Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsanwaltsvergütung: Bestimmung der Höhe der Verfahrensgebühr im sozialrechtlichen Verfahren. Berücksichtigung einer Beratungshilfegebühr als Geschäftsgebühr im Sozialverwaltungsverfahren bei der Berechnung der Verfahrensgebühr im nachgehenden sozialgerichtlichen Verfahren
Orientierungssatz
1. Auch wenn ein Rechtsanwalt in derselben Angelegenheit vor Beginn eines sozialgerichtlichen Verfahrens im Verwaltungsverfahren auf der Basis einer Beratungshilfe tätig war, bemisst sich die Verfahrensgebühr für das Verfahren nach dem reduzierten Betragsrahmen aus Nr. 3103 des VV zum RVG. Dagegen findet eine hälftige Anrechnung der als Beratungshilfe im Verwaltungsverfahren geleisteten Geschäftsgebühr auf die verminderte Verfahrensgebühr nicht statt.
2. Einzelfall zur Bemessung der Höhe einer Verfahrensgebühr im sozialgerichtliche Verfahren (hier: Ansatz der Mittelgebühr bei einem Verfahren über die Gewährung von Hinterbliebenenrente).
Tenor
Auf die Erinnerung wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 11.11.2008 abgeändert und die aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung auf 220,40 Euro festgesetzt. Im Übrigen wird die Erinnerung zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Streitig ist die Höhe des dem beigeordneten Rechtsanwalt (Erinnerungsführer) zustehenden Vorschusses aus der Staatskasse und insbesondere die Frage, in welcher Art und Weise zu berücksichtigen ist, dass der Erinnerungsführer im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren tätig geworden ist.
Streitgegenstand des zugrunde liegenden Klageverfahrens war die Frage, ob der Anspruch der Klägerin auf Witwenrente aus der Versicherung ihres verstorbenen Ehegatten I. K. in Anwendung des § 22b FRG ausgeschlossen war, weil die Klägerin eine Altersrente aus eigener Versicherung bezieht, in deren Rahmen bereits 25 Entgeltpunkte berücksichtigt werden. Dabei war insbesondere streitig, ob es verfassungsrechtlich zulässig ist, dass der Gesetzgeber durch das Rentenversicherungs-Nachhaltigkeitsgesetz rückwirkend für die Zeit ab 07.05.1996 eine Begrenzung auf 25 Entgeltpunkte beim Zusammentreffen von einer Hinterbliebenenrente und einer Rente aus einer eigenen Versicherung geregelt hat.
Die Beklagte hatte den vom Erinnerungsführer gestellten Antrag der Klägerin auf Zahlung einer großen Witwenrente mit Bescheid vom 22.06.2005 abgelehnt, weil die Entgeltpunkte für anrechenbare Zeiten nach dem FRG vorrangig in der Rente aus der eigenen Versicherung der Klägerin zu berücksichtigen seien. Gegen diesen Bescheid erhob der Erinnerungsführer für die Klägerin am 01.07.2005 Widerspruch und trug zur Begründung vor, die in dem Rentenversicherungsnachhaltigkeitsgesetz vorgesehene Rückwirkung der Begrenzung auf 25 Entgeltpunkte beim Zusammentreffen von einer Hinterbliebenenrente und einer Rente aus eigener Versicherung sei wegen Verstoßes gegen das Rückwirkungsverbot verfassungswidrig. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 30.08.2005 zurück.
In dem anschließenden Klageverfahren wurde der Klägerin mit Beschluss des Gerichts vom 05.01.2006 Prozesskostenhilfe bewilligt und der Erinnerungsführer beigeordnet. Mit Beschluss des Sozialgerichts vom 13.01.2006 wurde das Ruhen des Verfahrens angeordnet, da hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der Rückwirkung des Rentenversicherungsnachhaltigkeitsgesetzes mehrere Verfahren vor dem Bundessozialgericht anhängig waren.
Mit Schriftsatz vom 03.11.2008 beantragte der Erinnerungsführer im Wege der Gewährung eines Prozesskostenhilfevorschusses die Festsetzung folgender Gebühren und Auslagen:
Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV (Mittelgebühr) 250,00 EUR
Anrechnung gemäß Nr. 2503 Abs 2 VV 35,00 EUR
215,00 EUR Pauschale für Post und Telekommunikationsdienstleistungen Nr. 7001 VV 20,00 EUR
16 % Umsatzsteuer 7008 VV 37,60 EUR
Gesamtbetrag 272,60 EUR
Mit Beschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 11.11.2008 wurden die als Vorschuss aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen auf 184,45 EUR festgesetzt. Dabei wurde für die Verfahrensgebühr der in Nr. 3103 VV RVG vorgesehene Betragsrahmen zugrunde gelegt und die sich daraus ergebene Mittelgebühr in Höhe von 170 EUR festgesetzt. Von dieser Mittelgebühr wurde die hälftige Beratungshilfegeschäftsgebühr in Höhe von 35 EUR in Abzug gebracht, so dass sich für die Verfahrensgebühr eine Gebührenhöhe von 135 EUR ergab. Unter Zugrundelegung der Pauschale für Post und Telekommunikationsdienstleistungen in Höhe von 20 EUR und einem Umsatzsteuersatz von 16 % ergab sich der festgesetzte Betrag in Höhe von 184,45 EUR.
Gegen diesen Beschluss legte der Prozessbevollmächtigte Erinnerung ein und führte zur Begründung aus, für die Verfahrensgebühr sei der in Nr. 3102 VV RVG vorgesehene Rahmen zugrunde zu legen, da er im behördlichen Verfahren auf Beratungshilfebasis tätig geworden sei und eine Gebühr nach Nr. 2400 VV RVG nicht erhalten habe. Jedenfalls scheide bei Zugrundelegung einer Gebühr nach Nr. 3103 VV RVG eine Anrechnung...