUR, und forderte ihn auf, die Kosten für seine Unterkunft zu senken. Hierfür setzte sie ihm eine Frist bis 31.10.2006.

Mit Bescheid vom 21.09.2006 bewilligte die Beklagte dem Kläger Leistungen für den Zeitraum 01.10.2006 bis 31.03.2007, wobei sie für die Zeit vom 01.11.2006 bis 31.03.2007 für die Kaltmiete einen Betrag in Höhe von 255,00 EUR berücksichtigte.

Der Kläger erhob mit Schreiben vom 22.10.2006 Widerspruch, den er damit begründete, dass nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts für eine Einzelperson eine Wohnung mit 60 m² angemessen sei. Da die von ihm bewohnte Wohnung eine Wohnungsgröße von 55,94 m² habe, sei diese angemessen. Auch der Mietpreis pro Quadratmeter sei angemessen, da dieser bei lediglich 6,00 EUR liege. Angemessen sei nicht nur eine Miete im untersten Bereich des örtlichen Mietspiegels, sondern auch im unteren Bereich des preislichen Mittelfeldes. Des Weiteren lägen besondere persönliche und berufliche Bedürfnisse vor, welche die Bewilligung von ansonsten unangemessenen Kosten rechtfertigten. Zunächst leide er seit 1993 an chronischen Schlafstörungen und habe sich die Wohnung daher danach ausgesucht, ob sie in einem Umfeld liege, in dem er davon ausgehen könne, dass die nächtlichen Ruhezeiten eingehalten würden. In billigeren Wohnlagen müsse eher mit Ruhestörungen gerechnet werden, da Höflichkeit und nachbarschaftliche Rücksichtnahme dort weniger verbreitet seien. Des Weiteren sei die Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr für ihn von besonderer Bedeutung, da er keinen Führerschein besitze. Insbesondere aus beruflichen Gründen sei für ihn als selbstständigen Rechtsanwalt Mobilität sehr wichtig. Die von ihm bewohnte Wohnung weise eine gute Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr auf. Schließlich sei er nach M gezogen, um sich besser um seine 79jährige Mutter kümmern zu können. Auch deren Wohnung könne er von seiner derzeitigen Wohnung aus mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut erreichen.

Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24.04.2007 als unbegründet zurück. Zur Begründung trug die Beklagte vor, die Ermittlung der angemessenen Wohnkosten sei zunächst von der angemessenen Wohnfläche abhängig. Die angemessene Wohnfläche hänge von der Zahl der Personen ab, die in einer Wohnung wohnten. Hierbei sei auf das Wohnraumförderungsgesetz (WoFG) sowie die hierzu auf Landesebene ergangenen Auslegungsbestimmungen abzustellen. In Nordrhein-Westfalen werde die angemessene Wohnfläche im Gesetz zur Sicherung der Zweckbestimmung von Sozialwohnungen (Wohnungsbindungsgesetz - WoBindG) sowie in der dazugehörenden Verwaltungsvorschrift (VV...

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